Teufelsherz (German Edition)
dass Mandy sofort tot gewesen war, von Trümmern erschlagen, und dennoch hatte sie bis heute die heimliche Angst gehabt, sie wäre vielleicht qualvoll ertrunken, hätte auf Retter gehofft und wäre schließlich einsam ihren Verletzungen erlegen. Darum bedeutete ihr diese Gewissheit unglaublich viel.
»Danke«, hauchte sie, während sie immer noch ins Leere starrte. Wie gerne würde sie Will erzählen, dass Mandy im Himmel war, dass es wirklich einen Himmel gab. Doch das war unmöglich.
»Das ist auch der Grund, weshalb ich nicht zu dir konnte.«
Emily horchte auf. »Was?«, fragte sie. Irgendwie konnte sie ihm nicht folgen.
»Ich habe dir versprochen, mich um diese Sache zu kümmern. Aber … du warst so komisch. Du hast gar nicht mehr gelacht. Da dachte ich mir, ich heitere dich etwas auf.«
»Mit Gänseblümchen.« Bei der Erinnerung an letzten Sonntag und die Freude, die sie beim Anblick der Blumen empfunden hatte, musste sie wieder lächeln.
»Ja, nur leider war mein Ausbilder davon weniger begeistert. Er drohte damit, mich abzuziehen, und ich musste mir einiges von ihm anhören. Deswegen konnte ich in jener Nacht nicht zu dir.«
»Du warst überhaupt nicht da?« Emilys Stimme klang etwas schrill. Ihre Befürchtung, dass er sie vielleicht wegen Will nicht zu sich geholt hatte, löste sich in Luft auf. Sie war neben Will eingeschlafen, doch Damian wusste gar nichts davon. Er war nicht da gewesen! Er hatte sie und Will nicht beobachtet! Sollte sie erleichtert oder enttäuscht sein? So dumm es auch war, hatte sie doch ein wenig auf seine Eifersucht gehofft.
»Die folgenden Nächte verbrachte ich in der Schreibkammer. Es war nicht leicht, an die Unterlagen über deine Freundin zu gelangen. Und an dem Tag, an dem ich wieder zu dir wollte, wurde ich erneut von meinem Ausbilder gerügt, weil ich … – nun ja, du weißt schon – die Gänseblümchen habe fliegen lassen. Er hat mich bei meinem … er hat mich verpetzt, und es hat bis jetzt gedauert, bis ich Gott überreden konnte« – er nahm wieder ihre Hand, beugte sich vor und sah ihr tief in die Augen – »dich mir nicht wegzunehmen.«
Dich mir nicht wegzunehmen. Wie er das aussprach, so verzweifelt und drängend, als würde er sie in diesem Moment bitten, ihn nicht fortzuschicken. Ihr Herz schlug vor Freude einen Purzelbaum.
Seine Erklärungen klangen allesamt logisch. Es war überhaupt nicht seine Schuld gewesen. Er war nur in Schwierigkeiten geraten, weil er sie hatte aufmuntern wollen. Nur eines begriff sie nicht. »Wenn du vorhattest, mich in jener Nacht zu besuchen, wieso hast du dann die Blumen fliegen lassen? Du konntest dir doch denken, dass das Ärger gibt. Und außerdem wäre ich doch kurz darauf ohnehin eingeschlafen, und dann hätten wir uns sehen können.«
Damian ließ ihre Hand wieder los und sah sie mit leicht amüsiertem Blick an. »Dir entgeht auch nichts, was?«
»Selten.« Ohne dass sie etwas dagegen tun konnte, zogen sich ihre Mundwinkel immer weiter nach oben, bis sie über das ganze Gesicht grinste. Er hatte vorgehabt, zu ihr zu kommen, sich jedoch selbst alles verdorben. Weil sie von Will zum Ball eingeladen worden war!
Auch Damian lächelte plötzlich, und seine Augen bestätigten, dass sie recht hatte. Es war ein stilles und nicht ganz freiwilliges Eingeständnis, das keiner weiteren Worte bedurfte. Aber schnell wurde er wieder ernst.
»Ich will dich nicht anlügen, Emily«, holte er sie von ihrer Wolke herunter. »Ich habe wirklich darüber nachgedacht, ob ich überhaupt wiederkommen soll.«
Autsch!
»Du musst wissen, dass diese Sache, also das ganze Dasein als Schutzengel, sehr wichtig für mich ist.«
»Seit wann?«
Damian lachte etwas gezwungen. »Es handelt sich um eine Familienangelegenheit, und ich darf es nicht riskieren, diese Aufgabe zu vermasseln. Nun ja. Mit dir hier zu sein ist ein ziemlich großes Risiko.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich könnte alles verlieren.«
»Und doch bist du hier.«
»Ja … ich bin hier.«
Abermals blickten sie sich an – und von einem Moment auf den anderen wurde alles anders. Es war, als hörte die Welt um sie herum auf zu existieren und ließ nur sie beide übrig. Klar und deutlich stand es in seinen grünen Augen, so offensichtlich, als hätte er es ausgesprochen, und doch wagte Emily es nicht zu glauben.
Konnte das denn möglich sein? Er fühlte tatsächlich genauso wie sie!
Als hätte er an ihrem entgeisterten Ausdruck erkannt, dass sie mehr gesehen hatte, als ihm
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