Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
mich wiedergeboren. Und ich bin von ihrer Kraft erfüllt.“
Und in der Tat: Der Oberpriester war deutlich verjüngt. Um mindestens zwanzig Jahre, wie mir schien. Dieses Phänomen ließ mich unwillkürlich schaudern. Er trat von dem zerteilten Schlankenkopf zurück. Die Schattengestalt deutete mit ihrem Schwert darauf. Im nächsten Augenblick begannen die beiden Kopfhälften zu rauchen. Die Rauchentwicklung wurde stärker und stärker. Gelblich-weiß quoll es empor. Wind kam auf, trieb den Rauch auf die Dschungelwand zu. Ein wahrer Sturm entstand. Der Rauch fraß die gesamten Überbleibsel des gigantischen Schlangenkopfes auf, der sich praktisch in diese dicke Schwaden auflöste. Die Wolke schwebte hinüber zum Tropenwald. Träge schwamm sie auseinander, verteilte sich, bis sie so dünn war, daß man sie nicht mehr sehen konnte.
Die Kali-Anbeter waren wie aus dem Häuschen. Der Schatten jedoch schien direkt im Boden zu versinken. Er wurde kleiner und kleiner, bis auch er letztlich verschwand.
Der Oberpriester holte sein Amulett mit dem großen Edelstein hervor, verneigte sich vor der Göttin des Blutes und betrat die Felsspalte. Als er wieder zum Vorschein kam, befand sich das Amulett mit dem Stein offensichtlich nicht mehr in seinem Besitz.
„Besser kann es mir gar nicht mehr kommen“, knurrte Stephen Millair.
Mir zog es die Nackenhaut zusammen. Was hatte dieser Millair denn vor?
Die Glut in den Augen der Kali erlosch. Die fünf Unterpriester und der Oberpriester betraten die Treppe, nachdem sie die Schlangen wieder aufgenommen hatten. Der Oberpriester war der letzte, der den Tempel verließ. Inzwischen waren die Fackeln soweit abgebrannt, daß sie nur noch einen ganz dürftigen Schein verbreiteten.
Ich warf einen Blick auf die Uhr. Die Mitternachtsstunde war überschritten. Hatte wirklich alles so lange gedauert? Wie dem auch war: Es war vorbei. Nichts mehr deutete auf all die Scheußlichkeiten hin, auf die schrecklichen Dinge, die sich auf dem Plateau abgespielt hatten, und dennoch vermeinte ich immer noch die unglücklichen Opfer schreien zu hören. Kein Wunder, daß die Kolonialherren von einst so hart durchgegriffen hatten, als sie diesen Kult hier ausrotteten. Auch wenn die Riten von einst sicher nicht ganz so spektakulär abgelaufen waren. Und wer stand jetzt hinter allem? Wer war die Schlüsselfigur?
Bis zur Antwort auf diese fundamentale Frage war sicher noch ein langer - und vor allem ein tödlich gefährlicher Weg. Falls der Tod wirklich das Schlimmste sein würde, was uns noch erwartete. Erfahrungsgemäß gab es weitaus Schlimmeres. Einen kleinen Vorgeschmack darauf hatten wir vorhin erst bekommen...
12. Kapitel
Wir warteten so lange, bis nichts mehr zu hören war. Die Kali-Anhänger hatten sich jetzt offenbar allesamt wieder entfernt.
„Dieser riesige Edelstein“, murmelte Stephen Millair: „Ich muß ihn einfach haben!“ Er schaute uns mit brennenden Augen an. „Versteht ihr das? Ich muß das Amulett in meinen Besitz bringen, koste es, was es wolle!“
„Auch Ihr Leben?“ fragte Don Cooper ironisch.
Stephen Millair nickte heftig. „Ja, ja, auch das!“
„Und was nutzt Ihnen dann das Schmuckstück noch - wenn Sie tot sind?“
Stephen Millair ballte die Hände zu Fäusten und schüttelte sie wie drohend. „Was verstehen Sie denn schon davon? Seit zehn Jahren bin ich ein Sucher. Seit zehn Jahren setze ich alles daran, diesen Schatz zu finden. Jetzt ist mir einer zuvorgekommen.“
„Wer?“ Diese Frage hatte ich gestellt.
Stephen Millair ging nicht darauf ein. Er befand sich momentan scheinbar nicht in dieser Welt. Sein Gesicht wurde zur Grimasse. „Er wird sich allerdings nicht mehr lange seines Vorsprungs erfreuen können. Ich werde ihn aufholen und dann...“ Er ließ den Rest unausgesprochen. Sein Blick, gerade noch in imaginäre Fernen gerichtet, kehrte in die Wirklichkeit zurück und heftete sich auf mich. „Und ihr werdet mir dabei behilflich sein!“
Don packte seine Maschinenpistole fester. „Was macht Sie da denn so sicher?“
Stephen Millair lachte gemein. „Es sieht doch ganz danach aus, als wären Sie gar nicht interessiert an diesem Schatz? Vielleicht sind Sie ja auch reich genug? Umso besser für uns alle. Dann werden Sie wenigstens in dieser Beziehung keine Konkurrenz für mich sein. Oder hätten Sie etwas dagegen, wenn ich alleinigen Besitzanspruch auf den Schatz erhebe, selbst wenn Sie mir dazu verhelfen?“
„Warum sollte ich?“
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