Teufelsflut
sind. So, gleich sind wir da.«
Sie hatten die Ortschaft hinter sich gelassen, und Marler sah, wie vor ihnen der bedrohlich wirkende Hangman’s Tor aus dem Nebel aufragte.
Sein von vielen Spalten zerfurchter Gipfel kam ihm irgendwie instabil vor. Coral Langley schien seine Gedanken erraten zu haben.
»Ich finde den Berg ziemlich bedrohlich. Eines Tages wird ein Felsrutsch Alans Haus unter sich begraben. Aber wenn ich das Alan sage, hat er nur ein Schulterzucken dafür übrig. So, da wären wir…«
Marler stieg aus und hängte sich die Golftasche, in der sich sein Armalite-Gewehr verbarg, über die Schulter. Das Dartmoor war eine abgeschiedene Gegend und Marler hatte nur allzu gut im Gedächtnis, was Paula in der Nähe von Gargoyle Towers zugestoßen war.
Burgoynes Haus bestand aus demselben Stein wie die Gebäude im Dorf, war aber größer als die meisten anderen. Im Garten davor wucherte üppig blühender Stechginster. Coral, die ebenfalls aus dem Wagen gestiegen war, blickte auf das Haus und erstarrte.
»Die Tür steht halb offen«, sagte sie. »Das ist sehr ungewöhnlich, Alan hat sie nämlich immer zu, auch wenn er im Haus ist. Er ist sehr sicherheitsbewusst.«
»Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
»Vor zwei Monaten. Er ist viel unterwegs. Das hat er sich bei der Armee so angewöhnt.«
»Ich schlage vor, Sie bleiben hier, während ich mich einmal umsehe.«
»Würden Sie das tun? Die Sache kommt mir wirklich seltsam vor…«
Marler blickte hinauf zum Gipfel des Tor, auf dem er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrgenommen hatte. Ein steiler Pfad wand sich den Berg hinauf. Nirgends war jemand zu sehen. Marler griff unter seinen Anorak nach der kleinen 6,35-mm-Beretta-Selbstladepistole, die in seinem Hosenbund steckte. Dann ging er zu dem Haus und öffnete mit dem Fuß die Tür, bis sie an die Wand schlug und er sich sicher sein konnte, dass sich niemand dahinter versteckte. Marler lauschte ins Innere des Hauses hinein. Es war still. Kein Knarzen einer Fußbodendiele. Nichts.
Langsam betrat Marler das große Wohnzimmer, das mit einem hölzernen Tisch und ein paar Stühlen bescheiden möbliert war. Zu beiden Seiten eines offenen Kamins standen zwei mit Chintz bezogene Lehnsessel, und an einer Wand des Raumes sah Marler ein vom Boden bis zur Decke reichendes Bücherregal. Daneben befanden sich eine hölzerne, hinauf in den ersten Stock führende Wendeltreppe und eine offen stehende Tür, durch die man in die Küche gelangte.
Als Marler einen Blick in die leere Küche warf, sah er eine Hintertür, die ins Freie führte und ebenfalls halb offen stand. Er trat an eines der Fenster und bückte hinaus. Der hintere Teil des Gartens ging nach ein paar Metern ins Moor über, aus dem bedrohlich der Tor aufragte. Auch hier war kein Mensch zu sehen.
Nachdem Marler die Wendeltreppe nach oben gestiegen war und dort die zwei Schlafzimmer, die Dusche und die Toilette inspiziert hatte, ging er wieder nach unten und sah, dass Coral in der offenen Vordertür stand.
Sie hatte einen Knüppel in der Hand, den sie offenbar in ihrem Wagen gehabt hatte.
»Alles in Ordnung, Mr. Miller?«
»Ich befürchte, dass hier eingebrochen wurde. Jemand muss das Schloss an der Vordertür gewaltsam geöffnet haben. Das sieht man an den Kratzern rings um das Schloss. Kommen Sie herein und sehen Sie sich um. Können Sie feststellen, ob etwas fehlt?«
Coral ging ins Wohnzimmer und öffnete eine Schublade im Tisch. Marler beobachtete sie dabei und war ganz angetan von ihr. Wenn sie nicht mit Burgoyne befreundet gewesen wäre, hätte er sie liebend gern nach London zum Abendessen eingeladen. Coral trat in die Küche, wo Marler die Hintertür mit dem Ellenbogen geschlossen hatte. Seit langem hatte er sich angewöhnt, an einem möglichen Tatort keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Kurz darauf hörte Marler einen Schrei.
»Verdammt. Jemand hat Alans Foto mitgenommen!«
»Wo war es?«, fragte Marler, während er Coral in die Küche folgte.
»Hier auf dem Regal. In einem silbernen Rahmen. Alan ist wie ich: Er mag es nicht, wenn er fotografiert wird. Aber ich habe trotzdem einen Schnappschuss von ihm gemacht und ihn ihm in einem Silberrahmen geschenkt. Er hat ihn dort ins Regal gestellt und meinte, da hätte er etwas Nettes zum Anschauen, wenn er sich sein Essen macht.«
»Schade, dass das Bild weg ist.«
»Und die alte Ausgabe der
Daily Nation,
in der ein Foto von Alan abgedruckt war, fehlt auch. Der Dieb hat darin wohl den
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