Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
ahnen, wer es war, gegen den er mich verteidigen wollte, und ich konnte es ihm nicht sagen, konnte ihn nicht warnen, weil die Stimme mir wieder ihren Dienst versagte. Fred sprang auf den Kiesweg und ging geduckt und kampfbereit auf den Untoten zu. Noch sah er nur eine hohe Gestalt vor sich in der Düsterkeit. Plötzlich trat Edgar mit einem unwilligen Knurren vor. Er war zu Lebzeiten schon ein Scheusal gewesen. Unzählige Demütigungen hatte ich durch ihn über mich ergehen lassen müssen. Jetzt war er noch schlimmer geworden. Die unbegreifliche Kraft, die ihn hatte wiederaufstehen lassen, machte ihn zu einem schrecklichen Monster. Noch einen Schritt, und Fred konnte das Ungeheuer sehen.
Er blieb stehen, als wäre er gegen eine Mauer gelaufen. Die Augen traten ihm schier aus den Höhlen. Ich sah sein Entsetzen. Kaum hatte er seinen Schrecken einigermaßen überwunden, als er sich schreiend herumwarf und zum Zaun zurückrannte. Sein Gesicht war so bleich, daß es in der Düsterkeit zu leuchten schien. Er sprang am Zaun empor, glitt jedoch ab und krachte zu Boden. Grollend tapste der Untote heran.
*
Ich schob mich zur Seite, bebend, und konnte nicht den Blick von der Szene lösen. Gottlob hatte ich die Brille verloren und sah nur noch bedingt. Es wäre mir sowieso unmöglich gewesen, in das Folgende wirkungsvoll einzugreifen. Der junge Mann, der sich todesmutig eingemischt hatte, um eine belästigte Frau zu retten, wurde vor meinen Augen selber zum Opfer. Die Flucht gelang ihm nicht. Als er wieder aufsprang, um den Zaun zu überklettern, erwischte ihn der Untote. Ein Schrei entrang sich Freds Kehle, der so grauenvoll klang, daß man ihn nie mehr vergessen konnte. Der ungleiche Kampf währte nur Sekunden. Ich kann nicht mehr genau beschreiben, was dabei geschah. Mein Verstand weigert sich auch, die grauenhafte Erinnerung ins Bewußtsein dringen zu lassen. Der Untote, der einmal mein Mann Edgar gewesen war, zerfetzte in seiner Wut auch noch den Zaun.
Ja, Mr. Tate, fragen Sie bitte nicht, was mit diesem Fred geschah. Ich weiß wirklich nur noch, daß der Untote durch die entstandene Lücke im Zaun stampfte, daß auch das Mädchen aufschrie, in ihrer Not den Motor des Wagens anließ... und mit schreienden Pneus startete. In ihrer Panik steuerte sie direkt auf den lebenden Leichnam zu. Ein furchtbares Krachen. Der Untote wurde hoch durch die Luft geschleudert. Der Wagen fetzte in den Zaun, wurde vom Gestrüpp und den Bäumen aufgehalten. Vorn war er ganz eingebeult. Rauch quoll unter der Motorhaube hervor. Irgendwo war der Untote aufgekommen. Er richtete sich auf, als sei nichts geschehen.
Und dann nahm er sich auch des unglücklichen Mädchens an. Bei vollem Bewußtsein mußte ich dies alles mit ansehen! Ohnmächtig, verzweifelt, unfähig, mich auch nur zu rühren!
*
Rechtzeitig kam ich zur Besinnung und erkannte, daß ich mich immer noch in tödlicher Gefahr befand. Es war mir nicht möglich, zu bestimmen, wieviel Zeit ich hatte verstreichen lassen. Ich kann mich an den Rest sowieso nicht mehr so recht erinnern. Ich hielt es zunächst für ein Wunder, daß ich bis dahin überhaupt überlebt hatte. Aber ich verschwendete keinen weiteren Gedanken mehr darauf. Ich floh durch das Loch im Zaun und fand irgendwie meinen Wagen. Im Handschuhfach wußte ich eine Ersatzbrille. Mit ihr war ich wenigstens in der Lage, die Flucht per Auto fortzusetzen.
Erst als ich schon daheim war, gelang es mir, meine Gedanken wenigstens dahingehend zu ordnen, daß ich in der Lage war, die Polizei zu alarmieren. Das mußte ich doch tun, nicht wahr? Auch wenn die Geschichte von dem Toten, der auferstanden war, um sich an mir zu rächen, absolut unglaubwürdig war.
Nein, ich habe das natürlich nicht so erzählt. Ich glaube, ich klang am Telefon für die Beamten sowieso reichlich verworren. Sie kamen und luden mich in einen Streifenwagen. Als wir damit den Friedhof erreichten, wurde alles bereits fast taghell ausgeleuchtet von inzwischen dort aufgestellten Scheinwerfern. Sie hatten schnell gehandelt, und durch meinen Anruf hatte ich ihnen bewiesen, daß ich ein wichtiger Zeuge war. Kein Wunder, daß sie mich hergebracht hatten.
Keiner machte mir zunächst einen Vorwurf, daß ich erst heim gefahren war, um von dort aus erst die Polizei zu alarmieren. Sie billigten mir zu, daß ich unter Schock gestanden hatte - egal, was auch immer geschehen sein mochte.
Am Horizont erwachte bereits die Morgensonne, und die Londoner Bobbys
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