Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
du mit deinem alten Herrn über Frauengeschichten.«
»Ich fühle mich in den letzten Tagen so elend, aber nur zeitweise«, erklärte Julia daraufhin. »Heiß und kalt, als wenn es einen aus heiterem Himmel überläuft oder man plötzlich eine Tasse kochendes Wasser im Bauch hätte. Schwer zu beschreiben, aber als Frau kurz vor der Fünfzig versetzen plötzliche Hitzewallungen einen nun mal in äußersten Alarmzustand.«
»Hm, verstehe. Aber das liegt fünfundzwanzig Jahre zurück, deine Mutter war damals selbst nur wenig älter«, überlegte Herr Durant.
»Ja, eben«, unterbrach Julia ihn. »Im Internet steht, man solle in seiner Familie nachforschen, zum Beispiel, wann die eigene Mutter in die Wechseljahre gekommen ist. Dieses Alter ist angeblich ein guter Indikator. Bevor ich zum Arzt gehe, dachte ich, frag ich mal. Albern, oder?«
»Nein, im Gegenteil. Wir haben viel zu lange nicht mehr über Mama gesprochen. Aber ich glaube nicht, dass ich dir da weiterhelfen kann«, seufzte ihr Vater dann und klang plötzlich traurig. »Wenn ich mich richtig entsinne, blieb ihr diese Lebensphase wohl erspart. Zumindest erinnere ich mich nicht, dass es zwischen uns Thema war.«
»Ich auch nicht«, murmelte Julia. Allerdings war sie zum Zeitpunkt des Ablebens ihrer Mutter Mitte zwanzig gewesen und hatte ihre Gedanken überall sonst, aber nicht bei den Wechseljahren gehabt. »Kann ja ein gutes Zeichen sein. Wenn sie sie mit Mitte oder Ende vierzig nicht gehabt hat, dürfte ich mit ein wenig Glück auch noch etwas verschont bleiben.«
»Ich drück dir die Daumen«, sagte Herr Durant. »Und ansonsten?«
»Viel Arbeit, wir haben zwei ziemlich obskure Mordfälle. Motorradszene, nicht gerade ein angenehmes Umfeld. Außerdem muss ich mich mit diesem Brandt aus Offenbach zusammenraufen.«
»Mit dem hattest du doch schon öfter zu tun, oder?«
»Einmal im größeren Sinne, ansonsten eher am Rande«, bestätigte die Kommissarin. »Zugegeben, es ist gar nicht so schlimm, aber ich arbeite nun mal lieber mit meinen eigenen Leuten.«
»Verstehe. Ist bei Frank und den anderen alles in Ordnung? Was macht diese Sabine?«
»Das hat Brandt mich heute auch gefragt. Aber bei dir ist’s ja was anderes, mit dir kann ich darüber reden. Du wohnst weit genug ab vom Schuss.«
»Danke, wie nett!«
»War doch nicht abwertend gemeint. Also: Sabines Mutter hat wieder eine psychotische Krise, einen Schub oder wie auch immer man das nun medizinisch korrekt nennen mag. Das heißt, sie hockt zu Hause, Bettlaken und Deckenbezüge vor den Fenstern, lässt niemanden rein, vernachlässigt ihre Ernährung und Hygiene, und keiner kann so genau sagen, wie lange diese Phase andauert. Ihre Medikamente nimmt sie dann natürlich auch nicht, und das macht den Teufelskreis perfekt.«
»Teufelskreis«, wiederholte der Pastor, und Julia ergänzte schnell: »Entschuldige, ich weiß, du hast mir beigebracht, die Namen Gott und Satan nicht ständig in die Alltagssprache einzubauen. Aber manchmal passiert das einfach.«
»Mein Gott«, erwiderte ihr Vater. Julia konnte das Augenzwinkern und Grinsen förmlich durchs Telefon hören. »Es gibt Schlimmeres, aber schön, dass von meiner Erziehung etwas hängengeblieben ist.« Dann wurde er wieder ernst. »Schlimme Sache mit deiner Kollegin, wie?«
»Ganz ehrlich? Ich weiß nicht, wie lange sie das noch stemmen kann«, seufzte Julia. »Sie geht innerhalb des engsten Teams relativ offen damit um, Berger ist auch sehr verständnisvoll, obwohl er manchmal ein echter Griesgram ist. Aber ob das K 11 auf Dauer das Richtige ist, wer weiß das schon. Zum Glück hat Sabine ein paar gute Leute an der Hand, denn mit psychisch kranken Angehörigen ist es unglaublich schwer. Und dann ist da ja noch Michael Schreck, ein Kollege aus der Computerforensik. Der stützt sie, so gut es geht.«
»Sei einfach für sie da, wenn sie eine Schulter braucht«, riet Julias Vater ihr, »das ist wohl das Einzige, was du für sie tun kannst.«
»Ja, leider.«
»Aber wir wollen jetzt nicht den ganzen Abend am Telefon Trübsal blasen, oder?«, versuchte er die Stimmung etwas aufzumuntern. »Sag, solltest du um diese Zeit nicht lieber mit Claus telefonieren oder wenigstens in Gedanken bei ihm sein, anstatt mit deinem alten Herrn die Zeit zu vertrödeln? Außerdem fängt die Tagesschau an, eines der wenigen Rituale, die ich mir nur ungern nehmen lassen würde, auch nicht von dir, sosehr ich dich liebe«, scherzte er.
»Ich hab schon kapiert«, gab
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