Teufelsleib
gebrauchen. Der hat schon lange nichts mehr mit dem Rücken, der hat sich höchstens das Hirn weggesoffen.«
»Erzählen Sie mir mehr über die Ehe. Gab es Streitigkeiten, die über das Normalmaß hinausgingen?«
»Sie meinen, ob er sie geschlagen hat? Mein Gott, der hat immer wieder mal zugeschlagen, zum Glück nie so, dass Linda zum Arzt oder gar ins Krankenhaus musste, aber ich bin sicher, lange dauert es nicht mehr, bis er komplett die Kontrolle verliert. Linda hätte sich schon längst von ihm trennen sollen, mein Mann und ich hätten ihr doch geholfen. Aber wie das so ist, er war ihr erster Mann, und sie hat wohl immer noch die Hoffnung, er würde sich eines Tages ändern.« Im nächsten Moment schüttelte sie den Kopf. »Nein, das stimmt so nicht, sie hat vor, sich von ihm zu trennen, aber er weiß es noch nicht. Was glauben Sie, warum sie wie ein Tier schuftet? Ganz bestimmt nicht, weil es ihr Spaß macht …«
»Apropos schuften. Kennen Sie den Namen der Firma, bei der sie angestellt ist? Bis jetzt konnte mir das niemand sagen.«
Miriam Weber lief wie ein aufgescheuchtes Huhn durch das Zimmer. »Tut mir leid, da muss ich passen. Sie hat’s mal erwähnt, aber was interessiert mich der Name eines Unternehmens für Gebäudereinigung? Das Einzige, was ich Ihnen sagen kann, ist, dass es eine ziemlich große Firma sein muss.« Sie sah nachdenklich zum Fenster hinaus. »Nein, ich könnte noch so viel überlegen, mir würde der Name nicht einfallen. Ich weiß nur, dass sie wie eine Wahnsinnige rackert, um endlich von Dieter wegzukommen. Sie wollte aber nicht auf die Hilfe anderer angewiesen sein, das … Mein Gott, ich rede ja schon so, als wenn sie tot wäre. Tut mir leid, tut mir leid«, sagte sie aufgeregt und fuchtelte mit den Armen, »ich bin total verwirrt. Sie will nicht auf die Hilfe anderer angewiesen sein, nicht einmal auf die von uns, das heißt, von meinem Mann und mir. Herr Brandt, ich habe Angst, ich habe ganz schreckliche Angst, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte. Da gab es doch diese beiden Morde im vergangenen Jahr, die nicht aufgeklärt wurden … Was, wenn der Täter sich jetzt Linda …«
»Frau Weber, bitte, denken Sie nicht gleich das Schlimmste. Wenn ein Mensch verschwindet, ob Kind oder Erwachsener, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass ein Verbrechen vorliegt. In den meisten Fällen kehren die Vermissten wieder nach Hause zurück.«
Sag mal, spinn ich?, dachte er, kaum hatte er die Worte ausgesprochen. Wie kann ich dieser Frau und den Kindern Mut zusprechen,
wenn ich selbst nicht daran glaube, dass es ein Happy End geben wird? Peter, halt lieber die Klappe, bevor du noch mal was
Unbedachtes von dir gibst.
»Das sagen Sie. Haben Sie denn eine Erklärung, wo meine Schwester sein könnte? Sie haben doch Erfahrung in solchen Dingen. Also, wo? Linda hat gearbeitet, wie jeden Tag. Normalerweise kommt sie am späten Abend, manchmal auch erst nach Mitternacht heim. Morgens weckt sie die Kinder und macht ihnen Frühstück und Schulbrot. Oft legt sie sich, wenn die Kinder in der Schule sind, noch mal hin und schläft ein oder zwei Stunden, vorausgesetzt, ihr werter Gatte lässt sie schlafen. Später macht sie Mittagessen, die Kinder kommen nach Hause, der Tisch ist gedeckt. Meist isst sie mit den Kindern allein, weil Dieter das Zusammensein nicht sonderlich schätzt. Der macht sowieso, was er will. Nach dem Essen wird der Tisch abgeräumt, die Kinder machen Hausaufgaben, und zwischen halb drei und halb fünf, es kommt ganz drauf an, wo sie eingeteilt ist, verlässt sie das Haus. So, und jetzt erklären Sie mir, wo sie sein könnte.«
»Frau Weber, ich weiß es nicht …«
»Nein, das können Sie auch nicht wissen. Linda hätte entweder Lara oder mich längst angerufen, wenn etwas dazwischengekommen wäre. Sie hätte die Kinder auf gar keinen Fall im Ungewissen gelassen, sie weiß ja, wie sensibel die beiden sind. Das liegt übrigens in der Familie, wir sind alle psychisch nicht sonderlich belastbar. Gut, Linda ist etwas stärker als ich, das gebe ich zu. Es gibt also keine vernünftige Erklärung für ihr Fernbleiben von zu Hause. Oder sehen Sie das anders?«
Brandt schüttelte den Kopf. »Nein, Sie haben recht, es gibt keine vernünftige Erklärung. Wir werden aber alles in unserer Macht Stehende tun, um Ihre Schwester zu finden.«
Miriam Weber lachte bitter auf und trat dicht vor ihn. »Das glaube ich Ihnen sogar. Aber ich spreche lieber nicht aus, wie Sie sie finden
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