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Teufelsfrucht

Teufelsfrucht

Titel: Teufelsfrucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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ihn, nochmals zu Boudiers Posten zurückzugehen. Dort standen zwölf Edelstahlbehälter und sieben Tupperboxen.
    Sieben. Nicht sechs.
    Er hörte Schritte. Kieffer öffnete die Schublade des Kühlfachs, das unter dem Arbeitsplatz angebracht war.
    Neun Fondboxen. Nicht acht.
    Nun fiel ihm auf, dass eine der Tupperschüsseln sowie ein Fondbehälter mit Deckeln in einer anderen Farbe verschlossen waren. Sie gehörten eindeutig nicht zu Boudiers mise en place.
    Sie kamen die Treppe herauf. Kieffer griff nach dem andersfarbigen Fondbehälter sowie der Tupperbox, kletterte keuchend auf den Herd und löste die Flügelschrauben des Abzugsgitters. Er hörte, wie sich die Männer an der Küchentür zu schaffen machten. Kieffer öffnete die Luke und löschte die Kerze. Dunkelheit umfing ihn.

[Menü]
    10
    Schweißgebadet und am ganzen Körper zitternd öffnete Kieffer die Tür seines Pensionszimmers. Er fiel mehr über die Türschwelle, als dass er hinüberschritt, und er musste sich an der Kommode festhalten, so sehr taumelte er. Nachdem er sich aufs Bett gesetzt und eine Zigarette geraucht hatte, fühlte er sich etwas ruhiger. Erst jetzt wurde er der Erscheinung gewahr, die ihn aus dem großen Ankleidespiegel gegenüber dem Bett anglotzte.
    War das wirklich er? Er sah aus wie einer jener weißen Schauspieler aus alten amerikanischen Stummfilmen, die einen Schwarzen mimten. Das Gesicht und die Hände waren mit einer zähen, melasseartigen Substanz bedeckt – jener Mischung aus Ruß, Öl und verbrannten Fetten, die sich nach Jahrzehnten täglichen Kochens in einem Küchenabzug ansammelt. Die schulterlangen blonden Haare waren verklebt, seine Sachen hatten die gleiche braun-schwärzliche Färbung wie sein Gesicht. Er befürchtete, dass die cremefarbenen Sitzbezüge seines Leihwagens nicht viel besser aussahen.
    Während Kieffer ausgiebig duschte, dachte er nach. Sollte er die Polizei rufen? Er entschied sich dagegen.Weder wollte er den Beamten erklären, warum er in Boudiers Allerheiligstes eingebrochen war, noch konnte er die Geschichte mit den bewaffneten Häschern beweisen. Wessen Leute waren das gewesen? Hatten sie Boudier gesucht? Ein wagemutigerer Mensch als er hätte nach der Flucht durch den Kamin auf dem Dach ausgeharrt, hätte sich das Autokennzeichen der Männer notiert, hätte sich gemerkt, wie sie aussahen. Kieffer hingegen war hastig die Regenrinne hinabgeklettert und gerannt, so schnell er konnte, den ganzen Weg bis zu seinem Auto, um dann mit stark überhöhter Geschwindigkeit die dunkle Route Nationale entlangzubrausen.
    Es musste nun etwa vier Uhr morgens sein. Kieffer war begierig darauf, die beiden Boxen in Augenschein zu nehmen, die er aus dem Fuchsbau hatte mitgehen lassen. War Boudier wegen ihres Inhalts etwas zugestoßen? Er würde das Zeug untersuchen, aber dazu benötigte er eine Küche. Seine Küche. Kieffer legte eine Notiz auf den Nachttisch, in der er dem Besitzer der Pension seine überhastete Abreise mit einer dringlichen familiären Angelegenheit erklärte. Unter den Zettel legte er einen 100-Euro-Schein.
    Dann ging er vors Haus, warf seine Tasche auf die Rückbank des Mercedes und fuhr los. An der ersten Nachttankstelle kaufte er eine Kühltasche und zwei Beutel Eis. Kieffer wusste nicht, wie lange sich Boudiers mysteriöse Zutaten bereits in der Küche des Fuchsbaus befunden hatten. Doch er bezweifelte, dass sie bei Zimmertemperatur allzu lange haltbar waren.
    Nachdem er die Eiswürfel in die Kühltasche gefüllt hatte, warf er einen Blick auf die kleinen Boxen. In dem Blechgefäß aus der Fondsschublade befand sich ein gelblicher Brei, der ihn entfernt an Crème brûlée erinnerte. Die Masse war in der Schublade die ganze Zeit gekühlt worden und sah noch recht ansehnlich aus. Kieffer öffnete die Tupperdose. Darin lag etwas, das auf den ersten Blick wie in kleine Würfel geschnittene Mango aussah. Der Inhalt befand sich in einem deutlich schlechteren Zustand, da die Box bei Zimmertemperatur auf der Anrichte gestanden hatte. Unter den Würfelchen lagen einige größere Stücke, die noch in etwas besserer Verfassung zu sein schienen. Kieffer verschloss beide Behälter, legte sie auf das Eis und versiegelte die Kühltasche. Dann stieg er wieder in den Mercedes. Bis Luxemburg-Stadt waren es rund 200 Kilometer. Die Straße war noch wie leer gefegt, und Kieffer schaffte die Strecke in 90 Minuten. Kurz nach sechs schloss er die Tür des »Deux Eglises« auf, stieg die Küchentreppe hinauf und machte

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