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Teufelsfrucht

Teufelsfrucht

Titel: Teufelsfrucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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aus seiner Lehrzeit kannte.
    Wann war Boudier hier gewesen? Anhand des Zustands der Zutaten musste sich das relativ leicht feststellen lassen. Kieffer machte einen Schritt auf den Posten zu, als es hinter ihm laut und vernehmlich knackte. Das Geräusch hatte metallisch geklungen und war wohl von außen hereingedrungen. Plötzlich hörte er Türquietschen. Die Hintertür. Jemand musste das rostige Schloss aufgebrochen haben.
    Kieffer rannte zur Küchentür und presste sein Ohr gegen das Metall. Er meinte, Schritte zu hören. Schnell löschte er das Licht; möglicherweise konnte man den hellen Schein durch den Türspalt sehen.
    »Lass uns zuerst oben nachsehen.«
    »Gilbert, du bist ein Idiot. Immer erst das Erdgeschoss sichern. Ich dachte, du warst mal bei den Legionären, was haben die euch da eigentlich beigebr…«
    »Ist ja gut, du hast recht. Aber hier unten ist bestimmt nichts.«
    Kieffer spürte, wie sich seine Beine in Gelee verwandelten. Es gab nur einen Ausgang aus der Küche – und er hatte den Schlüssel außen stecken lassen. Er musste die Tür folglich öffnen, um von innen abschließen zu können. Er hatte die Klinke bereits heruntergedrückt, als er sich an das hässliche Quietschen erinnerte, das die metallenen Scharniere vorhin von sich gegeben hatten. Er ließ die Klinke wieder los, rannte zu Boudiers mise en place und tastete im Dunkeln nach den Flaschen. Erste Flasche – Riesling. Zweite – Wermut. Dritte – Côtes du Rhône. Vierte – vierge extra. Er griff nach dem Olivenöl und ging zurück zur Tür. Rasch kippte er aus der metallenen Tülle etwas davon über das obere Scharnier, dann über das untere. Es musste einfach klappen.
    Als er die Tür einen Spalt öffnete, ächzten die Scharniere trotz der Behandlung mit dem provenzalischen Olivenöl leicht, doch die beiden Männer im Erdgeschoss schienen nichts davon mitzubekommen. Rasch nahm er den Schlüssel an sich, schloss die Tür wieder, sperrte sie von innen zu und zog den Schlüssel ab. Schwer atmend stand Kieffer hinter der Küchentür und überlegte, ob er sich irgendwo verstecken könnte. Vielleicht gelänge es ihm, sich in einen der Schränke zu zwängen? Kein gutes Versteck. Irgendwie hatte er eine Ahnung, dass die beiden Männer im Erdgeschoss keine normalen Einbrecher waren. Sie würden das ganze Haus systematisch auseinandernehmen und in jeden Schrank, in jede Schublade schauen. Er saß in der Falle.
    Kieffer wischte sich den Schweiß von der Stirn. Nachdem er einige Minuten in der stockfinsteren Küche herumgetapst war, fand er ein Feuerzeug, mit dem er seine Kerze wieder anzünden konnte. Die Deckenbeleuchtung ließ er vorsichtshalber ausgeschaltet. Dass man den fahlen Schein der Kerze draußen nicht wahrnehmen würde, dessen war sich Kieffer relativ sicher. Und selbst wenn – er hatte ohnehin keine Wahl. Wenn er noch länger imDunkeln herumsaß, würde er hier auf keinen Fall rauskommen.
    Plötzlich hörte er ein Knarren. Die Treppe ächzte unter den Schritten der beiden Männer. Kieffer löschte nun doch die Kerze. Kurz darauf hörte er, wie jemand die Klinke betätigte. Unter der Tür schien Licht hindurch.
    »Sie ist verschlossen.«
    »Tritt sie halt ein.«
    »Vergiss es, das ist eine Brandschutztür. Hol das Stemmeisen. Ich warte hier.«
    »Verdammt, Gilbert. Jeder Pfadfinder kann das besser. Ich hole das Eisen, du gehst nach unten und sicherst.«
    »Reg dich ab. Das ist ein Scheißbauernhaus, nicht der verdammte Kongo!«
    »Das war ein Befehl, Gilbert«, zischte die andere Stimme. »Wenn du nicht augenblicklich …«
    »Jawohl, Chef.«
    Kieffer hörte die beiden Männer die Treppe wieder hinuntersteigen. Ihm blieben vielleicht zwei, drei Minuten. Er entzündete erneut seine Kerze und ging auf den Herd zu. Theoretisch musste es möglich sein, durch den Dunstabzug auf das Dach zu gelangen. Der Abzug befand sich mittig über der Küchenzeile. Hier liefen vier kleinere Abzugsrohre zusammen und vereinten sich zu einem etwa einen Meter messenden, quadratischen Schacht, der senkrecht nach oben führte. Er hatte als Lehrling mehrfach den unteren Teil solcher Ventilationsschächte säubern müssen und wusste, dass es darin in der Regel eine kleine Stiege gab, über die man weiter nach oben gelangen konnte.
    Als er auf den Herd kletterte, fiel sein Blick nochmals auf die mise en place. Kieffer stutzte. Im blassen Scheindes Kerzenlichts nahm er lediglich die Umrisse der Schalen und Schüsseln wahr, doch irgendetwas veranlasste

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