Teufelsleib
Und vor den Verhandlungen morgen Nachmittag graut’s mir ehrlich gesagt. Amerikaner, die knallharten Typen, da musst du höllisch aufpassen. Aber das Geschäft ist morgen, heute Nacht will ich mich entspannen.«
Sie schloss die Haustür auf, das Flurlicht ging von allein an. Sie stiegen vier Stufen hoch, aus dem zweiten oder dritten Stock drangen laute Stimmen zu ihnen. In Yvonnes Wohnung blieb Mark unschlüssig im kleinen Flur stehen, bis sie ihn bei der Hand nahm und in das etwa dreißig Quadratmeter große Zimmer führte, das von einem überdimensionalen Bett dominiert wurde. In einer Ecke standen zwei Sessel an einem kleinen runden Tisch. An der Wand waren Bücherregale. Zwei Orchideen standen vor dem Fenster, dessen blickdichte Vorhänge Yvonne sogleich zuzog. Jeder Schritt wurde von einem hochflorigen, beigen Teppichboden geschluckt, eine kleine, exklusive Hi-Fi-Anlage und ein Flachbildfernseher waren in einem maßgefertigten Rack untergebracht. Die Wände waren in dezentem Terrakotta gestrichen, Downlights waren in die Decke eingelassen, dazu kam eine Stehlampe im Fünfziger-Jahre-Stil, über dem Bett befand sich ein großer Spiegel. Ein Zimmer zum Ausleben der Lust und der Phantasie. Edel eingerichtet für Kunden, die das Besondere liebten.
»Mach es dir gemütlich, ich gehe kurz ins Bad. Zu trinken findest du im Kühlschrank in der Küche oder in der Bar neben dem Bett. Du kannst auch Musik anmachen, fühl dich einfach wie zu Hause.«
»Es riecht gut hier. Was ist das für ein Duft?«
»Ich denke, das ist mein Parfum. Danke für das Kompliment.«
»Möchtest du auch was trinken?«, fragte er.
»Ja, einen kleinen Scotch mit Eis.«
»Warte, eine Frage noch: Hast du hier irgendwo Kameras und Mikrofone versteckt? Sei ehrlich. Wenn ja, gib mir mein Geld wieder, und dann verschwinde ich.«
»Hältst du mich für eine Erpresserin? Vergiss es, es gibt hier weder Kameras noch Mikrofone, so etwas habe ich nicht nötig. Ich will meine Kunden behalten und nicht vergraulen. Aber bitte, du kannst gerne alles durchsuchen oder gehen.«
»Schwör es bei allem, was dir heilig ist!«
»Ich schwöre es«, erwiderte sie leicht genervt und hob die rechte Hand. »Zufrieden?«, sagte sie und schüttelte ihre langen, braunen Haare.
»Hey, tut mir leid, aber ich bin ein erfolgreicher Geschäftsmann und mache Geschäfte mit exponierten Persönlichkeiten. Ich wollte mich nur absichern. Das Letzte, was ich brauchen kann, ist ein Skandal.«
»Du kannst noch so lange suchen, du wirst nichts finden.«
Yvonne ging ins Bad, zog das Kostüm aus, machte sich frisch und kehrte nach kaum fünf Minuten in einem verführerischen schwarzen Negligé zurück, unter dem sie einen durchsichtigen Slip und einen BH trug, während Mark noch vollständig angezogen im Sessel saß (lediglich die Krawatte hatte er gelockert und den obersten Knopf seines Hemdes geöffnet), die Arme auf den Lehnen, in der rechten Hand ein Glas Scotch. Ihres hatte er auf den Tisch gestellt. Er musterte sie mit ernstem Blick und sagte mit leiser Stimme: »Setz dich bitte hin.«
»Was ist los? Geht es dir nicht gut?«, fragte sie mit leicht gerunzelter Stirn und einer in ihrem Beruf unabdingbaren Empathie in der Stimme.
»Es geht mir gut, aber …« Auf einmal wirkte er fast abwesend.
»Aber was?«, sagte sie, als er nicht weitersprach, und trat näher, kannte sie doch diese Art von Kunden, die eigentlich nur jemanden suchten, dem sie ihr Herz ausschütten konnten. Kunden, die keinen Wert auf Sex legten, die lediglich jemanden brauchten, der ihnen zuhörte. Häufig genügte es tatsächlich, einfach nur zuzuhören.
»Ich möchte eigentlich nur reden. Nur reden, reden, reden. Ich habe gemerkt, dass du eine gute Zuhörerin bist und bestimmt auch nicht zu jenen gehörst, die Vertraulichkeiten ausplaudern. Hab ich recht oder …?«
»Ich sollte dir vielleicht eines erklären, Mark«, sagte sie, nahm ihr Glas, setzte sich auf die Sessellehne und legte ihre Hand auf seinen Arm, »in meinem Job ist Verschwiegenheit ein absolutes Muss. Was du mir anvertraust, bleibt auch bei mir.« Sie sagte es mit einem Lächeln und streichelte ihm sanft durch das Haar. »Cheers, auf uns beide.«
»Cheers, auf dich.«
Nachdem sie ihre Gläser leer getrunken hatten, sagte sie leise: »Hast du keine Lust, mit mir zu schlafen?«
»Doch, schon.«
»Die Nacht ist lang. Wir schlafen miteinander, und dann reden wir. Sex entspannt, danach wirst du dich leichter und freier fühlen. Was
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