Teufelsflut
wissen Sie, was Saafeld und Fischer herausgefunden haben und wie ich Goslars bisherige Strategie einschätze. Eines möchte ich noch einmal betonen«, fügte er mit Nachdruck an, während er den Blick über seine Mitarbeiter wandern ließ. »Es handelt sich hier um die gefährlichste Operation, auf die wir uns bisher eingelassen haben. Wir kämpfen gegen Goslar und seine riesige Organisation, aber auch Bäte und seine Special Branch werden uns demnächst ziemlich zu schaffen machen.
Und als ob das noch nicht genug wäre, werden wir in Paris bestimmt einigen Ärger mit den dortigen Geheimdiensten, der Polizei und weiß Gott wem sonst noch bekommen.«
»Und alle sind sie auf der Suche nach dem heiligen Gral«, sagte Marler, »obwohl das vielleicht nicht gerade die passende Bezeichnung für eine so teuflische Waffe ist.«
»Wir brauchen mehr Leute«, sagte Paula ruhig. »Aber das habe ich schon mal gesagt, wenn ich mich recht erinnere.«
Wie auf ein Stichwort ging die Tür auf und Howard, der Direktor des SIS, kam herein. Er war über eins fünfundachtzig groß und hatte einen Körperbau, der darauf schließen ließ, dass er gutem Essen und ebenso guten Weinen eine Menge abgewinnen konnte. Howard hatte das Auftreten eines Gutsherrn und eine näselnde, leicht überheblich klingende Stimme.
»Ich habe großartige Neuigkeiten für Sie, Tweed«, verkündete er, während er sich in einen Sessel sinken ließ und sein rechtes Bein über die Armlehne legte. »Zwei gute Leute stehen Ihnen als Verstärkung zur Verfügung. Den ersten Mann kennen Sie sicher alle: Es ist Captain Alan Burgoyne, der früher beim militärischen Geheimdienst war. Er hat im Golfkrieg gekämpft.«
»Von dem habe ich schon gehört«, sagte Newman. »Seine Informationen über den Irak haben die ganze alliierte Strategie verändert.«
»Sieh mal einer an«, sagte Howard und drehte sich in seinem Sessel zu Newman um. »Unser obszön reicher, weltberühmter Auslandskorrespondent ist auch mal wieder hier und beglückt uns mit seinen Weisheiten.«
»Ihr obszön reicher Auslandskorrespondent hat zufällig selber aus dem Golfkrieg berichtet«, gab Newman gereizt zurück.
Howard, der Anfang sechzig war, hatte graues Haar und ein rundliches Gesicht. Wie immer war er ausgesprochen chic und vor allem sündteuer gekleidet. Heute trug er einen blauen Nadelstreifenanzug von Chester Barrie, den er bei Harrods gekauft hatte, dazu ein cremefarbenes Hemd, eine blaue Chanel-Krawatte und auf Hochglanz polierte schwarze Schuhe.
»Burgoyne hat kürzlich aus freien Stücken seinen Abschied von der Armee genommen«, fuhr er fort.
»Vielleicht hatte er es satt, sich von inkompetenten Vorgesetzten hirnrissige Befehle erteilen zu lassen«, sagte Marler gedehnt. »Sie wissen schon, von so Oberklasse-Hanswursten, die sich bei jeder Gelegenheit ihre alte Schulkrawatte umbinden.«
Howard runzelte die Stirn und sah Marler böse an. Die Beschreibung gefiel ihm offenbar überhaupt nicht. Marler nahm seine Zigarette in die linke Hand und hob die rechte zur nachlässigen Parodie eines militärischen Grußes an die Stirn. Dabei grinste er Howard provozierend an.
»Trotz seiner Verdienste kann ich Burgoyne erst dann akzeptieren, wenn er alle Sicherheitsüberprüfungen bestanden hat«, warf Tweed rasch ein.
»Schon geschehen, alter Junge«, versicherte ihm Howard. »Ich habe ihn höchstpersönlich auf Herz und Nieren abgecheckt und dann das Ganze noch einmal wiederholt. Sie hätten es vermutlich nicht besser machen können.«
»Kann schon sein.«
»Na, was ist denn heute mit euch allen los?«, sagte Howard. »Könnten denn nicht wenigstens die Mädels ein bisschen mehr Enthusiasmus zeigen? Immerhin habe ich gerade einen großen Coup gelandet…«
»Wen meinen Sie mit Mädel?«, fragte Paula kühl. »Ich bin über dreißig, wie Sie eigentlich wissen müssten.«
»Großer Gott«, stöhnte Howard. »Das war doch nicht persönlich gemeint. Es war bloß so ein Ausdruck. Ich weiß, was Sie alles in Paris haben durchmachen müssen, Paula. Ich fühle voll und ganz mit Ihnen.«
»Das ist doch Schnee von gestern«, sagte Paula.
»Und wer ist der andere Kandidat?«, fragte Tweed.
»Wieso Kandidat? Ich habe die beiden fest verpflichtet.«
»Aber ich nicht. Noch nicht, zumindest. Wer ist es?«
»Evan Tarnwalk. Er hat gerade seinen Abschied von der Special Branch genommen.«
»Das klingt nicht sonderlich gut«, sagte Tweed. »Weshalb ist er nicht mehr dort?«
»Weil er mit Bäte nicht
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