Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
zumindest deute ich die Aussagen meines Kollegen aus dem Rauschgiftdezernat.«
»Die Frage bleibt, wer der Hydra den Kopf abgeschlagen hat«, warf Hellmer ein. »Handelt es sich nun um eine persönliche Geschichte zwischen den beiden? Dann wäre es spannend, herauszufinden, wer diesen Grabowski erschossen hat. Oder ist es eine Clubgeschichte, dann ist die Frage, welche Motive dahinterstehen. Die Frankfurter ermorden Kohlberger, die Offenbacher rächen sich an Grabowski?«
»Erzählen Sie mir bitte noch einige Details über den zweiten Mord«, erwiderte Brandt, »denn ich hatte vorhin nur ein recht kurzes Telefonat mit Frau Durant.«
»Okay«, übernahm Kullmer, »Folgendes: männliche Leiche, zwei Schüsse in den Oberkörper, wobei einer durch die Schulter ging und der andere durch das Brustbein. Dass es sich um Grabowski handelt, wissen Sie ja bereits, die Identität ließ sich anhand des Kennzeichens und der mitgeführten Papiere zweifelsfrei feststellen. Tatortuntersuchung und Obduktion laufen noch. Grabowski hatte eine Verlobte, die wir bereits informiert haben. Das Alibi ist schwammig, sie habe geschlafen, aber so wie die auf uns reagiert hat, zählen wir sie nicht unbedingt zum engsten Kreis möglicher Verdächtiger. Noch was?« Kullmer drehte den Kopf in Hellmers Richtung, der verneinte.
»Apropos Kennzeichen«, ergriff Kullmer erneut das Wort, und alle Blicke richteten sich auf ihn. »Ich habe die Sache mit Kohlbergers ominösem Nummernschild mal genauer checken lassen. Es war tatsächlich einmal auf ihn registriert, und zwar damals, als er sein erstes Motorrad hatte. Seine erste Zulassung zumindest«, korrigierte Kullmer sich schnell, denn wer konnte schon wissen, ob Kohlberger nicht vor Erlangen des Führerscheins bereits gefahren war.
Brandt und Durants Blicke trafen sich, und sie mussten unwillkürlich lächeln. Ob Kullmer da aus eigener Erfahrung sprach? Julia entschloss sich, bei Gelegenheit mal danach zu fragen.
»Was bedeutet das konkret für uns?«, erkundigte sie sich dann. »Abgesehen von der Tatsache, dass jemand Kohlberger offenbar sehr gut gekannt hat.«
»Vor allem sehr lange«, betonte Brandt. »So ein Kennzeichen trägt man ja nicht mit sich herum. Entweder befand es sich im Clubhaus oder in Kohlbergers persönlichem Besitz. Persönlich drangeschraubt haben wird er es ja wohl kaum, oder?«
»Ich gehe nicht davon aus«, stimmte Julia zu.
»Ich auch nicht«, schaltete sich Kullmer wieder ein, »vor allem, weil Kohlberger jahrelang unter Frankfurter Nummer gefahren ist. Aber das Beste kommt noch. Nachdem Kohlberger nach Hainburg gezogen war und sich entsprechend umgemeldet hat, musste er wieder ein neues Kennzeichen anmelden. Und ratet mal, welches er genommen hat.«
»Etwa dasselbe wie damals?«
»Exakt«, grinste Kullmer nickend. »Das war Ende der Neunziger, also vor Online-Reservierungen und all den heutigen Möglichkeiten. Vermutlich war eine ordentliche Portion Glück dabei.«
»Na. Glück gebracht hat es ihm ja letzten Ende keines«, murmelte Brandt. »Aber aktuell ist er unter anderem Kennzeichen gefahren?«
»Da gab es einige, ja«, bestätigte Kullmer.
»Hm, aber es deckt sich mit der Clubgeschichte«, konstatierte Brandt, lehnte sich zurück und rieb sich den Nacken. »Kann das sein? Frankfurter Club, Frankfurter Nummer und nach der Abspaltung dann wieder Offenbach?«
»Möglich. Dazu soll uns die Kühne noch mal was sagen«, sagte Hellmer.
»Zu Marion Kühne gibt es ja auch noch einiges«, warf Doris Seidel ein. »Darf ich, oder kommt da noch mehr in Sachen Zulassung?«, lächelte sie ihren Lebensgefährten Kullmer an.
»Nein, du darfst«, grinste dieser zurück.
»Die Vergewaltigungsgeschichte liegt fünfzehn Jahre zurück«, setzte Doris an, »und wurde seinerzeit fallengelassen, weil Frau Kühne, damals ein blutjunges Ding von siebzehn Jahren, ihre Aussage geändert hat. Zurückziehen wäre wohl das passendste Wort, denn nach Aktenlage ist ein nicht einvernehmlicher sexueller Übergriff erfolgt. Ein Arzt hat das zweifelsfrei festgestellt, Frau Kühne war nicht in der Verfassung, einer Untersuchung zu widersprechen, da sie am Rande eines Kollapses war. Im Zuge der ärztlichen Versorgung wurde sie, weil ihre Kleidung an den entsprechenden Stellen zerrissen war oder fehlte, im Genitalbereich untersucht. Eine Aussage konnte nicht sofort aufgenommen werden, sie hat aber angeblich dem medizinischen Personal gegenüber von Vergewaltigung gesprochen. Als sie das später
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