Teufelsflut
vorstellen, wo er hingegangen ist«, sagte Marler und wählte seine Worte sorgfältig, weil Trudy im Raum war. »Er will vermutlich meinen Freund aufsuchen, der uns mit kleinen Extras versorgt. Dieser Freund ist erst kürzlich umgezogen.«
Alle außer Trudy wussten sofort, wen er meinte: den Schweizer, der unter dem Deckmantel eines Antiquitätengeschäfts einen illegalen Waffenhandel betrieb – zu horrenden Preisen, versteht sich. Paula hielt es Trudy zugute, dass sie Marler nicht danach fragte, was er mit den »kleinen Extras« gemeint hatte.
»Gut. Dann wissen wir wenigstens, wo er ist«, sagte Tweed aufgeräumt.
»Und jetzt ist es an der Zeit für unsere Konfrontation mit Richard Löwenherz alias Lord Harrington. Paula, Bob, ich möchte Sie beide gern dabeihaben. Der Rest von Ihnen kann sich inzwischen ausruhen. Wir werden nicht lange brauchen.
Sie gingen hinunter in die Halle, wo Diplock ungeduldig vor der Tür des Besprechungszimmers auf und ab ging. Als er Tweed kommen sah, hielt er die Tür für ihn auf. Tweed blieb auf der Schwelle stehen.
Diplock versuchte, eine Autoritätsperson zu markieren, was ihm aber gründlich misslang. Tweed bemerkte, dass Diplocks dichte, dunkle Augenbrauen nicht zu dessen blondem Haar passten. Der Junge dürfte nicht älter als fünfundzwanzig sein, dachte er.
»Tut mir Leid, aber Sie können da nicht hinein, Miss«, sagte Diplock zu Paula. Er streckte eine Hand aus, um Paula festzuhalten, fing dabei aber einen Blick von Newman auf, der ihn die Hand rasch wieder zurückziehen ließ. Er erinnerte sich nur zu gut an das, was passiert war, als er Tweed vorhin angefasst hatte. Diplock machte ein Gesicht, als ob er auf eine heiße Herdplatte gelangt hätte.
»Die beiden kommen mit mir«, sagte Tweed und betrat den Konferenzraum.
Der Minister saß auf einem Stuhl mit hoher gerader Lehne an einem massiven Schreibtisch, der gut und gern aus der Zeit von Elizabeth I. hätte stammen können. Vor dem Schreibtisch stand ein sehr unbequem aussehender Holzstuhl. Das ist wie eine Audienz bei einem Autokraten, schoss es Tweed durch den Kopf.
Harrington, der sich bei Tweeds Eintreten nicht erhoben hatte, starrte Paula und Newman aus dunklen Augen böse an. Einen Augenblick lang presste er die Lippen zu einem schmalen, böse aussehenden Mund zusammen, und sah so aus, als wollte er zu einer Rede vor den Abgeordneten des Unterhauses ansetzen.
»Ich habe mir schon gedacht, dass Sie Ihre Leute wieder mitbringen würden, Tweed. Aber das geht nicht. Wir haben etwas unter vier Augen zu besprechen.«
Tweed blickte sich um und sah, dass Paula und Newman auf einem Sofa Platz genommen hatten. Neben ihnen hockte Diplock auf der Kante eines Stuhls. Wäre er auch nur einen Zentimeter nach vorn gerutscht, wäre er unweigerlich hinunter auf den mit dicken Teppichen belegten Boden gepurzelt.
»Und wieso ist dann Diplock hier?«, fragte Tweed, der immer noch stand.
»Adrian ist mein persönlicher Assistent und genießt mein volles Vertrauen.«
»Newman und Miss Grey sind
meine
persönlichen Assistenten, die ebenfalls mein volles Vertrauen genießen. Entweder sie bleiben, oder ich verlasse auf der Stelle diesen Raum. Und außerdem möchte ich einen anderen Stuhl.« Mit diesen Worten schob Tweed den Holzstuhl beiseite und rückte sich einen bequemen Sessel heran. Nachdem er sich darauf niedergelassen hatte, zog er ein Taschentuch hervor und putzte in aller Seelenruhe seine Brille.
»Großer Gott!«, platzte es aus Diplock heraus. »Ich habe ganz vergessen, die Tür zuzusperren. Entschuldigen Sie bitte, Sir.«
Er sprang auf, holte einen Schlüssel aus der Tasche und schloss damit die Tür ab. Als er den Schlüssel wieder in die Tasche stecken wollte, stand auf einmal Newman neben ihm.
»Ich nehme den Schlüssel, mein Junge.«
Bevor Diplock reagieren konnte, hatte Newman ihm schon den Schlüssel aus der Hand genommen. Er steckte ihn ein, ging zurück zum Sofa und setzte sich wieder neben Paula.
»Kommen wir zur Sache, was immer sie auch sein mag«, sagte Tweed.
»Ich gebe Ihnen fünf Minuten, mehr kann ich nicht erübrigen.«
»Fünf Minuten!«
Der Minister schob seinen Stuhl nach hinten und richtete sich zu voller Höhe auf. Dann begann er, hinter dem Schreibtisch auf und ab zu gehen, wobei er beim Sprechen mit beiden Händen gestikulierte, als hielte er gerade eine große Rede vor dem voll besetzten Unterhaus.
»Ist Ihnen eigentlich klar, mit wem Sie es zu tun haben, Tweed? Ist Ihnen bewusst,
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