Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)

Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)

Titel: Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W.A. Hary
Vom Netzwerk:
Wobei May dabei natürlich eine ganz besondere Rolle spielte: Ich hatte das Gefühl, niemals mehr ohne sie leben zu können! Das hatte ich stets vermeiden wollen, und jetzt hatte es mich doch erwischt - im wahrsten Sinne des Wortes. Und May ebenso. Sie konnte sowieso wohl kaum etwas schrecken, bei dem, was sie bereits hinter sich hatte bringen müssen. Insofern war sie gewissermaßen die ideale Partnerin für mich.
    Unklar blieb dabei zunächst, ob sie nicht doch latent vorhandene magische Kräfte besaß. Ich kümmerte mich darum, aber ich fand es trotzdem nicht heraus. Sie erschien wie eine ganz normale Frau und sprach bei keinem der Tests an, die ich bei ihr anwendete. Deshalb blieb nach wie vor unerklärlich, wieso sie ausgerechnet auf das Schiff nach Indien gestiegen war. Sie hatte doch zugegeben, regelrecht dazu getrieben worden zu sein... Edgar Harris konnte unmöglich dahinter gesteckt haben. Denn warum hätte er das Risiko eingehen sollen, mich als zusätzlichen Gegner zu bekommen? Nun, wir konnten ihn leider nicht mehr fragen. Er war ein für allemal vernichtet. Und ich versprach mir selber, die Augen offen zu halten, was May betraf. Nicht nur, weil ich sie liebte, sondern auch sozusagen aus purem beruflichem Interesse.
    Und noch etwas interessierte mich brennend: Ich hatte den Drudenstein von Kathryn und den Drudenfuß von Tab in Aktion erlebt und wußte, was ich in den Zeitungen gelesen hatte - über die beiden. Aber ich hätte gern die ganze Geschichte gehört - in allen Details. Ich wollte wissen, wie es passiert war. Kurz: Ich wollte die beiden so kennen, wie es ratsam war, wenn wir zukünftig ein gemeinsames Team bilden wollten.
    Kaum eine Woche später war es soweit: Wir trafen uns alle, und die beiden erzählten ihre Geschichte - abwechselnd aus ihrer jeweiligen Sicht. Ich habe es aufgezeichnet und gebe es hiermit wieder...
     
    *
     
    Kathryn Warner erreichte London über Newcastle und York um genau 13.24 Uhr. Sie wartete, bis der Zug stand, wuchtete den großen Koffer aus dem Gepäcknetz - wobei ihr ein junger Mann mit schulterlangen Haaren freundlich behilflich war - und ging zum Ausgang. Die Tür zu ihrem Abteil stand bereits offen. Einen Augenblick lang blieb sie auf dem obersten Trittbrett stehen und atmete tief die quirlige Bahnhofsatmosphäre ein. Sie zögerte, ihren Fuß hinunterzusetzen. Fast schien es ihr, als befände sich eine unsichtbare Mauer vor ihr, und vor dieser Mauer hatte sie aus ungewissen Gründen Angst.
    „Na los, worauf warten Sie noch?“ drängte hinter ihr jemand unfreundlich. Sie wandte den Kopf. Ein älterer, dicker Herr, dessen rotes Gesicht auf einen zu hohen Blutdruck schließen ließ, stand hinter ihr. In seinen kleinen Schweinsaugen blitzte es zornig.
    „Ja, natürlich, Verzeihung“, stotterte Kathryn Warner verwirrt, und dann machte sie den entscheidenden Schritt.
    Für einen Augenblick schwindelte es ihr. Der Koffer machte sich selbständig, rutschte ihr aus der Hand und krachte auf den Bahnsteig. Er war nicht mehr der Neuste, und die Verschlüsse funktionierten nicht mehr richtig. Der Koffer platzte auf. Gottlob fielen nur wenige Wäschestücke heraus.
    Kathryn Warner mußte sich an dem Waggon abstützen.
    „Ist Ihnen nicht gut?“ hörte sie wie aus weiter Ferne eine Stimme. Sie wollte etwas sagen, aber ihre Stimme versagte ihr den Dienst. Sie schüttelte den Kopf, um das eigenartige Schwindelgefühl wieder loszuwerden. Aus dem Nebel vor ihren Augen schälte sich ein freundliches Gesicht mit einer Schirmmütze. Der Mann hatte eine Uniform an.
    „Danke, aber es geht schon wieder, Herr Schaffner“, murmelte Kathryn Warner. Sie war noch nicht richtig bei Sinnen, nahm sich aber zusammen und bückte sich nach ihrem Koffer, um die Wäschestücke wieder einzupacken. Dabei berührte sie kurz den winzigen Gegenstand, den sie im Koffer verstaut hatte und der beinahe mit herausgefallen wäre. Etwas wie ein elektrischer Schlag durchzuckte ihre Glieder. Schlagartig waren der Alpdruck und die unerklärlichen Schwindelgefühle verschwunden.
    Mit klarem Blick und doch etwas verwirrt, schaute sie sich um. Der Eisenbahner stand immer noch besorgt neben ihr, aber als er jetzt sah, daß es Kathryn tatsächlich wieder besserging, nickte er lächelnd und entfernte sich.
    „Kings Cross Station, Kings Cross Station“, drang eine Stimme verspätet aus den Lautsprechern. „Bitte steigen Sie aus, denn dieser Bahnhof ist Endstation!“
    Endstation, dachte Kathryn Warner.

Weitere Kostenlose Bücher