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Teufelsfrucht

Teufelsfrucht

Titel: Teufelsfrucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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neureicher Russe und …«
    »Boudier, Leo! Boudier!«
    »Sí, also: Du kannst Keitel das Zeug einfach abkaufen. Aber da Boudier achuchado war, pleite, habe ich ihm geholfen, in Keitels Spezialprogramm zu kommen.«
    »Wie funktioniert das?«
    »Keitel hat regelmäßig neuartige Zutaten, und die gibt er mehreren Küchenchefs, umsonst. So findet er raus, was essbar ist und was gut ankommt – und welche vonseinen Sachen Schweinefutter sind. Gleichzeitig hat er einen Deal mit einem großen Nahrungsmittelproduzenten.«
    »Mit welchem?«
    »No sé! Weiß nicht. Aber die testen seine, was haben wir gesagt, polynesischen Schnickschnack-Bohnen, überlegen sich, wie man das Zeug verkaufen kann – als Health-Food oder was weiß ich.«
    »Ich verstehe jetzt aber nicht ganz, wozu sie dafür Sterneköche wie Boudier brauchen. Die haben doch bestimmt eigene Köche und Testküchen, wo sie das Zeug überprüfen können.«
    Esteban schüttelte den Kopf. »Du verstehst nichts von Publicity, ché. Wenn der Food-Konzern sieht, dass eines von Keitels Früchtchen vermarktbar ist, dann passiert Folgendes: erst begeisterte Berichte in der Presse über dieses neue Trendfood, auf das immer mehr Sterneköche abfahren. Das ist der Ritterschlag.«
    »Der Ritterschlag?«
    »Sí! So adelt man das Produkt. Und dann, seguidamente, bringen sie in der Klatschpresse ein paar Sachen. Madonna schwört auf die Schnickschnack-Bohnen, weil die jung halten, geil machen, so was in der Richtung. Und dann fangen die Verbraucher an nachzufragen, wo man denn diese tollen Bohnen kaufen kann. Und kurz danach stehen sie in jedem supermercado.« Esteban grinste. »100 Gramm zu 17,99 das Päckchen. So funktioniert das.«
    »Kannst du mir Keitels Nummer geben?«
    »Sí, ich maile sie dir. Wie lautet deine Adresse?« Esteban nahm einen Blackberry aus der Tasche und tippte darauf herum. »Erledigt.« Das Taxi befand sich inzwischen nur noch wenige Hundert Meter vom Flughafen entfernt. »So, und jetzt muss ich los«, sagte Esteban, als der Fahrer vor dem Check-in hielt.
    »Hör zu, ché, wir sollten was drehen. Juntos, wir zusammen! Ich habe ein neues TV -Showkonzept, da würdest du perfekt reinpassen. Ist ein Küchenquartett, uns fehlt noch der comic relief character, ein kauziger Koch, tölpelhaft, grobschrotig. Na, du weißt schon. Lass uns telefonieren, sí?«
    Dann war der Pampa-Prinz verschwunden. Das Taxameter zeigte 118 Euro an, der Fahrer schaute erwartungsvoll. »Meine 200 krieg ich jetzt aber schon, oder?«

[Menü]
    17
    Auf dem Rückweg vom Flughafen zum Hotel geriet Kieffer in den Berufsverkehr und benötigte geschlagene zwei Stunden sowie weitere 130 Euro, bis er wieder vor seinem Peugeot stand. Übel gelaunt setzte er sich in seinen Wagen und fuhr zurück nach Luxemburg.
    Es war bereits später Nachmittag. Er würde zunächst ins Restaurant fahren und dort nach dem Rechten sehen. Nachdem die Spurensicherung der Luxemburger Polizei abgezogen war, hatte Kieffer zunächst überlegt, das »Eglises« für einige Wochen zu schließen. Dann hatte er jedoch in seinem Kopf überschlagsweise ausgerechnet, wie viele Tausend Euro Umsatz ihn das kosten würde, und die Idee rasch wieder fallen gelassen. Auch wegen des Wetters. Es war ein warmer, sommerlicher September, der schönste seit vielen Jahren, soweit Kieffer sich erinnern konnte. Mit etwas Glück würde auf den milden September ein goldener Oktober folgen. In Luxemburg waren die Abende zu dieser Jahreszeit ohnehin ausgesprochen lau, und die Menschen saßen gerne bis Mitternacht draußen, tranken Moselwein und aßen Deftiges – Kachkéis, Wäinzoossiss mat Moschterzooss oder HaartEeër mat wäisser Zooss . Bei gutem Wetter würden die »Zwou Kierchen« so viel verdienen, dass schon Ende Oktober der geplante Jahresumsatz zusammen sein könnte.
    Deshalb hatte Kieffer Claudine offiziell zu seinem Souschef ernannt. Eigentlich hatte er mit dieser Beförderung noch bis zum kommenden Jahr warten wollen, aber nun brauchte er die Unterstützung sofort. Claudine war seitdem überglücklich und voller Tatendrang. Dabei hatte der Titel im Tagesgeschäft kaum etwas zu bedeuten – er war eher wie einer jener goldenen Litzen, die man beim Militär mitunter an die Uniform gesteckt bekommt, ohne dass dies spürbare Auswirkungen hat. In einem so kleinen Restaurant war Rang kaum von Bedeutung. Außer Claudine und Kieffer gab es lediglich noch zwei commis de cuisine und einen spongeur – wahrlich keine beeindruckende

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