Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
durchbrochen. Er hetzte auf das Dorf zu.
Berry machte sich sofort an die Verfolgung. Und auch die Fischer formierten sich neu. Das nahm ein paar wertvolle Sekunden in Anspruch. Der Vorsprung des Besessenen wuchs.
Berry war nur zehn Schritte hinter dem ehemaligen Freund. Er war ein guter Läufer, der Dämon dagegen pumpte den bereits ausgelaugten Körper des Schweden voll mit Energie. Wie ein Supersportler sprintete Niels Orsted davon. Berry verlor den Anschluß, ohne etwas dagegen tun zu können.
Kurzentschlossen blieb er stehen und hob die Waffe. Sorgfältig zielte er. Sein Finger krümmte sich um den Abzug. Da war deutlich der Rücken von Niels Orsted. Er konnte ihn nicht verfehlen. Druckpunkt. Berry wollte den Abzug weiter betätigen, allein der Zeigefinger gehorchte ihm nicht mehr. Schweiß trat auf Berrys Stirn. Er wollte schießen, mobilisierte seinen Willen und konnte es dennoch nicht. Er sah vor der Mündung der tödlichen Waffe seinen Freund - nur seinen Freund, nicht den Dämon, der unsichtbar in diesem steckte. Wenn er schoß, würde Niels Orsted sterben...
*
Innerhalb von Sekundenbruchteilen zog alles an seinem geistigen Auge vorbei, was er gemeinsam mit Niels erlebt hatte. Orsted war immer ein fröhlicher, unbeschwerter Mensch gewesen, eine sogenannte Betriebsnudel. Wenn er jemand zu einer Party einlud, dann kam der auch. Seine Partys waren die besten. Seine Unternehmungen mit der Jacht auch. Außer dieser einen! Und jetzt sollte er durch die Hand seines besten Freundes sterben?
Im nächsten Augenblick hatte Niels Orsted die ersten Häuser erreicht und geriet aus der Schußlinie. Kopfschüttelnd senkte Berry Redliff die Waffe. Betroffen starrte er zu Boden. Seine Schultern hingen kraftlos herab. „Ein Narr bin ich, ein verdammter Narr!“ murmelte er vor sich hin. „Warum habe ich es nicht getan? Es ist nicht mehr Niels Orsted. Niels wird nie mehr er selbst sein - bis zu seinem Tode. Ich hatte es in der Hand, ihn zu befreien und weiteres Unheil zu verhindern.“
Die Fischer liefen an ihm vorbei, rannten ihn fast über den Haufen. Nur einer blieb stehen und klopfte ihm beruhigend auf die Schulter. „Machen Sie sich nichts daraus, Fremder, ich hätte auch nicht auf meinen Freund schießen können - egal, was mit ihm auch passiert sein mochte.“
Ehe Berry den Mann ansehen konnte, war dieser auch schon weitergelaufen. Dankbar schaute er ihm nach. Er zauderte einen Moment. Sollte er sich den Verfolgern anschließen? Er entschied sich dagegen. Es gab einen Ort, wo er mehr ausrichten konnte, wo er gebraucht wurde. Kurzentschlossen steckte er den großkalibrigen Revolver weg und ging zur Jacht zurück. Behende kletterte er die Reling hinauf und ließ erst einmal das Fallreep herunter. Dann wandte er sich der Luke zu, die nach unten führte. Jemand hämmerte energisch dagegen. „Was, zum Teufel, ist denn da oben los? Wo sind wir eigentlich?“ Berry Redliff mußte trotz allem grinsen. Er öffnete die Luke und trat einen Schritt zurück. Billy Millair stürmte herauf, die Hände zu Fäusten geballt. Angriffslustig blickte er sich um. Er kam aus dem Halbdunkel unter Deck und war einen Moment lang geblendet, weshalb er Berry Redliff nicht gleich erkannte. Sofort stürzte er sich auf den Amerikaner. Berry hatte allerdings etwas ähnliches erwartet und parierte den ersten Schlag. Zum zweiten kam es schon gar nicht mehr, denn Billy sah jetzt, wer vor ihm stand. „Verdammt, was ist denn passiert?“ fragte er schweratmend. Er wurde dicht gefolgt von Bonaldo Giaiotti. Der Italiener trat an die Reling und schaute sich fassungslos um. Da sah er den Alten im Sand liegen.
Berry hatte gar nicht mehr an den gedacht. Eben kam der Mann wieder zu sich. Er setzte sich auf und schüttelte den Kopf, um die Schwindel loszuwerden, die ihn gepackt hielten. Sein Blick kreuzte sich mit dem Berrys. Mühsam erhob sich Alfonso Canalejas und wankte näher. Berry Redliff beugte sich über die Luke und rief nach unten: „Ihr könnt wieder an Deck! Es ist alles in Ordnung. Die Gefahr ist gebannt. Niels ist im Dorf. Die halbe Gemeinde ist hinter ihm her.“
Das tränenüberströmte Gesicht der Französin tauchte auf. „Sie - sie werden ihn gewiß umbringen!“ schluchzte sie herzerweichend.
„Das befürchte ich allerdings auch“, gab Berry Redliff zu.
Sie kam ganz herauf und trommelte mit ihren kleinen Fäusten gegen Berrys breiten Brustkorb. „Du Schuft, du hättest es verhindern können! Im Stich hast du den
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