Teufelsflut
Krempe, die tief ins Gesicht gezogen war. Ich rief etwas hinauf, und er zischte ‹Danke schön‹ zurück, ohne sich umzudrehen.«
»Ich möchte gern das Zimmer sehen«, wiederholte Tweed. »Der Möbelwagen ist gerade mit einem Drehstuhl weggefahren. Was war sonst noch von dem Mieter in dem Raum?«
»Nichts. Der Stuhl ist gestern spätabends gebracht worden. Wozu, weiß ich nicht. Ich vermiete das Zimmer nämlich immer möbliert. Die Tür steht noch offen, und ich habe keine Lust, noch mal die Treppe hinaufzusteigen. Hier ist der Schlüssel. Schließen Sie ab, wenn Sie fertig sind.«
»Ist sonst noch jemand oben?«
»Ich habe doch gerade gesagt, dass er ausgezogen ist.«
»Ich meine auch nicht sein Zimmer, sondern die anderen. Sind die denn nicht vermietet?«
»Doch. Aber die Mieter sind alle in der Arbeit. Normale Menschen müssen arbeiten, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Aber ihr Polizisten könnt das ja nicht wissen, ihr liegt ja den ganzen Tag auf der faulen Haut.«
Tweed zuckte mit den Achseln. Burgoyne ging als Erster hinauf, dicht gefolgt von Newman. Sobald sie um die Ecke waren und die unfreundliche Alte sie nicht mehr sehen konnte, zogen die beiden Männer ihre Waffen. Tweed folgte als Nächster und hielt Paula zurück, sodass diese wohl oder übel die Nachhut bilden musste.
Die Treppe, auf der ein mottenzerfressener Teppich lag, war ziemlich schmal, ebenso die Treppenabsätze auf den einzelnen Stockwerken.
Oberhalb der zweiten Etage gab es keinen Teppich mehr. Ganz oben sahen Newman und Burgoyne eine weit offen stehende Tür. Mit erhobenem Revolver ging Burgoyne auf sie zu, warf einen Blick ins Zimmer und trat dann ein.
»Nicht viel zu sehen hier«, sagte Newman. »Nur ein paar Möbel, die höchstens noch als Feuerholz taugen.«
Paula fand, dass die Beschreibung ziemlich zutreffend war. Mit ihrem behandschuhten Finger fuhr sie über eine verstaubte alte Kommode mit mehreren Schubladen, die an einer der Wände stand. Das Zimmer selbst war klein und länglich. An der Wand mit dem seit langem nicht mehr geputzten Fenster stand ein hölzerner Tisch mit einem Korbstuhl davor.
»Wo führt diese Tür wohl hin?«, sagte Paula und deutete auf die Wand gegenüber.
»Das werden wir gleich sehen«, sagte Burgoyne.
Nachdem er die Tür vorsichtig geöffnet hatte, drang ein unangenehmer, latrinenartiger Geruch in den kleinen Raum. Burgoyne verschwand in der Tür und kam kurz darauf mit gerümpfter Nase wieder zurück.
»Ein Badezimmer mit Klo und verrosteter Dusche. Wenn man drinnen ist, kann man kaum die Tür schließen, so eng ist es.«
»Sehen Sie mal, da ist ein Wandbett«, sagte Newman und trat an die Vorrichtung, um sie herunterzuklappen.
»Vorsichtig«, sagte Burgoyne. »Da könnte eine Leiche drin liegen.«
Paula zuckte innerlich zusammen, ließ es sich aber nicht anmerken.
Nachdem Newman das Wandbett heruntergezogen hatte, nahm es einen großen Teil des kleinen Zimmers ein. Über dem Bettzeug lag eine fleckige Tagesdecke.
»Sieht nicht so aus, als wäre das Bett in letzter Zeit benutzt worden«, bemerkte Tweed. Er setzte sich auf den Korbstuhl vor dem Tisch. Der Stuhl wackelte, weil eines seiner Beine kürzer war als die drei anderen.
»Verdammt«, sagte Tweed leise.
»Kein Problem«, sagte Paula. »Lassen Sie mich nur machen. Stehen Sie bitte auf.«
Paula nahm ein Notizbuch aus ihrer Schultertasche, riss ein paar unbeschriebene Blätter heraus und legte sie zusammengefaltet unter das zu kurze Bein. Als Tweed sich wieder setzte, hatte der Stuhl einen festen Stand.
»Vielen Dank«, sagte Tweed.
Nun begann er mit einer seltsamen Pantomime, von der Paula nicht wusste, was sie zu bedeuten hatte. Fasziniert beobachtete sie, wie Tweed die rechte Hand zur Faust ballte und an den Mund führte, als spräche er hinein, während er die linke Hand über die Tischfläche hielt und so tat, als würde er an einem Schalter drehen.
»Was machen Sie denn da?«, fragte Burgoyne.
»Ich demonstriere Ihnen, wozu Goslar dieses Zimmer gebraucht hat.
Meine rechte Hand stellt einen hochmodernen Stimmverzerrer dar, während ich mit der linken den Aufnahmepegel eines Kassettenrecorders einstelle. Sehen Sie den länglichen Abdruck im Staub auf der Tischplatte? Da muss der Recorder gestanden haben. Goslar hat dieses Zimmer benutzt, um seine elektronisch verzerrten Botschaften aufzunehmen. Wie viele, das kann ich nicht sagen. Danach hat er alles abholen lassen, Inklusive der Kassette oder der Kassetten.
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