Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
weil er selber auf einer dieser Inseln weilte. Er lebte hier, und seine Insel war der Hauptgruppe weit vorgelagert.
Der bärtige Riese stierte auf ein bestimmtes Eiland hinab. War da nicht ein leuchtender Punkt inmitten des Felsengewirrs? Katschu blickte genauer hin. Er erinnerte sich, daß sich vor Monaten ein Team portugiesischer Archäologen hier aufgehalten hatte. Angeblich waren Fragmente einer längst vergangenen primitiven Kultur gefunden worden. Nur wenig hatten die Wissenschaftler gefunden. Es war ihnen nicht gelungen, sich Klarheit zu verschaffen, welche Kultur die Dinge hervorgebracht hatte. Enttäuscht waren sie schließlich wieder abgezogen.
Katschu wußte davon, weil er wie einige der Fischer, die im Dorf wohnten, bei den fast ergebnislosen Ausgrabungen geholfen hatte. Außerdem war es auch einer aus dem Dorf gewesen, der diese Wissenschaftler auf mögliche Funde aus ferner Vergangenheit aufmerksam gemacht hatte.
Das alles ging Katschu jetzt blitzartig durch den Kopf.
Der Riese ruderte indessen wieder mit den Armen. Er driftete auf das einsame Eiland zu, das sich nur wenige Kilometer von Katschus Dorf entfernt befand. Dann sank er tiefer, erreichte den seltsamen, leuchtenden Punkt und wurde von diesem regelrecht aufgesogen.
Katschu schwindelte es. Alles drehte sich auf einmal vor ihm. Schmerzen peinigten seinen Körper. Er fühlte sich leer und ausgelaugt, wie noch nie in seinem Leben. Noch stärker jedoch als dieses Gefühl war die Angst. Er wußte zwar die Vision noch nicht recht zu deuten. Gleichwohl gab es für ihn keinen Zweifel mehr, daß hier eine Gefahr erwuchs, die unglaublich stark war. Allein schon die Tatsache, daß die Vision in solcher Klarheit und Eindringlichkeit stattgefunden hatte, war Motiv genug für Katschus Befürchtungen.
Endlich erwachte Katschu. Schweißgebadet lag er auf seinem primitiven Bett. In seinen Augen stand das nackte Grauen. Es dauerte eine Weile, bis er sich soweit erholt hatte, daß er fähig war, sich zu erheben. An Schlaf war jetzt natürlich nicht mehr zu denken. Das Geträumte beschäftigte ihn zu stark. Er blieb auf dem Bettrand sitzen und starrte vor sich auf den Boden. „Nein“, murmelte er kopfschüttelnd, „ein normaler Traum war das gewiß nicht. Es war eine meiner Visionen, die ich nicht steuern kann, die kommen, wann sie wollen. Bisher ist immer eingetroffen, was sie prophezeit haben. Wenn ich nur wüßte, was für einen Sinn der Traum diesmal hat.“
Neben ihm rekelte sich seine Frau. Katschu, der in Wirklichkeit Luis Alonso hieß, betrachtete sie in dem Dämmerlicht. Draußen schien eine Straßenlaterne. Ihr dürftiger Schein drang durch das offene Fenster herein. Maria war nicht gerade schön. Sie war dick und aufgeschwemmt, eine richtige Matrone, aber sie war trotzdem eine gute Frau.
Als hätte sie Katschus Blick gespürt, schlug sie die Augen auf. „Was ist los mit dir, Luis? Warum schläfst du nicht?“ Ächzend richtete sie sich auf. „Oder ist es schon so spät, daß du aufstehen mußt?“
Katschu befragte mit einem raschen Blick die uralte Taschenuhr, die auf dem Schemel neben dem Bett lag. Die Mitternachtsstunde war gerade vorbei. Er hatte zeitig aufstehen wollen, um zum Fischen hinauszufahren. So früh natürlich nicht. „Nein, es ist noch nicht soweit, Maria. Kannst liegenbleiben.“
Ärgerlich runzelte sie die Stirn. „Si, aber du hättest mich nicht zu wecken brauchen!“ Schwer plumpste sie wieder zurück. Sie schloß die Augen und war augenblicklich wieder eingeschlafen.
Lächelnd stand Katschu auf und griff nach seinen Hosen. Eine Minute später trat er vor das Haus. Das kleine Fischerdörfchen schlief. Katschu dachte an die vielen Touristen, die sich auf den Hauptinseln befanden. Kaum einer verirrte sich einmal hierher. Das Leben war karg und ziemlich freudlos. Die Menschen, die dem felsigen Boden kaum Nahrung abringen konnten, hatten sich auf die Fischerei spezialisiert. Aber sie fingen die Fische teilweise noch wie ihre Vorväter. Hier schien das Moderne fast berührungslos vorbeigegangen zu sein. Katschu nahm innerhalb der kleinen Dorfgemeinschaft eine Sonderstellung ein - und das nicht nur, weil er einer der wenigen war, die für längere Zeit außerhalb der eng begrenzten, bekannten Welt gelebt hatten: Katschu war portugiesischer Soldat gewesen. Einem Stoßtrupp angehörend, war er schwer verwundet worden. Später hatte sich sogar herausgestellt, daß er der einzige Überlebende der Truppe war. Ein einsam lebender
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