Teufelskreise (German Edition)
Zuversicht nur gespielt war, dass einzig und allein der Gedanke an die Schutzbanne, die der Vampir nicht durchbrechen konnte, mich weitermachen ließ. Aber Johnny hatte mich auch nicht ausgelacht, als ich erzählt hatte, dass Vivian mich als Auftragskillerin engagiert hatte, er hatte mich eine … eine – wie hatte das noch gleich geheißen? – , ja, er hatte mich eine Lustrata genannt.
Ich fixierte einen Punkt auf Goliaths Schädel. Ich hasste es, wenn andere das taten, und hoffte, dass er so wie ich irritiert sein würde. Wenigstens hatte ich gerade gelernt, dass das alte Sprichwort, die Augen seien das Fenster zur Seele, wahr war. Solange man hinaussah durch dieses Fenster, war alles gut, aber wenn man es öffnete oder es unverschlossen ließ, dann konnte Schreckliches hineinkriechen.
»Sie können sich und alle, die sie lieben, nicht auf ewig durch Ihre magischen Zäune schützen und abschirmen«, sagte Goliath finster. »Sollten Sie mich erneut reizen, werde ich mir einen nach dem anderen von Ihren Freunden holen, bis Sie mich anflehen, Sie an ihrer statt zu nehmen.«
»Ich mache keinen Fehler zwei Mal.«
»Vielleicht. Aber Sie machen sehr viele Fehler.« Er schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Ihre Schutzbanne sind gut, aber wäre dem nicht so, wären Sie wohl auch eine schlechte Hexe. Trotzdem mussten Sie eine Ermittlerin beauftragen, um an die gewünschten Informationen zu gelangen, verfügen also nicht über die Kunst des Hellsehens oder des Befragens einer Kristallkugel. Miss Diamond hätte Ihnen genauso viel verraten können, hätten Sie die richtige Befragungs methode angewendet.«
Ich war mir sicher, dass er damit Folter meinte.
»Ich zolle Ihnen jedoch Respekt, dass es Ihnen gelungen ist, Miss Diamond zusammen mit ihren wertvollsten Besitztümern in Ihr Haus zu locken. Sie zu solch einer Dummheit zu bewegen, ist mir bisher versagt geblieben, und ich versuche es schon seit Jahren.«
Ich würde ihm nicht verraten, dass er sich in seiner Annahme täuschte. Offenbar dachte er, dass ich von den »wertvollsten Besitztümern« gewusst und es darauf angelegt hatte, sie in meinen Besitz zu bringen. Ich hoffte sehr, dass er glaubte, ich würde mich und sie verteidigen können. Andererseits war ich gerade der Hypnose seines Blicks erlegen – was für ein dummer, dummer Fehler! Im tiefsten Innern fragte er sich sicherlich gerade, ob ich nur eine Stümperin war, die ausnahmsweise mal Glück gehabt hatte.
»In jedem Fall haben Sie nun meine ganze Aufmerksamkeit, Miss Persephone Isis Alcmedi.« Und als wäre das nicht schon genug, nannte er auch noch meine Telefon- und meine Sozialversicherungsnummer, gab mir über meine Kreditwürdigkeit Auskunft und ratterte eine Zahlenreihe herunter, von der er behauptete, sie sei die Fahrzeugidentifikationsnummer meines Avalon. »Soll ich weitermachen?«
Meine Handflächen waren mit Schweiß überzogen.
»Wenn Ihr Großhirn noch mitkommt, verstehen Sie jetzt, dass auch ich Informationen über Sie eingeholt habe. Und diese Informationen kann ich nutzen, um Ihr Leben«, er spuckte das letzte Wort förmlich aus, »zu einer Tragödie zu machen, die Ihres griechischen Bastarderbes würdig ist.«
Nanas Feuerzeug haltende Hand schob mich zur Seite. Sie trat neben mich, Vivians Kiste hatte sie sich unter den linken Arm geklemmt. »Bewegen Sie Ihren fauligen Arsch von unserem Rasen – und zwar ein bisschen plötzlich.« Dann steckte sie sich eine Zigarette zwischen die Lippen, klappte den Deckel der Kiste auf und griff hinein.
16
Nana holte einen mit getrocknetem Lehm überzogenen Holzpflock aus der Kiste.
Goliath zischte, und das Geräusch hatte nichts mit dem theatralischen Vampirzischen gemein, mit dem Hollywood-Regisseure ihre Schauspieler zu Idioten machen. Goliaths Zischen benötigte volle zehn Sekunden, um sich zur vollen Lautstärke aufzubauen. Es begann tief in seiner Kehle und wurde dann so durchdringend, dass sein ganzer Körper von immer stärker werdenden, wellenartigen Krämpfen geschüttelt wurde. Auch wenn er seinen Mund kaum öffnete, war das Geräusch grässlich – Angst und Hass und Rache hatten plötzlich eine Stimme.
Kurz darauf war er verschwunden, so unwirklich schnell, dass ich von ihm nicht mehr als nur einen verschwommenen Fleck wahrnehmen konnte.
»Was ist das denn, zum Teufel noch mal?«, fragte ich und zeigte auf den Pflock.
»Das ist das Produkt eines angewendeten Zaubers aus dem Codex. Komm mit zurück in die
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