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Teufelsengel

Teufelsengel

Titel: Teufelsengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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das hier überleben.
    Es wurde gerade dunkel, als Bruder Arno Romy abholte.
    »Na?«, fragte er. »Wieder ansprechbar?«
    Romy hatte das Bedürfnis, ihm einen Faustschlag auf die Nase zu verpassen, aber sie beherrschte sich.
    »Zieh deine Jacke an«, befahl er ihr.
    Sie erkundigte sich nicht nach dem Grund. Hauptsache, sie kam hier raus. Vielleicht ergab sich eine Möglichkeit zur Flucht. Oder sie konnte jemandem ihr Diktiergerät zustecken, einem, der vertrauenswürdig wirkte. Sie hatte es in ihren rechten Stiefelschaft gestopft. Da war es einigermaßen sicher aufgehoben.
    Bruder Arno hielt ihren Arm fest umklammert. Sie überquerten den Hof. Das Tor war zu, an Flucht nicht zu denken.
    »Wohin bringst du mich?«, fragte Romy, als sie die Unsicherheit nicht länger ertrug. So groß ihre Angst vor der Wahrheit auch war, sie wollte sie erfahren.
    »Zu einer Gerichtsverhandlung.«
    »Zu …«
    »Wir werden entscheiden, was mit dir geschehen soll.«
    »In einer Gerichtsverhandlung?«
    »Wie es sich gehört.«
    Das wagten sie nicht! Sie konnten doch nicht ihre eigenen Gesetze erfinden.
    Romy zog die Schultern zusammen. Die Temperaturen waren noch weiter gesunken. Ihre Schritte knirschten auf dem harten Schnee.
    »Und wie lautet die Anklage?«
    »Sei still! Ich möchte mich nicht mit dir unterhalten.«
    »Aber ich …«
    Er sah starr geradeaus.
    »Du hast mich doch ein bisschen … gemocht«, wagte Romy sich noch einmal vor.
    Er reagierte nicht.
    »Wir haben geredet und gelacht und tausend Ähnlichkeiten entdeckt. Wie kannst du da …«
    »Hör auf«, sagte er müde. »Es ist doch immer dasselbe. Kaum schenkt man euch einen Blick, da werft ihr euch einem schon an den Hals. In meinem ganzen Leben bin ich keinem Mädchen mit Format begegnet, einem, das unabhängig und stolz genug ist, um sich mir zu verweigern.«
    »Aber ich habe mich dir nicht an den …«
    Er schnitt ihren Einwand mit einer schroffen Handbewegung ab.
    »Außerdem bin ich Priester! Ich habe mein Leben Gott geweiht. Ist dir nicht klar, wie sündhaft es ist, einen Priester zu begehren?«
    Endlich schaute er sie an, aber als Romy die Wut in seinen Augen las, wünschte sie, er hätte es nicht getan.
    »Und du?« Sie flüsterte fast. »Warum hast du dich mir genähert? Ist das keine Sünde? Ich habe einen Freund. Durch dich habe ich ihn vielleicht verloren.«
    Sein Griff um ihren Arm verstärkte sich. Sie stöhnte leise auf. Er blieb stehen und zwang sie, ihn anzusehen.
    »Das war dein größtes Vergehen.«
    Er schoss die Worte ab wie Pfeile.
    »Dass du mein Verlangen geweckt hast.«
    Panik wirbelte in Romy auf. Er drehte die Wahrheit so, wie es ihm passte und lud die ganze Schuld auf ihren Schultern ab.
    Welche Schuld?
    Den Rest des Wegs legten sie schweigend zurück.
     
    Alles kam Pia sonderbar unwirklich vor. Die Kälte im Zimmer. Die Schatten der Dämmerung. Die Hitze in ihren Eingeweiden.
    Inzwischen wusste sie nicht mehr, ob sie tatsächlich einen Hund hatte bellen hören, oder ob sie es sich eingebildet hatte. Sie sah und hörte die merkwürdigsten Dinge.
    Halluzinationen, dachte sie. Ich halluziniere.
    Halluzinationen. Ein schönes Wort.
    Einmal war es ein Licht, das in ihrem Kopf aufflackerte und sie mit tiefer Freude erfüllte. Einmal ein Ton, der in ihr schwang und sie beruhigte.
    Als ob ich auf Drogen wäre, dachte sie.
    Sie hatte geträumt, sie hätte Bruder Miguel niedergeschlagen. Den freundlichen, sanften Bruder Miguel, der keiner Fliege etwas zuleide tat. Und sie hatte geträumt, ihr lebloser Körper würde aus einem trüben See gefischt.
    Aber sie war zu erschöpft, um sich vor ihren Träumen zu fürchten.
     
    Bert saß in seiner Wohnung und schob die Zettel, die er auf dem Schreibtisch verteilt hatte, hin und her. Auf den Zetteln standen Namen, Orte, Daten und Fakten. Ab und zu nahm Bert einen Schluck Rotwein, machte sich eine Notiz.
    Was, wenn alle Opfer mit der Gemeinschaft der Getreuen  zu tun gehabt hatten? Nur mal angenommen, dachte er. Nur mal so ins Blaue gedacht.
    Er vermisste Rick, der an diesem Abend etwas vorhatte. Und er vermisste Isa, die Polizeipsychologin, mit der er früher seine Fälle besprochen hatte. Zwar hatte mit Berts Versetzung ihre Freundschaft nicht aufgehört, aber für ein vernünftiges  Brainstorming mussten alle Beteiligten mit sämtlichen Details der Fälle vertraut sein.
    Was konnte in einer so rigiden Glaubensgemeinschaft wie den Getreuen der Grund dafür sein, ein Mitglied auszuschalten? Das, was auch die

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