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Teufelsfrucht

Teufelsfrucht

Titel: Teufelsfrucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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sich an die Arbeit.

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    11
    Vatanen schaute ihn erstaunt an, als er gegen Mittag Kieffers Restaurant betrat. »Es kommt nicht oft vor, dass du mich zum Lunch in deinem Restaurant einlädst. Eigentlich nie. Was ist der Anlass? Feierst du deinen Freispruch? Oder hat dir der Gabin einen Stern verliehen?«
    Kieffer schüttelte den Kopf. »Weder noch – ich war bei Boudier, Pekka.«
    »Das ist der Sternekoch, bei dem du gelernt hast, richtig? Der tyrannische Franzose?«
    »Genau. Ihm ist möglicherweise etwas zugestoßen, genau wie Ricard. Ich weiß nicht, ob Boudier noch am Leben ist. Und ich glaube, dass die ganze Geschichte hiermit zu tun hat.«
    Kieffer deutete auf einen Tisch, der für zwei Personen eingedeckt war. Der Restaurantbesitzer hatte bereits eine Flasche Pinot Noir dekantiert – Coteaux de Schengen, 1995, einen von Vatanens Lieblingsweinen. In der Mitte des Tisches stand eine Suppenterrine.
    »Wir haben den Laden ganz für uns«, erklärte Kieffer. »Ich hatte die Polizei auf dem Anrufbeantworter. Erst ab Donnerstag darf ich wieder öffnen.«
    »Was gibt es denn?«, fragte Vatanen und musterte voller Argwohn die Terrine. »Doch nicht etwa diese fettige Luxemburger Bohnensuppe?«
    »Sie heißt Bouneschlupp, ist eine Delikatesse – und sie als fettig zu bezeichnen, ist eine Frechheit. Nein, das hier ist eine Gemüsecreme. Setz dich, den Hauptgang bringe ich später.«
    Vatanen tat, wie ihm geheißen, und griff zum Dekanter. »Dieser Spätburgunder kommt mir äußerst gelegen. Ich habe nämlich nachher eine Telefonkonferenz mit der GD 4.« Als er merkte, dass Kieffer ihn verständnislos anschaute, fügte er hinzu: »Europäische Kommission, Generaldirektion Landwirtschaft, Abteilung C5. Die befassen sich mit der Normierung von Nüssen, heute geht es um Erdbeeren. Da muss vermutlich nachnormiert werden.«
    »Wieso das?«
    »Stichproben in Supermärkten haben eine unerfreulich hohe Varianz beim Umfang des erweiterten Blütenbodens, vulgo Fruchtfleisch, zutage gefördert. Das geht natürlich nicht.«
    »Warum nicht?«, wandte Kieffer ein. »Schmecken die Beeren dann nicht?«
    »Die Erdbeeren schmecken bestimmt vorzüglich, aber darum geht es ja nicht. Wo kommen wir hin, wenn jeder Bauerntölpel in Spanien oder Holland einfach Früchtchen mit x-beliebigem Durchmesser produziert? Dafür gibt’s schließlich europäische Richtlinien. Nun muss entschieden werden, ob man die fraglichen Länder verwarnt, oder ob man stattdessen laxere Normierungen des Erdbeerumfangs festschreibt. Politisch eine recht heikle Frage.«
    »Aber wenn es um Erdbeeren geht – was genau hat dann eure Nussknacker-Abteilung damit zu schaffen?«
    »Man merkt, dass du keine Ahnung von Karpologie hast. Erdbeeren sind Scheinbeeren, eigentlich handelt es sich um Nüsse, botanisch betrachtet. Aber was ich eigentlich sagen wollte: Der chef d’unité, also gewissermaßen die Obernuss, ist ein griechischer Olivenbauer – niemand weiß, wie er an den Posten gekommen ist. Er spricht fast kein Englisch und weiß überhaupt nichts über Erdbeeren oder gar von supranationaler Gesetzgebung. Das wird ihn jedoch nicht davon abhalten, nachher mehrere Stunden lang auf uns einzureden. Der Spätburgunder macht mir diese Aussicht deutlich erträglicher. Aber jetzt Schluss mit diesem Brüsseler Ausschuss-Quatsch. Erzähl von Boudier. Ich fange unterdessen schon mal an zu essen, sonst wird unsere Suppe kalt.«
    »Sie ist schon kalt. Es ist Vichyssoise.«
    »Wie überaus praktisch. Dann kann sie ja warten.«
    Kieffer erzählte seinem Freund im Schnelldurchlauf, was er erfahren hatte. Er berichtete von der reizenden Madame Gabin und davon, dass der Restaurantkritiker Ricard vor seinem Hinschied im »Deux Eglises« zuletzt in Boudiers Restaurant gesichtet worden war. Er erzählte von dem abgebrannten »Renard Noir«, dem Einbruch im Fuchsbau und seiner überhasteten Rückreise.
    »Interessant, mein Lieber. Ob dir diese ganze Aufregung bekommt, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Ich vermute eher nicht. Du siehst fürchterlich aus.«
    »Vielen Dank, Pekka.«
    »Und trotzdem bist du, wenn ich das richtig sehe, nicht viel schlauer als vorher, hast aber zwei mysteriöse Tupperdosen erbeutet. Was war da drin?«
    »Eine Art Frucht. Es ist schwer zu erklären … nimm dir von der Suppe, dann wirst du es verstehen.«
    Vatanen füllte etwas von der cremigen weißlichen Suppe in seinen Teller und probierte. Der Finne schmatzte vernehmlich. Kieffer wusste sofort,

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