Teufelsherz (German Edition)
bleiben. Doch ihr Misstrauen konnten seine lieben Worte nicht bannen, auch wenn er es offensichtlich versuchte. So unwiderstehlich, wie er dachte, war er dann auch wieder nicht. Nun gut – er war es schon, doch sie verfügte über ein großes Maß an Realitätssinn. Hatte sie nicht von sich behauptet, sie würde die erste Chance ergreifen und ihm einfach um den Hals fallen und nicht wie Annie erst mal diskutieren? Nun, sie hatte sich anscheinend getäuscht, denn so deutlich sie in seiner Gegenwart fühlte, dass seine Worte aufrichtig waren, so sicher spürte sie auch, dass er ihr etwas verheimlichte. Etwas Wichtiges.
»Die Zeit mit mir«, sagte sie und rückte – wenn auch widerwillig – von ihm ab. »Sie ist wichtiger als was?«
»Familiengeschichten.« Er zuckte mit den Schultern und lächelte, doch seine grünen Augen wirkten kalt. Sie erinnerten sie an den dunklen und eisigen Mondsee. »Vielleicht sollten wir da weitermachen, wo wir gestern aufgehört haben«, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu und wollte sie wieder an sich ziehen, doch Emily schlug seine Hand weg.
»Das glaubst du doch nicht wirklich, oder?« Sicherheitshalber ging sie noch einen Schritt zurück.
»Einen Versuch war es wert.«
»Erzähl mir von deiner Familie.«
»Für einen Kuss.« Es gelang ihm, sie am Handgelenk zu packen. Mit einem Ruck zog er sie zu sich, aber Emily drehte ihren Kopf weg, sodass seine Lippen ihre Wange berührten. »Jetzt hast du mich in der Hand, was?« Sein Atem strich über ihr Gesicht den Hals hinab.
Hatte sie sich jemals zuvor so gefühlt? Ihr Herz schlug so unregelmäßig, dass es jedem Kardiologen Sorge bereitet hätte. In der einen Sekunde blieb es fast stehen, und im nächsten Moment raste es, als wäre sie gerade die Kronberge hinaufgelaufen.
Er strich ihr Haar zurück, während er sie wieder mit diesem konzentrierten Blick ansah, als wäre sie tatsächlich etwas Besonderes, und im nächsten Moment spürte sie bereits seine Lippen an ihrem Hals. Ihre Nackenhaare stellten sich auf, als sie die leichte Berührung auf ihrer Haut spürte und ihn einatmen hörte.
»Das ist geschummelt«, flüsterte sie, unfähig, sich zu bewegen. Was hatte sie ihn eben noch fragen wollen?
Seine Finger glitten unter ihr Pyjama-Oberteil und schoben es ein Stück von der Schulter. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchströmte sie und mischte sich mit dem Adrenalin leise ansteigender Panik, als er ihr Schlüsselbein küsste und mit den Handknöcheln ihren Arm entlangstrich.
»Ich will dich behalten, Emily«, flüsterte er mit rauer Stimme in ihr Ohr, und noch ehe sie Zeit fand, sich über diese Worte zu wundern, lagen seine Lippen auf den ihren.
Überrascht riss Emily die Augen auf und blickte in das dunkle Grün, doch als er sie plötzlich näher an sich zog und den Kuss vertiefte, schloss sie ihre Augen genauso wie er und gab sich einfach nur diesem neuen Gefühl hin. Niemals zuvor war sie auf diese Weise geküsst worden. Als hinge ihrer beider Leben davon ab. Eine Sehnsucht, von der sie noch nicht einmal gewusst hatte, dass sie in ihr war, befreite sich und überschwemmte sie mit Glück und Traurigkeit zugleich, bis sie das Gefühl hatte, darin zu ertrinken. Ihre Knie zitterten, aber er hielt sie fest. Seine Umarmung wurde immer fester, und die anfängliche Zärtlichkeit wich einer beinahe verzweifelten Leidenschaft. Oder war es Wut?
Es kostete Emily enorme Überwindung, sich von ihm zu lösen. Mit sanfter Kraft drückte sie ihn weg und blickte in seine Augen, in denen alles stand, was sie eben gespürt hatte: Zärtlichkeit, Verzweiflung, Wut und Leidenschaft. Die Schwermut in ihrem Herzen wurde noch stärker. Sie würde ihn verlieren. Irgendetwas – sie wusste nicht, was es war – würde alles zerstören. Es war ihm deutlich anzumerken, und die Gewissheit schnürte ihr die Kehle zu. Denn er wusste, was es sein würde.
Mehrere Sekunden vergingen, in denen sie einander einfach nur ansahen. Beide verblüfft darüber, was die Augen des anderen offenbarten.
»Du bist noch da«, sagte er schließlich nach einem kurzen Räuspern und wirkte mit einem Mal wieder ganz fröhlich. Als hätte sich niemals Kummer wie ein Schatten über sein Gesicht gelegt.
»Ich bin noch da«, bestätigte Emily, wobei sie ihn immer noch fragend musterte. »Kein plötzliches Erwachen.«
»Darüber bin ich sehr froh.«
»Ich auch.«
Sein Mund verzog sich zu einem schiefen Lächeln. »Wir sollten aber kein Risiko eingehen«, meinte er
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