Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Spiel. Kannst du nicht abwarten?«
»Kunststück«, erwiderte Brandt, »wenn ich niemanden zu greifen bekomme. Dieser Rico beispielsweise ist unauffindbar, und selbst wenn ich ihn fände, soll ich mich ja von ihm fernhalten. Und du selbst bezeichnest dich zwar als V-Mann, aber es gibt bei uns im Haus keine Instanz, die dich zu kennen scheint, geschweige denn, dass jemand Informationen von dir bekommt.«
»Und deshalb kommst du ausgerechnet hier rausgefahren?«, schnaubte Leander. »Frag mal Dieter, wie viele Verhaftungen in den vergangenen Jahren wohl ohne meine Hilfe über die Bühne gegangen wären. Soll ich’s dir vorrechnen?«
»Nicht eine weniger«, gab Brandt sofort zurück und versuchte, selbstsicher zu klingen. »Ich habe die Akten gesehen. Keinerlei Hinweis auf dich.«
»Und warum ist das wohl so?«, kam es höhnisch zurück.
»Erklär’s mir.«
»Es gibt überall schwarze Schafe, das solltest du ja am besten wissen. Mein Job ist es, in der Szene aufzuräumen, was mit herkömmlicher Ermittlungsarbeit streng nach Vorschrift niemals gelänge. Dafür hat Väterchen Staat viel zu lange untätig zugesehen und die ganzen Banden groß werden lassen. Ich stecke bis hierhin drinnen«, er deutete sich an die Unterkante des Kinns, »und wir stehen ganz kurz davor, den Club in die ewigen Jagdgründe zu schicken, und zwar inklusive seiner Seilschaften in der Umgebung. Ein, zwei Wochen, dann stehe ich an der Spitze, aber das wird nicht geschehen, wenn mir ständig einer von euch auf den Fußspitzen steht.«
»Tut mir leid, wenn ich das nicht ad hoc für bare Münze nehme«, erwiderte Brandt, nachdem er einige Sekunden verharrt und über Leanders Worte nachgedacht hatte. Die Augen seines Gegenübers waren unstet und von einem geheimnisvollen Glanz erfüllt, den er vorher nicht wahrgenommen hatte.
»Was brauchst du denn noch? Lebenslauf, Führungszeugnis und Anstellungsvertrag? Damit kann ich leider Gottes nicht dienen.«
»Stehst du mit dem LKA in Verbindung?«
»Und wenn’s so wäre?«
»Beantworte mir nur diese eine Frage bitte.«
»Okay. Nein.«
»BKA? Verfassungsschutz?«
»Das waren zwei neue Fragen.«
»Hast du ein Problem damit, sie mir zu beantworten?«
»Nein. Und nein.« Chris schüttelte den Kopf. »Du kennst mich aus einer ganz anderen Zeit, Peter, als unsere Karrieren noch ungeschrieben waren. Du hast den geradlinigen Weg gewählt, wie viele andere. Das ist auch gut so, denn die Polizei braucht Leute wie dich. Aber ich konnte das nicht. Mein Vater hat uns sitzenlassen und ist zurück in die USA gegangen. Meiner Mutter blieb nichts weiter als dieser bekloppte Familienname und mir ein Vorname, der mir nichts bedeutet, weil er mich tagein, tagaus an ihn erinnert. Ich habe den Ausbruch aus meinem Viertel geschafft, was allzu vielen nicht gelungen ist, und meine Freiheit bedeutet mir viel. Beamter auf Lebenszeit? Das wäre nur ein neuer Käfig für mich. Ich strecke die Nase gern in den Wind, das kann ich hier tun, und gleichzeitig sorge ich auf meine Weise für Recht und Ordnung. Ist das so schwer nachzuvollziehen?«
»Nein, jedem das Seine«, murmelte Brandt, »aber wir brauchen keinen Lonesome Ranger im Revier. Wenn du der Sitte oder dem Rauschgiftdezernat zuarbeitest, dann meinetwegen, doch aktuell stehen zwei Mordfälle auf der Agenda, und das ist mein Ressort. Was auch immer du darüber weißt, diese Informationen gehören mir. Ich werde hier nicht mit leeren Händen wegfahren, darauf kannst du dich verlassen.«
»Hm.« Chris Leander verzog den Mund. »Was möchtest du wissen?«
»Hat Wehner Grabowski erschossen?«
»Ja.«
»Warum?«
»Vielleicht hat er herausgefunden, dass es Grabowski war, der damals sein Mädchen gefickt hat.«
Brandt zwang sich zu einem Pokerface, welches seine Verwunderung verbergen sollte. Offenbar gelang es ihm auch, denn Chris ließ sich nichts anmerken.
»Woher hat er diese Information bekommen und warum ausgerechnet jetzt?«
»Keine Ahnung. Aber der alte Konflikt mit den ehemaligen Black Wheels ist in den letzten Wochen wieder hochgekocht.«
»Gibt es irgendwelche Beweise gegen Wehner?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Okay. Und was ist mit Kohlberger?«
»Dazu habe ich bereits alles gesagt.«
»Ganz im Gegenteil«, empörte sich Brandt, »du hast uns gesagt, wir sollen diesen Mord Wehner anhängen.«
»Kann doch sein, dass er beide Male am Drücker war.«
»Oh nein, damit ziehst du dich nicht aus der Affäre. Ich weiß, dass da mehr
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