Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
nach der offiziellen Auffassung der Polizei lief draußen irgendein Verrückter herum, der es auf mich abgesehen hatte.
Ganz abwegig war das zwar nicht, aber es war ein Verrückter ganz besonderer Art. Ob mir gegen einen Untoten die Polizei überhaupt helfen konnte? Andererseits hatte ich durchaus das Gefühl, als hätte der Inspektor die beiden Polizisten nicht nur deshalb in meinem Haus postiert, um mich zu schützen, sondern auch, um mich... zu überwachen! Er glaubte mir anscheinend kein Wort von der Geschichte, die ich ihm aufgetischt hatte. Allerdings war er der einzige, der mir keinen Glauben schenkte. Eigenartig fand ich das schon. Konnte es sein, daß dieser Furlong sich mit solchen Dingen besser auskannte, als ich ihm zutrauen mochte? Ich wagte es trotzdem nicht, ihm die Wahrheit zu erzählen.
Wie dem auch sei: Ich fand trotz der Beschützer am folgenden Abend keinen Schlaf. Was wunder! Mein Verbrauch an Beruhigungsmitteln war an diesem Abend schon fast kriminell zu nennen. Sie blieben dennoch wirkungslos. Ich schaute auf die Uhr und hatte - Angst! Angst vor Mitternacht, Angst vor dem Untoten, der einmal mein Mann gewesen war. Ich hatte ihn ermordet, als Unfall getarnt. Und er wollte sich dafür rächen. Es war mehr als nur eine fixe Idee, denn immerhin waren deshalb schon zwei Unschuldige gestorben.
Edgar war als Lebender schon grausam und widerwärtig gewesen. Er hatte mich behandelt wie eine Sklavin. Schlimmer noch. Ich war ihm all die Jahre ausgeliefert gewesen. Aber der Mord an ihm hatte mich keineswegs befreit. Nein, es hatte die Sache nur noch schlimmer gemacht. Ich heulte in mein Kissen und wußte, daß mir alles nichts mehr nutzen würde. Selbst wenn eine ganze Hundertschaft von Polizisten im Haus gewesen wäre.
Und dann lag ich auf dem Rücken und starrte gegen die Decke, die sich in dem abgedunkelten Schlafzimmer als eine etwas hellere Fläche abzeichnete. Ich überlegte ernsthaft, wie die Wiederauferstehung von Edgar denn überhaupt möglich war. Ja, Mr. Tate, Sie werden sich jetzt wohl darüber wundern, wieso ich in meiner Situation überhaupt solche Gedanken hegen konnte. Wäre es nicht normaler gewesen, wenn ich vor lauter Angst überhaupt nicht mehr in der Lage gewesen wäre, an irgend etwas anderes zu denken, als an den offensichtlich unmittelbar bevorstehenden Tod? Nein, ich dachte über die Umstände nach, eigentlich sachlich und nüchtern. Das drängte die Angst etwas zurück. Ich konnte mir selber gar nicht erklären, wieso ich plötzlich innerlich so gefestigt war. Vielleicht war ich auch nur über all die Jahre der Demütigungen und Folterungen so abgebrüht worden, daß ich deshalb jetzt so nüchtern sein konnte? Schließlich hatte ich ja auch den Mord an ihn absolut kaltblütig vorbereitet. Eine perfekte Planung, sonst wäre man mir schließlich gleich auf die Schliche gekommen. Ja, wie hatte ich denn überhaupt dazu imstande sein können?
Ich entdeckte an mir Wesenszüge, die ich niemals vermutet hätte. Wenn ich ehrlich sein will: Eigentlich hatte es mich keine Sekunde erschreckt, daß ich beschlossen hatte, Edgar Harris, meinen Mann, eigenhändig umzubringen. Gewiß, er hatte den Tod wirklich verdient, tausendfach wahrscheinlich, denn er hatte mir für Jahre die Hölle auf Erden beschert und sicherlich nicht allein mir.
Ach, ich will Ihnen jetzt kurz erklären, was mit Edgar war. Ich kann mich wirklich kurz fassen. Sie werden es selbst sehen. Ich habe mir Erklärungen dieser Art absichtlich bis jetzt aufgehoben. Ich muß Ihnen nämlich gestehen, daß ich mir im Grunde genommen bis heute keinen rechten Reim auf all diese Dinge machen kann. Obwohl ich nun wirklich genügend Zeit und Gelegenheit hatte, darüber nachzudenken. Hier das Wenige, was von Wichtigkeit ist, nüchtern, ohne Kommentar: Ich lernte Edgar mit sechzehn kennen. Edgar war sechs Jahre älter, also zweiundzwanzig. Ein zunächst sehr verständnisvoller, liebevoller und stets fröhlicher Mann. Er war groß, muskulös und sah blendend aus. Ich war hingerissen von ihm und ließ mich nur zu gern von ihm einwickeln.
Er änderte sich auch nicht, nachdem wir ein Jahr später geheiratet hatten. Ich bin das einzige Kind zu Hause gewesen - ein sogenannter Spätnachkömmling. Meine Eltern waren nicht mehr die Jüngsten gewesen. Da auch Edgar aus gutem Hause stammte, wie man so schön sagt, waren sie von ihm begeistert. Nicht nur sie, sondern alle Bekannten und Verwandten.
Die ersten drei Ehejahre waren wahrhaft
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