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Teufelsfrucht

Teufelsfrucht

Titel: Teufelsfrucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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sagte: »Jetzt haben wir ja schon fast eine geschlagene Stunde geplaudert. Madre de dios! Ich muss zum Flughafen, und zwar inmediatamente. Du kommst mit mir, wir reden im Auto weiter.«
    Während er dies kundtat, war Esteban bereits an seinem Gesprächspartner vorbeigeeilt und ging mit langen Schritten zum Lift. Kieffer folgte ihm.
    Esteban drückte den Liftbutton. »Boudier war im Arsch, ché. Er war rendido, total ausgelaugt.« In der Lobby stand eine Assistentin, die Esteban einen Mantel und einen kleinen Koffer aushändigte. Vor der Tür wartete bereits ein Taxi.
    Während sie einstiegen, blaffte Esteban den Fahrer an. »Zum Flughafen Frankfurt-Hahn. In 50 Minuten sind wir dort, dann geb ich dir 200 Euro. Wenn nicht, kriegst du in diesem Hotel nie wieder eine Fuhre!«
    Dann wandte er sich Kieffer zu. »Was ich meine, ist, er war nicht nur körperlich hinüber, das ist bei Sterneköchen Mitte fünfzig ja normal, sí? Sein Laden lief auch nicht mehr, war im Sturzflug. Boudier hatte ein neues Konzept, wollte frischen Wind reinbringen, hatte aber nicht mehr viel Zeit. Die Hypotheken erdrückten ihn, die Banken saßen ihm im Nacken. Ihm drohte alles um die Ohren zu fliegen.«
    Esteban kramte eine Packung Davidoff aus seiner Manteltasche und zündete sich eine an.
    »Das ist eigentlich ein Nichtrauchertaxi«, wandte der Fahrer kleinlaut ein.
    »Kauf dir einen Wunderbaum!«, bellte der Argentinier zurück. »Wo war ich?«
    »Du sagtest, unser gemeinsamer Lehrmeister habe sich finanziell in einer schwierigen Lage befunden.«
    »Sí, ché. War ziemlich muffig geworden, seine Küche. Er brauchte irgendwas mit ein bisschen … mit ein bisschen zazz, wie die Amis sagen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Na ja, un poco de … Schnickschnack. Wow-Faktor. Etwas Besonderes, worüber die Leute sprechen. Wie Bocuses Bresser Poularde in der Schweinsblase. WieJean Georges Vongerichtens foie gras brûlé. Wie mein Steak mit der Guaven-Aioli. Etwas, wo die Leute sagen: ›Wow, hast du gehört, was Boudier jetzt macht?‹ Etwas, das Essen im ›Renard‹ wieder zu einem Event gemacht hätte.«
    Kieffer schnaufte ärgerlich. »Was ist denn das für ein Quatsch? Herrgott, Leo, er hat zwei Sterne! Soll er bunte Schirmchen auf seine quenelles de brochet stecken? Oder den Hauptgang von nackten Nubierinnen servieren lassen? Wer hat ihm denn diesen blöden Ratschlag erteilt?«
    »Ich natürlich.«
    »Wieso du?«
    Esteban musterte Kieffer mit dem leidenden Blick eines großen Künstlers, dem gerade eine besonders schmerzhafte Kränkung widerfahren ist. »Wieso ich? Weil er mich gefragt hat! Falls es dir nicht aufgefallen sein sollte, ché gordo – Esteban hat verdammt viel Ahnung davon, wie man die Aufmerksamkeit der Medien und der Gastrokritiker auf sich zieht.«
    »Und sie gehörig einseift.« Kieffer merkte, wie er allmählich zornig wurde.
    Der Anwurf perlte an Esteban ab. »Genau. Und deshalb habe ich ihn mit diesem Keitel zusammengebracht, dem Foodscout.«
    »Nie gehört. Was für ein Scout?«
    »Claro, du kennst ihn nicht, er arbeitet nur mit A-Restaurants, und er ist sehr diskret. Keitel ist der hombre, den man anruft, wenn man Zutaten braucht, die sonst keiner hat. Der hat ein Netzwerk von Leuten, die seltene Früchte, Wurzeln, Beeren und so Zeug aufspüren. Und das verkauft er dann an Restaurantchefs.«
    »Jetzt wird mir einiges klar. Boudier hat mir mal etwas von diesem Zeug gezeigt. Irgendwelche Früchte.«
    »Sí , die waren vermutlich von Keitel. Son fenomenales! Du kannst mit dem Zeug für eine Riesenwelle sorgen, ché. Weil es sonst keiner hat. Wenn du nur bei, sagen wir, ›Varenne‹ in Toulouse diese ganz seltenen Krebse mit Schnickschnack-Bohnen aus Polynesien essen kannst, dann ist das muy exclusivo. Das ist etwas, wovon du deinen amigos erzählen kannst, das macht was her.«
    »Aber diese Zutaten sind doch bestimmt sehr teuer? Wie konnte sich Boudier so etwas leisten, wenn er finanzielle Probleme hatte?«
    »Konnte er nicht. Eigentlich. Aber die Sache läuft folgendermaßen – Moment, ich muss hier kurz eingreifen.« Esteban brüllte den Fahrer an, er solle gefälligst schneller fahren. Das Taxi schoss zwar schon mit 180 Stundenkilometer über die Autobahn, doch das reichte dem Argentinier anscheinend nicht.
    »Ich habe verdammt noch mal keine Lust, zu spät zu kommen. Wenn nämlich Hambichler die Küchenorganisation macht, dann fliegt uns alles um die Ohren. Er ist ein netter Kerl, Hambichler, aber er kokst wie ein

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