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Teufelskreise (German Edition)

Teufelskreise (German Edition)

Titel: Teufelskreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Robertson
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Gewissen einreden lassen. Ich atmete langsam aus. Vivian wusste, dass ich eine kriminelle Straftat begangen hatte, von der niemand sonst eine Ahnung hatte und die nie strafrechtlich verfolgt worden war. Das Wissen um ihr Wissen machte mich nervös. Meine Beine wurden weich, und ich hätte mich gerne wieder hingesetzt, aber das hätte so ausgesehen, als wäre ich interessiert und würde mehr von ihr erfahren wollen. Ich blieb also stehen.
    »Ihr Mörder muss gefasst werden«, verkündete Vivian.
    »Ich bin sicher, die Polizei wird sich darum kümmern, sobald Sie ihr von Ihren Vermutungen erzählt haben«, sagte ich zuversichtlich, obwohl ich wusste, dass dies eine Lüge war. Lorrie war ein Wær gewesen. Aus Angst oder vielleicht auch aus Neid auf ihre Kräfte würden ansonsten anständige Polizeibeamte ganz plötzlich vergessen, dass sie geschworen hatten, »zu dienen und zu schützen«. In Bezug auf Wære gab es sogar die Vorschrift, zuerst zu schießen, ohne lange die Situation einzuschätzen. Anschließend konnten die Beamten immer noch auf Selbstverteidigung plädieren, und eine verängstigte menschliche Jury – seltsamerweise wurden ähnliche Prozesse immer dann abgehalten, wenn Vollmond war, sodass sich sofort herausstellte, bei welchem Jurymitglied es sich um einen Wær handelte – war nur zu schnell und zu gern bereit, Verständnis für den Beamten zu zeigen.
    Weigerte sich ein Polizist, in einem Verbrechen zu ermitteln, wurde das von dem Vorgesetzten mit der Begründung toleriert, der Papierkram sei noch nicht geklärt. Und bis die Versicherungsunternehmen zu einer rechtsgültigen Einigung mit den einzelnen Bundesstaaten über die Absicherung von Polizeibeamten gekommen waren, würden die Beamten sich weigern, Dienste zu übernehmen, in denen sie mit Wærwölfen konfrontiert wurden, weil »das Risiko größer als normal« sei. Es lagen Klagen von Familien getöteter Polizisten vor, die dank der sorgfältig formulierten Schlupflöcher in den Gesetzen noch immer keine finanzielle Entschädigung erhalten hatten.
    In meiner Kolumne hatte ich bereits über die Versicherungsunternehmen geschrieben. Sie verlangten Risikozuschläge von einer eigens gegründeten Spezialeinheit, die Verbrechen mit Wærwolf- und Vampirbeteiligung bearbeitete. Gleichermaßen warfen die Staaten den Versicherungen vor, sich an den aktuellen Entwicklungen bereichern zu wollen. Beide Seiten zeigten sich wenig kompromissbereit, weil die geforderten Versicherungen sie in finanzielle Abgründe stürzen würden.
    Im Stillen hatte ich vor allem davor Angst, dass beide Seiten irgendwann zu einer einvernehmlichen Einigung kämen, die folgendermaßen aussah: die Jagdsaison auf Wærwölfe zu eröffnen.
    Ich konnte den Menschen nicht einmal übel nehmen, dass sie fürchteten, was sie nicht verstanden. Selbst in den vergangenen Jahrzehnten hatte sich die Menschheit noch immer nicht daran gewöhnt, dass Vampire, Hexen, Wærwölfe, Feen und andere übernatürliche Wesen seit Tausenden von Jahren unter ihnen lebten. Und wahrscheinlich hätten sie es auch nie erfahren, wäre es nicht zu einer Mutation der Wærwolfgene gekommen oder, wie manche behaupteten, ein Militärexperiment nicht schiefgegangen. Bis dahin hätte niemand die Nachricht ernst genommen, jemand sei von einem »Wærwolf« gebissen worden. Aber nachdem der »Wær-Virus« aufgetaucht war, musste man vor einem solchen Ereignis tatsächlich Angst haben.
    Im Zuge der Veränderungen waren auch andere, nichtmenschliche Wesen gezwungen worden, sich zu outen. Und wie jede andere unterdrückte Minderheit mussten auch sie sich organisieren, um sich zu schützen. Auf ihre drohende Ausrottung reagierten die Wære mit einer verantwortungsvollen Politik. Sie erweiterten ihr Netz von Zwingern und entwickelten auf lokaler Ebene eine Art Meldesystem, mit dem sich sämtliche Wære bei ihrem Gebietsrudelführer identifizieren mussten. Das System wurde mehrfach umstrukturiert und verbessert, stützte sich aber ausschließlich auf betroffene Artgenossen und erwiesenermaßen freundlich Gesonnene wie mich, sodass Vertraulichkeit gewährleistet werden konnte. Und es funktionierte. In den letzten Jahren waren Angriffe von Wærwölfen selten geworden.
    Vampire hingegen hatten dank ihrer wunderbaren und kapitalkräftigen Propagandamaschinerie einen entscheidenden Vorteil: Schon lange vor dem Entstehen des Virus waren die Menschen von ihnen fasziniert gewesen. Die Feen wiederum überzeugten mit einer brillanten, wenn

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