Teufelsflut
sagen, ob es sich nicht am Ende um eine Mrs. Aspinall handelt.«
»Aber irgendwie muss diese Person sich doch ernähren«, sagte Tweed.
»Wo kauft sie denn ihre Lebensmittel und all die anderen Dinge, die man zum Leben so braucht?«
»Eine gute Frage«, sagte Berger. Er warf seinen großen Kopf in den Nacken und lachte laut heraus. »Dieser Aspinall ist nicht gerade ein Förderer unserer hiesigen Geschäftsleute. Er lässt sich alles, was er braucht, in einem Kühllaster aus Genf bringen. Aber nicht einmal der Fahrer des Lasters hat ihn jemals gesehen. Er lädt die Sachen lediglich in einem großen Keller ab, in dem auch ein Kühlraum ist, und das Geld für die Ware bringt ein Motorradkurier direkt ins Büro der Firma nach Genf.
Und zwar in bar! Wirklich seltsam, finden Sie nicht? Aber jetzt will ich Sie nicht länger aufhalten. Wenn Sie wollen, können wir sofort zum Schloss fahren. Ich fahre mit meinem Volvo voraus…«
Paula hätte sich gern noch länger mit Berger unterhalten, dessen Art sie irgendwie herzerfrischend fand. Auch der Ort mit seinen solid wirkenden Häusern, von denen manche aus Holz, manche aus Stein erbaut schienen, hatte ihr ausgesprochen gut gefallen. Als sie Le Brassus verließen, sah sie oben auf dem Berghang noch mehr schöne Häuser stehen, zu denen eine kurvige Straße hinaufführte.
»Ein hübscher Ort«, sagte Trudy. »Ich hätte richtig Lust, hier irgendwann einmal Urlaub zu machen.«
»Ich auch«, stimmte Paula ihr zu.
Hinter dem Dorf lag eine unbewohnte Wildnis, in der zu beiden Seiten des Tals steile, hier und da mit ein paar Fichten bestandene Bergwände steil in die Höhe ragten. Der Mond überglitzerte alles mit einem kalten, bläulichen Licht, das in einem seltsamen Kontrast zum warmen Glühen in den Fenstern des Ortes stand. Hinter einer Kurve kam plötzlich der Lac de Joux ins Blickfeld. Der See war breiter, als Paula ihn sich vorgestellt hatte. Am Ufer war er bereits zugefroren. Ein paar Minuten später hielt der Volvo vor ihnen an. Berger stieg aus und kam nach hinten, um Paula und Trudy zu warnen, dass der Weg vereist sei und sie beim Gehen vorsichtig sein sollten.
Paula verließ den Wagen und machte probeweise ein paar Schritte. Zum Glück hatten ihre Stiefel ein tiefes Profil, was sie sehr trittsicher machte.
Sie dankte Berger und sagte, dass sie keine Probleme habe.
»Das habe ich mir schon gedacht«, sagte er mit einem breiten Lächeln.
»Man sieht es Ihnen beiden an, dass Sie zurechtkommen. Mr. Tweed offenbar auch. Er bewegt sich ja wie ein Athlet. Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen jetzt das Chateau Rance. Die Autos lassen wir hier, wo man sie vom Schloss aus nicht sehen kann.«
Tweed war hinüber zu Marler, Butler, Nield und Newman gegangen, die zusammen mit Beck vor einer Lücke in der Schneewand standen. Beck gab sein Fernglas, mit dem er hinunter ins Tal geschaut hatte, an Tweed weiter.
»Da ist das Chateau . Dieser Feldstecher ist übrigens das beste Nachtglas, das man derzeit kaufen kann – von Zeiss aus Deutschland.«
Tweed blickte durch das Glas und besah sich nicht nur das Schloss, sondern auch dessen Umgebung. Er bemerkte, dass ein paar hundert Meter oberhalb des Chateau s eine große Felsspitze aus dem Berg ragte, unter der sich ein dunkles Loch befand. Das Schloss selbst, zu dem eine gewundene, mit großen Steinen markierte Zufahrt vom Tal hinaufführte, lag etwa auf halber Höhe an dem Abhang. Tweed gab das Fernglas an Paula weiter.
»Ich kann das Schloss auch mit bloßen Augen sehen«, sagte Trudy, die neben Tweed getreten war. »Merkwürdiges Bauwerk. Neugotisch im Stil, aber seltsam unproportioniert. Dieser große Turm auf der rechten Seite hat links überhaupt kein Gegengewicht.« Sie blickte Berger an. »Ich hoffe, Sie nehmen mir die Kritik nicht übel.«
»Aber nein, überhaupt nicht«, sagte Berger lachend. »Ich finde Ihre Beschreibung sehr treffend.«
»Das Schloss kommt mir irgendwie unheimlich vor«, sagte Trudy.
»Mir auch«, sagte Paula und ließ das Fernglas sinken.
»Ihnen ist sicherlich aufgefallen, dass alle Lichter im Schloss brennen«, sagte Beck zu Paula. »Sogar hinter den geschlossenen Fensterläden sieht man es hindurchscheinen. Ist das nicht ein bisschen seltsam angesichts der Tatsache, dass nur eine Person dort lebt?«
»Wo ist der Haupteingang?«, fragte Nield.
»Direkt unter dem hässlichen Balkon im ersten Stock«, antwortete Berger. »Wenn ich nur wüsste, was Sie jetzt vorhaben.«
»Das weiß ich auch
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