Teufelsherz (German Edition)
grinste sie wieder mit diesem schiefen Lächeln an. »Aber du könntest immer noch hier sein«, murmelte er unschuldig. »Und dann entgeht dir etwas.«
»Meinst du?« Emily sah an sich herunter und betrachtete nachdenklich das flauschige Flanell. Eigentlich war doch nichts dabei. Im Schwimmbad hätte sie noch viel weniger an. Also knöpfte sie mit einem resignierten Seufzen das Pyjama-Oberteil auf und ließ es zu Boden fallen. In ihrem Snoopy-Top mit den Spaghetti-Trägern bot sie zwar keinen besonders sexy Anblick, aber sie wollte hier ja auch nicht die Verführerin spielen. Sie war auf dem Weg in den Tod. Also zog sie auch noch die Hose aus und stand nun in der passenden Snoopy-Unterhose vor ihm.
»Also ehrlich, Emily.« Damian strich sich mit der Hand übers Kinn und ließ den Blick über sie gleiten. »Du kannst einen Mann ganz schummrig werden lassen.«
»Ach, sei doch still!« Sie rempelte ihn mit der Schulter an und ging an ihm vorbei an den Rand. Das Bild des türkisblauen Wassers verschwamm vor ihren Augen, und ihre Knie fühlten sich ganz weich an, wie aus Gummi. Damian ergriff ihre Hand.
»Bereit?«, fragte er, und etwas in seiner Stimme ließ sie aufblicken. Er klang ernst und drängend und nicht, wie sie fast befürchtet hatte, voller Vor- oder gar Schadenfreude.
Langsam drehte sie den Kopf zur Seite, aber als sie in sein Gesicht sah, begannen sämtliche Alarmglocken in ihr zu läuten. Er war ein Engel, aber die grünen Augen, die sie so durchdringend ansahen, hatten nichts Vertrauenerweckendes. Seine Mundwinkel hoben sich zu einem dämonischen Lächeln.
»Vertrau mir«, flüsterte er und bewirkte damit das genaue Gegenteil. Einige Momente lang ließ Emily ihren Blick noch auf seinen unheimlich leuchtenden Augen ruhen, ehe sie schließlich wieder nach unten blickte. Der Druck in ihrer Hand verstärkte sich. Emily atmete tief durch und versuchte das Pochen in ihrem Kopf zu ignorieren, genauso wie ihre innere Stimme, die sie panisch zur Flucht aufforderte.
»Eins – zwei – los!«
Ihr Verstand schaltete aus. Da war nur noch Adrenalin, das kochend durch ihre Adern schoss. Gleichzeitig mit Damian stieß sie sich ab und sprang ins Leere.
Im freien Fall ergriff sie ein Rausch der Freiheit, der die Angst in Vergessenheit geraten ließ. Sie spürte seinen eisernen Griff an ihrer Hand und ein wahnsinniges Kribbeln in ihrem Bauch, als die Geschwindigkeit des Sturzes ihr Tränen in die Augen trieb und ein kalter Wind an ihrer Kleidung und Haut riss. Sie atmete nicht und sah nur die graue Felswand in der Ferne, die verschwommen vor ihren Augen vorbeiflog. Es waren nur wenige Sekunden, ehe sie ins kühle Nass eintauchte.
Die plötzliche Kälte drückte ihren Brustkorb zusammen, und beinahe hätte Emily erschrocken Luft geholt. Doch als sie die Augen wieder öffnete und im glasklaren Wasser, das durch die goldenen Sonnenstrahlen hellblau leuchtete, Damian vor sich sah, verschwand die kurzzeitige Panik. Mit wenigen Schwimmzügen gelangte sie an die Oberfläche, holte gierig Luft und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Damian tauchte vor ihr auf und hob mit einem Jubelschrei die Faust in die Luft.
»Na?!«, rief er und ließ seinen Blick freudestrahlend über die Bucht schweifen. »War es die Überwindung wert?«
Emily blickte hoch und konnte nicht fassen, dass sie tatsächlich gesprungen war. Trotz ihrer Angst war sie in den Abgrund gesprungen. Und es war wundervoll.
Das kühle Wasser hüllte sie ein wie eine seidige Decke, und sie fühlte sich immer noch schwerelos wie während des Falls. Es war ihr nicht möglich, das Lächeln aus ihrem Gesicht zu bannen.
»Ja, das war es – ist es!« Sie drehte sich lachend im Kreis und schlug die Handflächen auf die Wasseroberfläche, sodass es wie perlende Diamanten hochspritzte. Um sie herum waren überall die schwindelerregend hohen Felsen. Es war wie eine eigene kleine Welt. »Ist das der Himmel?«, fragte sie mit vor Staunen und Freude weit aufgerissenen Augen und wandte sich Damian zu, der sie die ganze Zeit über lächelnd betrachtet hatte.
»Nicht ganz«, antwortete er und zog sie zu sich. Das dunkle Haar hing ihm nass in die Stirn, und seine Augen spiegelten die Helligkeit dieser funkelnden Welt wider, als er sie dicht an sich drückte. Emily spürte seine kalte Haut an ihrer und war froh, den Pyjama ausgezogen zu haben. Endlich durfte sie ihn nicht nur ansehen, sondern auch berühren, und als er sie küsste, kehrte der Rausch des Falls zurück.
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