Teufelsflut
kennt sich in der Gegend hervorragend aus. Von Le Brassus aus fahren wir dann zu einem hübschen kleinen See, dem Lac de Joux.
Klein ist er übrigens nur für Schweizer Begriffe. Das Chateau Rance steht ganz allein für sich auf einem Abhang über dem See. Das Tal darunter ist so abgeschieden, dass es eine geheime Welt für sich ist.«
»Klingt viel versprechend«, meinte Tweed. »Wie ein Ort, den Dr. Goslar sich für einen Unterschlupf aussuchen könnte.«
»Um ohne gesehen zu werden zu dem Chateau zu gelangen«, fuhr Beck fort, »dürfen wir nicht auf dem Hauptweg dorthin fahren. Stattdessen nehmen wir eine extrem steile Nebenstraße den Berg hinauf. Da gibt es eine Stelle, wo wir die Autos abstellen können. Dort werde ich Sie verlassen und Sie brauchen nur den Abhang zum Chateau hinuntersteigen. Der Hang ist zwar nicht allzu leicht zu begehen, aber wie ich sehe, haben Sie gute Stiefel an. Wie steht es mit dem Rest Ihrer Leute und der rothaarigen Schönheit?«
»Die haben alle ebenfalls Stiefel«, antwortete Paula mit einem leisen Kichern. »Inklusive der rothaarigen Schönheit.«
»Als Polizist fällt mir eben vieles auf«, sagte Beck mit einem wissenden Lächeln. »Ich würde Ihnen übrigens empfehlen, die Hosenbeine in die Stiefel zu stecken; in den Bergen hat es heute Nachmittag nämlich stark geschneit. Wäre doch schlecht, wenn Sie Ihr Ziel mit nassen Füßen erreichen würden.«
»Sie könnten uns auch auf der Karte die Abzweigung zu der Bergstraße zeigen«, schlug Tweed vor, »dann könnten wir allein dort hinauffahren.
Wir haben Ihre Hilfe ohnehin schon viel zu sehr in Anspruch genommen.«
Ȇberhaupt nicht. Und sollte es Ihnen gelingen, Dr. Goslar dingfest zu machen, dann dienen Sie damit auch den Interessen der Schweiz.
Außerdem wollte ich schon lange mal wieder mit meinem Freund in Le Brassus sprechen. Sein Name ist Gilbert Berger. Wer weiß, vielleicht hat er ja Goslar gesehen – falls Aspinall wirklich Goslar ist.«
»Ich bezweifle, dass er ihn zu Gesicht bekommen hat«, sagte Tweed.
»Bisher weiß niemand, wie Goslar aussieht.«
»Es bleibt also dabei. Ich bringe Sie bis zu der Stelle, an der Sie Ihre Autos abstellen können. Leider habe ich keinen offiziellen Grund, Sie zum Chateau zu begleiten, und in diesem Land ist es eine Straftat, wenn man ohne Befugnis in ein Privatgrundstück eindringt. Bedenken Sie das, wenn Sie an dem Chateau sind. Jetzt sollten wir aber losfahren.«
Nachdem die anderen heruntergekommen waren, setzte sich die Kolonne mit Becks Mercedes an der Spitze in Bewegung. Marler fuhr im ersten Wagen, gefolgt von Nield und Butler. Im dritten Auto saßen wieder Newman und Paula auf den Vordersitzen und Tweed und Trudy auf der Rückbank.
Als sie die Stadt verlassen hatten und auf der steilen, in vielen Serpentinen sich nach oben windenden Bergstraße waren, hatte Paula unterschiedliche Gefühle. Sie spürte, wie ihr vor lauter Aufregung das Adrenalin durch die Adern floss, andererseits aber empfand sie auch eine leichte Angst davor, dass sich jetzt, nachdem sie so weit gekommen waren, alles doch noch als ein Schlag ins Wasser herausstellen könnte.
Paula drehte sich um und schaute nach hinten. Tweed hatte sich zurückgelehnt und war offenbar eingeschlafen. Trudy hingegen, die schon vor dem Einsteigen die Hosenbeine in ihre Stiefel gesteckt hatte, schaute aus dem Fenster und summte leise vor sich hin. Du bist mir vielleicht abgebrüht, dachte Paula.
Sie fuhren so schnell, wie der Zustand der Straße es zuließ. Als Paula wieder durch die Windschutzscheibe blickte, sah sie am Glitzern des Mondlichts auf der Straße, dass die Kurven völlig vereist waren. Zum Glück haben wir vier ausgezeichnete Fahrer, tröstete sie sich. Je weiter sie den Berg hinaufkamen, desto höher wurden die Schneewände zu beiden Seiten der Straße. Wie würde es wohl erst in der Nähe von Le Brassus aussehen?
Plötzlich hatten sie die Passhöhe erreicht. Durch einen Einschnitt in der Schneewand erhaschte Paula einen Blick auf den fernen Genfer See, in dem sich der Mond wie in einer Glasscheibe spiegelte. Sie fuhren jetzt wieder bergab, und Paula begann, Ausschau nach jenem Lac de Joux zu halten, der nach Becks Beschreibung unmittelbar hinter Le Brassus liegen musste.
»Wir fahren hinunter ins Vallee de Joux«, meldete sich Tweed von hinten.
»Sie sind ja ein Simulant«, rügte ihn Paula scherzhaft und drehte sich um. »Ich dachte, Sie würden schlafen.«
»Ich habe gespürt, dass es wieder
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