Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
hat. Ja, ich bin Zeuge davon geworden, obwohl es sich viele Kilometer von hier abspielte. Ich bin somit ein - Auserwählter. Jetzt weiß der Dämon das. Er hat es erkannt und - ruft nach mir: „Niels Orsted!“ flüstert es wie mit tausend feinen Stimmen. „Niels Orsted, du hast meine Macht zu spüren bekommen. Alle sind blind, und nur du bist unter ihnen der Sehende. Du bist Zeuge geworden, als ich einen Mitwisser vernichtete. Lenke deine Jacht in Richtung der Insel, auf der sich das Fischerdorf befindet. Lenke sie hin, denn ich habe den Kontakt verloren, den ich nur mit einem der Fischer hatte. Berichte mir, ob mein Schlag erfolgreich war, denn es darf keine Mitwisser geben. Noch bin ich nicht stark genug. Ich brauche Zeit. Niels Orsted, sei mein Diener, mein Sklave!“ Ein grausiges Gelächter. Es brach wieder ab.
Ein Zittern ging durch Niels schlanke Gestalt. Er fühlte sich beglückt. Ein fanatisches Leuchten war in seinen Augen, als er die Hände wieder herunternahm. „Ja, Herr, ich will dein Sklave sein!“ hauchte er. Er war wahrhaftig ein - Auserwählter! Am liebsten hätte er es hinausgeschrien. Doch er beherrschte sich und wandte sich Berry Redliff zu. In den Augen des Freundes las er Verständnislosigkeit.
„Was hast du eben gesagt?“ erkundigte sich Berry ungläubig, der die gehauchten Worte nicht ganz mitbekommen hatte und deshalb annahm, er habe sich getäuscht.
Niels empfand insgeheim Mitleid mit dem Freund, da Berry nichts von der wunderbaren Verbindung mit dem Dämon wußte. Vielleicht fühlte er die Veränderung? Mehr auf keinen Fall. „Nichts, was dich interessieren dürfte“, antwortete er deshalb nachsichtig.
Berry Redliff wich vor ihm zurück. „Mein Gott, Niels, was ist denn auf einmal in dich gefahren?“ murmelte er erschrocken.
Bei dem Wort Gott zuckte Niels zusammen wie unter einem Peitschenhieb. „Du - du darfst so etwas in meinem Beisein nicht sagen, hörst du?“ ächzte er. „Ich - ich mag das nicht... W i r mögen das nicht!“
Berry Redliff schüttelte fassungslos den Kopf. Er zermarterte sich das Gehirn und kam doch nicht dahinter, was sich während seines Schlafes abgespielt hatte. Wie sollte er auch ahnen, daß sein Freund Niels Orsted auf dem besten Wege war, ein Besessener zu werden?
*
Niels Orsted schüttelte den Kopf, wie um einen Alpdruck loszuwerden. Dann erschien ein Grinsen in seinem Gesicht. „Was ist eigentlich los mit dir, Berry? Du machst einen so verstörten Eindruck.“ Er hieb dem Freund kräftig auf die Schulter. „Richte dich auf. Die Wache wird schon noch ein Ende nehmen. Ein Kerl wie du wird doch nicht vorher schon schlapp machen wollen?“
Berry Redliff atmete erleichtert auf. Plötzlich schien alles wieder beim alten zu sein. Das hier war Niels Orsted, wie er ihn kannte. Berry schob seine Bedenken beiseite und unterdrückte die aufkeimende Angst. Er brachte sogar ein befreites Lachen zustande. „Du hast recht, Niels. Ich bin hundemüde. Hätte vielleicht am Abend nicht soviel saufen sollen.“
„Kopf hoch, mein Lieber, Kopf hoch!“ Niels deutete auf die Uhr. „Wie du siehst, habe ich dich schon länger schlafen lassen. War ohnehin hellwach. Eine herrliche Nacht, auch wenn der Himmel sich bedeckt hat...“ Er deutete zum Firmament, wo die Wolkendecke gerade aufriß und der Mond durch die entstandene Öffnung lugte. „Wird schon besser, wie du siehst.“ Niels Orsted gähnte hinter vorgehaltener Hand. „Wird jetzt Zeit, daß ich mich in die Falle haue. Habe den Schlaf verdient.“ Er winkte Berry zu und verschwand über den Niedergang unter Deck. Die Luke schloß sich hinter ihm.
Berry starrte ihm nach. Die seltsame Beklemmung stieg wieder in ihm auf. Auch wenn sich Niels jetzt ganz normal gegeben hatte, war etwas geschehen. Berry Redliff kam nur nicht darauf, was es sein konnte. Er wandte sich ab und ging ans Ruder. Nachdem er die Beleuchtung eingeschaltet hatte, machte er sich an die Ortsbestimmung, damit seine Wache nicht ganz sinnlos wurde. Sie durften es nicht riskieren, von der kaum merklichen Strömung gegen ein Eiland getrieben zu werden. Wenig später war die Arbeit getan, und Berry machte es sich endlich bequem. Um dabei nicht Gefahr zu laufen, einzuschlafen, ließ er das Licht einfach brennen und holte sich etwas zu lesen. Es war ein Gruselroman - die rechte Lektüre für diese Nacht, wie er fand.
*
Ein grauenvoller Schrei gellte auf und riß die Menschen aus tiefstem Schlaf. Der Schrei wiederholte sich.
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