Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
sind?«, hatte die Kommissarin zurückgefragt.
»Solche Dinge würde er nicht einmal seiner Frau erzählen«, hatte Berger kopfschüttelnd geantwortet, »und mir schon gleich gar nicht. Trotzdem, bitte bilden Sie sich eine möglichst ungetrübte Meinung. Er ist alles in allem ein recht umgänglicher Mensch.«
Julia hatte daraufhin nichts mehr gesagt.
»Meine Frau Elisabeth«, stellte Cramer nun die Frau auf der Sitzgarnitur vor. Sie blieb sitzen, reckte sich aber und lächelte müde. Sie schien vor nicht allzu langer Zeit geweint zu haben.
»Verzeihen Sie, wenn ich sitzen bleibe«, erklang eine zarte, verschüchterte Stimme, deren feiner Klang Julia überraschte. Sie hätte der stattlichen, jedoch nicht fülligen Frau mit den langen, dunkelblond gelockten Haaren einen kräftigen Alt zugetraut, mit rauchiger Nuance vielleicht, aber zumindest mit einem beachtlichen Stimmvolumen. Doch was sie vernahm, war mehr ein kraftloser Sopran. Elisabeth Cramer hatte das Haar mit einem Tuch zu einem losen Pferdeschwanz zusammengebunden, der über der rechten Schulter lag. Ihre Beine waren angewinkelt, sie hatte allerdings die Füße, die in leichten Wollslippern steckten, beim Eintreten der Kommissarin rasch vom Polster hinabgenommen.
»Ich habe etwas eingenommen, bitte«, sprach sie weiter, doch Herbert Cramer unterbrach sie sofort.
»Meine Frau ist mit den Nerven ziemlich runter, ein befreundeter Arzt hat ihr vorhin etwas zur Beruhigung gegeben.«
»Sollten wir uns dann nicht besser woanders unterhalten?«, erkundigte sich Julia zweifelnd.
»Nein, bitte«, flüsterte Elisabeth und deutete auf die reichlich vorhandene leere Fläche des Sofas. Es mochte ein Fünf- oder Sechssitzer sein, in der Mitte abgewinkelt, und bot daher mehr als genug Platz für die drei Stehenden.
»Elisabeth möchte dabei sein«, bekräftigte Herbert und wies ebenfalls in Richtung des riesigen Möbels. »Bitte sehr.«
Julia Durant war zwar nicht überzeugt, entschied sich aber dazu, nichts weiter zu sagen. Rasch, bevor Berger und der Hausherr sich bewegten, schritt sie zu dem Sitzplatz, der am weitesten von den lodernden Flammen des Kamins entfernt war, und sank in das unerwartet weiche Leder.
»Mein Name ist Julia Durant, ich komme von der Frankfurter Mordkommission«, sagte sie mit einem knappen Lächeln.
Berger tuschelte etwas, das Julia nicht verstehen konnte, in Cramers Richtung und tätschelte dann, bevor er sich neben die Kommissarin setzte, Elisabeths Schulter.
»Hallo, Elisabeth«, raunte er ihr zu, und diese nickte und blinzelte ihm zu. Offenbar waren sie vertraut miteinander, oder aber sie spielten ihr hier etwas vor. Dieses ganze Ambiente, das heimelige Kaminfeuer, die warme Atmosphäre, das war doch nicht echt. Wenn es in diesem ehrenwerten Haus nicht ein dunkles Geheimnis gäbe, hätte Berger sie nicht abends hierherzitiert.
»Okay, ich will ja nicht unhöflich erscheinen, aber ich würde es nun sehr zu schätzen wissen, wenn Sie mir den Grund verraten, warum ich bei Ihnen bin.« Den fragenden Blick Cramers in Bergers Richtung bemerkend, setzte sie hinzu: »Außer einem kurzen Anruf von meinem Chef habe ich bislang keinerlei Informationen erhalten. Bitte setzen Sie mich also ins Bild.«
»Sie kommen direkt zur Sache, wie?« Herbert Cramers Stimme war klar und kräftig, die Aussprache der Worte deutlich, aber mit einem unverkennbar südhessischen Dialekt. Nicht so ausgeprägt wie seinerzeit bei Günther Strack, aber gewisse Vokale und Endungen hatten ihren ganz speziellen Klang. Julia versuchte sich zu erinnern, wann sie ihn beim letzten offiziellen Anlass gesehen hatte, doch es fiel ihr nicht ein. Es ist wie immer, dachte sie, man merkt sich die Auftritte des Präsidenten, nicht aber die des zweiten Mannes.
»Das ist mein Job, ja«, erwiderte sie knapp.
»Gut, das sehe ich ein. Zunächst einmal möchte ich betonen, dass wir Ihnen für Ihr Kommen sehr dankbar sind und Ihre Diskretion zu schätzen wissen.«
»Ein wichtiger Punkt, den Sie da ansprechen.« Julia Durant beugte sich leicht nach vorn, so dass beide Cramers sie sehen und hören konnten. »Was auch immer ich hier heute Abend erfahre, ich habe bereits Herrn Berger gesagt, dass es für mich weder eine Rolle spielt, wo ich mich gerade befinde, noch, welche Konsequenzen daraus erwachsen könnten. Auch für mich«, betonte sie und deutete sich dabei in Richtung Brust.
»Um Gottes willen, wir werden nichts Unrechtes von Ihnen verlangen«, wehrte Cramer hastig ab. »Im
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