Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
leichter als zuvor. »Du hast so gierig hingelangt«, sprach Al weiter, »dass die Dosis hoch genug ist.«
»Wie?«, stammelte Rico, und trotz der Dunkelheit meinte Al, die Panik in seinen Augen zu erkennen.
»Dormicum«, erklärte Al knapp, »wahrscheinlich genügend, um ein ganzes Dutzend von euch einzuschläfern.«
Rico griff sich an den Hals und versuchte zu würgen, taumelte nach vorn und schob sich Ring- und Mittelfinger tief in den Rachen, um einen Brechreiz hervorzurufen. Doch es gelang ihm nicht, er hustete nur und spie mit hochrotem Kopf Spucke auf den Boden. Dann knickte ihm der stützende Arm weg.
»Wehr dich nicht dagegen«, sprach Al leise weiter, »es hat keinen Sinn. Das Mittel lähmt deine Muskeln, und dann wird dein Gehirn langsam zu Brei. Anstatt dagegen anzukämpfen, hör mir lieber zu, was ich dir zu sagen habe.«
Rico lallte etwas Unverständliches, versuchte erneut, sich hochzustemmen, was ihm aber nicht gelang. Daraufhin packte Al ihn am Kragen, zog ihn hoch, griff anschließend in seine Achselhöhlen und zog den zwei Zentner schweren, in Leder gekleideten Mann langsam in Richtung Ufer. Auf einem aus Beton gegossenen Überlauf, den eine rostige Metallplatte bedeckte, hielt er an und plazierte Rico so, dass er mit Blick auf den Tümpel am Rand saß, die Schulter an ein Eisenrohr gelehnt, das aus dem Beton ragte. Al setzte sich daneben, der Sockel war gerade hoch genug, dass die Männer die Beine hinabhängen lassen konnten, ohne nasse Stiefel zu bekommen.
»Du bist schon einmal hier gewesen«, murmelte Al nach einigen Minuten. Rico atmete langsam und schwer, sein Kopf hing schlaff zur Seite, die Zunge lag in seinem Mundwinkel. Speichel floss heraus, gelegentlich röchelte er leise. Alles an ihm war kraftlos und ohne Muskelspannung. Das Medikament wirkte besser und schneller als erwartet, wie Al zufrieden feststellte. Doch wenn er wollte, dass Rico von seinen Worten etwas mit hinüber ins Jenseits nahm, musste er sich beeilen, von daher verzichtete er auf umständliche Erklärungen.
Nur drei Minuten später, nicht einmal lange genug, um eine Zigarette zu rauchen, war Al am Ende seiner Predigt angelangt. Er legte den Arm um den Körper seines Kumpans, klopfte ihm erst sanft, dann kräftiger zwischen die Schulterblätter, so dass Rico schließlich vornüberklappte und mit einem lauten Platschen auf die Wasseroberfläche traf.
Zufrieden betrachtete Al die gespenstische Szene, wie aufs Stichwort vernahm er in der Ferne den Schrei eines Uhus, danach erhob er sich, reckte sich und schritt langsam zurück in Richtung seiner Ledertasche. Er entnahm ihr eine schmale, glänzende Metallkette, an deren Ende sich jeweils handtellergroße Schnappkarabiner befanden. An Ricos Motorrad klickte er einen davon unterhalb des Sattels in die freiliegende Sprungfeder und schob die Maschine anschließend in Richtung Ufer. Mit einem Ast angelte er nach dem regungslosen, mit dem Hinterkopf nach oben treibenden Körper, der noch immer unweit der Böschung trieb. Er zog Rico weit genug heran, um den zweiten Karabiner durch eine der Ösen seiner Lederjacke zu stecken. Keuchend und schwitzend schob Al dann das Motorrad durch den Uferschlamm, bis er knietief im Wasser stand und die Maschine sich aus seinen Händen zu lösen begann, ein Stück nach vorn rollte, zur Seite kippte und gluckernd, mitsamt dem angeketteten Körper, unter der Wasseroberfläche verschwand.
Dienstag
Dienstag, 8:32 Uhr
P olizeipräsidium Frankfurt. Lagebesprechung.
Außer Atem platzte Peter Kullmer in den Raum, und sofort richteten sich alle Blicke auf ihn. Doris Seidel war schon vor über einer halben Stunde in ihrem Büro gewesen, Frank Hellmer und Sabine Kaufmann waren vor einer Viertelstunde zum Dienst erschienen. Berger, der gerade gesprochen hatte, sah Kullmer fragend an.
»Na?«
»Entschuldigung.« Kullmer nickte kurz mit einem matten Lächeln zu Doris, sammelte noch ein wenig Atem und sprach dann weiter: »In Elisas Krippe hat es einen Verdachtsfall auf Hand-Fuß-Mund gegeben. Das Chaos könnt ihr euch wohl vorstellen.«
»Hand-Fuß-Mund?«, wiederholte Sabine Kaufmann stirnrunzelnd.
»Stimmt, du hast ja noch keine Kids«, grinste Hellmer. »Das ist ein Virus. Unangenehm, aber in unseren Breiten nicht sehr gefährlich.«
»Nur hochgradig ansteckend«, fügte Kullmer hinzu. »Na, es war dann wohl doch ein Herpes oder so, jedenfalls ist das betreffende Kind gar nicht erst rein in die Gruppe. Von daher dürfte nichts passieren. Der
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