Teufelsherz (German Edition)
wolltest es wissen«, sagte er und fing ihren Blick ein. »Es ist lange her, Emily. Belass es dabei.«
»Aber …« Sie konnte nicht glauben, was sie da gehört hatte. Wie furchtbar musste es sein, beide Elternteile auf solch eine Weise zu verlieren? »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Dann lass es. Wir haben nicht mehr viel Zeit, und ich will den Rest nicht mit Gedanken an meinen Vater verschwenden.«
»Was ist mit ihm? Wurde er bestraft? Wo ist er jetzt?«
»In der Hölle.« Die Gefühllosigkeit in seiner Stimme war beinahe noch schlimmer als der eben da gewesene Hass.
»In der Hölle?«, wiederholte sie schaudernd.
»Ja, aber im gemütlichen Teil.«
»Im …?«
»Die Hölle ist genauso wie der Himmel in unterschiedliche Ebenen geteilt«, erklärte er geduldig. »Das, was du unter der Hölle verstehst, ist in Wirklichkeit der Tartaros – der Ort der ewigen Qualen. Einzig der Herrscher der Unterwelt kann diese Ebene öffnen und wieder schließen. Dahin kommen die schlimmsten Seelen, die grausamsten. Das Böse dieser Seelen ist in der gesamten Unterwelt spürbar – so wie das Gute im ganzen Himmel.« Er zuckte mit den Schultern. »Jedenfalls ist das nicht der Ort, an dem sich Luzifer und die Todesengel aufhalten. Der ist mehr oder weniger … normal.«
»Und wo ist dein Vater dann?«
»Nicht im Tartaros – wo er hingehört.« Er sprang auf und zog sein T-Shirt über. »Mach dir keine Gedanken darüber«, sagte er, als er sich wieder zu ihr umdrehte. »Nicht mehr lange …«
Vor dem Fall
N icht mehr lange? Was sollte das denn schon wieder bedeuten? Und was war nur los, dass sie ständig im wichtigsten Moment aufwachen musste? Der Sprung von einer Klippe ließ sie nicht aufwachen, aber ein einfacher Satz konnte sie aus dem Schlaf hochschrecken lassen? Das war doch verrückt!
Ein dumpfer Knall neben ihr ließ sie zusammenfahren. Da war der Übeltäter! Der Vibrationsalarm hatte ihr Handy zu Boden fallen lassen. Wer rief denn um diese Uhrzeit an?
Mit einem unterdrückten Fluch warf Emily sich zur Seite und hob stöhnend das Handy auf. Der unerwünschte Anrufer in Abwesenheit war – wie könnte es anders sein – Will. Sofort drückte sie die Rückruftaste und lauschte ungeduldig auf das regelmäßige Tuten.
»Hattest du einen tödlichen Unfall?«, fragte sie statt einer Begrüßung. »Oder liegst du im Koma? Einen anderen Grund werde ich nicht für einen Anruf um diese Uhrzeit akzeptieren. Schon gar nicht an einem Sonntag, um Himmels willen!«
»Ähm … Emily?«
Beinahe wäre ihr das Handy aus der Hand gefallen. » Annie? «, fragte sie mit seltsam hoher Stimme zurück, die leicht als hysterisch gelten konnte.
Hatte sie die richtige Nummer gewählt? Hatte nicht »Will« auf dem Display gestanden? Was zur Hölle machte Annie bei ihm? Um diese Uhrzeit!
»Ja … Hey.« Annie klang etwas verzweifelt. »Ähm … Guten Morgen.«
»Guten …?« Sie schnappte nach Luft. Schnell versuchte sie die nicht jugendfreien Bilder von Annie und Will zu verdrängen, die unwillkürlich in ihrem Kopf entstanden waren. Unfall! Koma! Tod! Diese Begriffe beherrschten jetzt all ihr Denken. »Wo ist Will?«, brüllte sie schon fast in den Hörer. »Ist ihm etwas passiert? Wieso rufst du von seinem Handy an?!«
»Ich … Nein.«
Oh, wann lernte diese Annie endlich, einen vollständigen Satz zu bilden? »Was denn jetzt?«, fragte sie ungeduldig. »Wo ist er?«
»Er ist nur schnell zum Auto«, kam sofort die Entwarnung. »Ich habe mein Handy zu Hause vergessen, und er hat mir angeboten, seins zu benutzen. Wir wollten dich nämlich fragen, ob du mit ins Schwimmbad kommst.«
»Was? Wozu?«
Die Erleichterung darüber, dass Will nichts passiert war, hielt nur kurz an, stattdessen kehrten jetzt die Bilder ihres Traums zurück und verhinderten, dass sie sich komplett auf diese Welt konzentrieren konnte. Ein wunderschöner, verwirrender Traum, der sie gefangen hielt. Ein Traum, aus dem sie frühzeitig wegen nichts gerissen worden war.
»Du Witzbold, vielleicht um zu schwimmen?«
»Ich bin für heute schon genug ge…« Ihr Verstand schnellte zurück, als wäre er ein Gummiband. Gerade noch rechtzeitig. »Schwimmen?«, fragte sie unschuldig. »Nein … Hab keine Lust.« Sie würde ja doch nur stören. Außerdem, was sollte sie in einem beheizten Chlorbecken, wo sie doch eben noch im Meer geschwommen war? Mit einem halbnackten … Mann in den Armen.
Halbnackt! Emily sah an sich herunter und stellte fest, dass sie immer
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