Teufelsherz (German Edition)
glotzten die beiden an. Sie waren es wohl gewohnt, Vampirella an Wills Seite zu sehen und nicht dieses blühende Leben. Auch Will lächelte, als er wie ein beschützender Bär neben Annie herging. Seine Augen waren zwar hinter der Brille verborgen, doch garantiert sahen auch diese im Moment glücklich aus. Vermutlich war er noch nicht so verliebt in sie wie sie in ihn, aber er hatte sie mit Sicherheit sehr gern. Das mit den tieferen Gefühlen war bestimmt nur eine Frage der Zeit, denn so wie die beiden händchenhaltend über den Parkplatz gingen, wirkten sie tatsächlich wie ein frisch verliebtes Paar. Es sah ganz so aus, als bewahrheitete sich ihre Vermutung: Annie tat Will mit ihrer ungezwungenen Fröhlichkeit tatsächlich gut. Er hatte das verdient.
Emily wandte den Blick ab und widmete sich wieder dem Blatt auf ihren Knien. Was könnte sie glücklicher machen, als ihren besten Freund glücklich zu sehen?
Mit größter Konzentration arbeitete sie an der Gestaltung der Berge, als ihr plötzlich der Block vor der Nase weggezogen wurde.
»Hey!«
»Hm.« Will hielt ihr Werk hoch und betrachtete es mit schiefem Mund, als wäre er der Kunstlehrer. »Bist wohl schon länger hier.«
»Der Bus kommt früh«, erwiderte sie, sprang auf und riss ihm den Block aus der Hand. Es war ohnehin Zeit, in den Unterricht zu gehen.
»Ich sagte doch, dass ich dich auch abholen kann.«
»Ich fahre gerne Bus.«
»Seit wann?«
»Immer schon. Du hast mich nur nie gelassen.« Sie wollte an ihm vorbeigehen, doch er stellte sich ihr frech in den Weg.
Wo hatte er denn Annie gelassen? War sie nicht eben noch da gewesen?
»Sag mal, bist du irgendwie sauer auf mich?« Ein spöttisches Lächeln spielte um seine Lippen, was so gar nicht zu seiner Frage passen wollte.
»Ich will nicht zu spät zum Unterricht kommen, Will.« Sie startete einen weiteren Versuch, doch diesmal legte er seine Hand auf ihre Schulter und hielt sie zurück. Er beugte sich zu ihr herunter und sah ihr tief in die Augen. Soweit sie das durch das dunkle Glas beurteilen konnte.
»Ich sagte, dass ich dich abholen kann«, wiederholte er langsam. »Du musst nicht mit dem Bus fahren.«
»Danke für das Angebot, aber …« Ich will nicht im Weg sein. Ich habe keine Lust, auf den Rücksitz verfrachtet zu werden und euch beim Turteln zuzusehen. Ich will nicht das fünfte Rad am Wagen sein und Mitleid erregen. »… ich fahre gerne mit dem Bus.«
Will richtete sich auf. »Wenn du meinst. Gehen wir zusammen rein?«
»Wieso nicht.« Emily lief an ihm vorbei und machte sich auf den Weg Richtung Klassenzimmer, während Will schweigend neben ihr herging.
»Hat dir Annie erzählt …«
»Ja.«
»Und?«
»Was, und?« Sie beschleunigte ihren Schritt, um endlich ins Warme zu kommen, doch Will konnte sie natürlich nicht abhängen.
»Was sagst du dazu?«
»Das geht mich nichts an.«
»Ich frage dich aber nach deiner Meinung.«
Jetzt blieb Emily seufzend stehen. »Meine Meinung?«, fragte sie und hob hilflos die Hände. »Meiner Meinung nach ist Annie wohl das netteste Mädchen, das du je in deine Nähe gelassen hast. Ich glaube, dass du zum ersten Mal Geschmack beweist. Trotzdem bin ich etwas überrascht und nicht so gut drauf. Zufrieden?« Sie ging weiter und öffnete die Eingangstür der Schule. Wohltuende Wärme strömte ihr entgegen.
»Ich weiß, ich hätte zuerst mit dir …«
»Nein, Will. Ich bin nicht deine Mutter.«
»Trotzdem. Wir reden sonst immer über alles, aber diesmal war es eher spontan und …«
Emily blieb wieder stehen und drehte sich zu ihm um. »Ihr passt toll zusammen«, sagte sie ehrlich und in einem versöhnlichen Tonfall. »Lass mich einfach manchmal etwas zickig sein, ja? Es hat nichts mit dir und Annie zu tun.«
»Womit … okay. Ich bin schon still.«
Es hatte mit diesem verfluchten Engel zu tun. Zu wissen, dass er immer da war, ärgerte sie maßlos. Einem Schutzengel konnte man nicht einfach aus dem Weg gehen wie einem Menschen. Bei jedem Warnschild, bei jedem Sicherheitshinweis musste sie an ihn denken. Sie konnte ja noch nicht einmal Wasser trinken, ohne zu fürchten – oder vielmehr zu hoffen –, dass es ihr ins Gesicht spritzte. Klar war es etwas ungewohnt, Will plötzlich an der Seite eines anderen Mädchens zu sehen, doch andererseits war es vielleicht ganz gut, dass er abgelenkt war und sie sich vollkommen auf das Ignorieren ihres unsichtbaren Begleiters konzentrieren konnte.
Irgendwann würde sie bestimmt vergessen, dass sie
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