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Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Titel: Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Versehen den Speicher gelöscht!
    »Wolltest du nicht etwas über Irland und die Kelten hören?«, fragte Walter und begann im nächsten Moment einen Vortrag, der einem Geschichts- und Ethnologiedozenten alle Ehre gemacht hätte. Schon nach wenigen Minuten schwirrte Kaltenbach der Kopf. Nach Walters Worten musste jeder zu der Überzeugung kommen, dass die Insel am Rande des Nordatlantiks nicht mehr und nicht weniger war als die Wiege der europäischen Kultur. Das Erbe des mythischen Avalon bewahrte ein arbeitsames friedfertiges Volk mit stolzen Fürsten, kunstvollen Sängern und geheimnisvollen Druidenpriestern. Vor Kaltenbachs innerem Auge öffnete sich eine wilde, zerklüftete Meeresküste, erfüllt von Möwengekreisch und dem rhythmischen Schlagen der Wellen, durchmischt mit uralten Gesängen von Göttern und Menschen, von Schönheit, Liebe und Melancholie.
    »Ich wusste gar nicht, dass du seit Neuestem einen Vertrag mit der irischen Tourismusbehörde hast«, witzelte Markus und stieß den neben ihm sitzenden Dieter mit dem Ellbogen an. »Bestimmt hat er mit denen eine monatliche Lieferung Guinness vereinbart. Als Provision auf Lebenszeit!«
    In Walters Blick spiegelte sich Verachtung. »Ignorant!«, knurrte er. »Die Leute haben vor Tausenden von Jahren Werke geschaffen, da könnt ihr alle nur staunen. Passt mal auf!«
    Er stand auf, ging zu dem großen Wandregal, das die halbe hintere Seite des Wohnzimmers einnahm, und kam mit einem überdimensionalen Bildband zurück. Er schlug ihn auf und hielt ihn den Zuhörern vor die Nase.
    »Newgrange!«, sagte er andächtig.
    Kaltenbach strengte sich an, konnte aber außer einem grasbewachsenen Erdhügel nichts erkennen. Den anderen ging es genauso.
    »Ein Meisterwerk.« Walter blieb unbeirrt. »Da findest du nichts Vergleichbares.« Mit großen Gesten begann er zu erklären. »Eine unterirdische Weihestätte. Ein gerader, schmaler Gang führt ins Zentrum zu einem Altar. Und das Schärfste ist: Zweimal im Jahr fallen die Sonnenstrahlen genau durch die Öffnung hinein und erleuchten den Stein am Ende des Ganges. Immer am Tag der Sommer- und Wintersonnwende. Das muss man gesehen haben!«
    Sogleich entstand unter den Zuhörern eine lebhafte Diskussion, an welchem Kalendertag dies wäre und ob die Sonne heute noch genau so unterging wie vor 5.000 Jahren.
    »Das ist an Weihnachten«, meinte Markus, der das Ganze eher amüsiert verfolgte. »Der Stern von Bethlehem.«
    »Unsinn«, gab Dieter zurück. »Hat gar nichts damit zu tun. Der 1. Dezember ist der Tag. Meteorologischer Winteranfang.«
    »Banausen!«, fuhr Walter dazwischen. »Wintersonnwende ist natürlich am 21. Dezember. Tag des ungläubigen Thomas. Haben die Katholiken extra darauf gelegt, um die uralten Traditionen zu zerstören.«
    Kaltenbach hatte inzwischen zu dem Buch gegriffen und darin herumgeblättert. Auf den Fotos war außer großen Steinquadern und einigen schummrigen Schwarz-Weiß-Aufnahmen nicht viel zu erkennen. Dafür gab es seitenweise Berichte über die Ausgrabungen und die Rekonstruktion.
    Walter freute sich sichtlich über Kaltenbachs Interesse.
    »Hab ich damals gekauft, als ich zum zweiten Mal dort war. Eigentlich war keine Besuchszeit, aber der Aufseher hat mir freundlicherweise aufgeschlossen.«
    Kaltenbach deutete auf eine Doppelseite mit gezeichneten Spiralmotiven. »Sind das auch Triskelen?«
    »Eines der großen Geheimnisse von Newgrange.« Er schlug eine weitere Seite auf. »Sieh mal hier. Ein paar Schritte vor dem Eingang, dort wo die Sonne hineinscheint, liegt ein riesiger Findling, mindestens vier Meter lang und fast so hoch wie ich. Da sind lauter Spiralen drauf, und kein Mensch weiß, was sie bedeuten.«
    Kaltenbach betrachtete das Foto. Jede freie Stelle der Oberfläche des Monoliths war mit dem gleichmäßigen Muster bedeckt. Sonst gab es nichts, keine Inschrift, kein Bild. Er hatte den Eindruck, dass sich der Stein vor seinen Augen bewegte.
    »Da wird einem richtig schummrig, allein vom Draufschauen«, sagte er verwirrt.
    Walter nickte. »Du solltest es sehen, wenn du davorstehst. Es ist unglaublich. Eine der Theorien lautet: Der Stein liegt dort, weil nicht jeder hineindarf. Eine Art Abwehrzauber.« Er schob das Buch wieder zu Kaltenbach hin. »Die Menschen waren damals anders als wir heute«, fügte er hinzu, da Kaltenbach ungläubig lächelte.
    »Genug jetzt, ihr Faulenzer!« Regina unterbrach ihre Gespräche und stand auf. »Nachher ist immer noch Zeit zum Quatschen!«
    Kurz

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