Teufelsleib
Affekt heraus. Wäre dies der Fall, würde er sich nicht mit langen, grausamen Spielchen aufhalten, er würde sich auch nicht am Leid des Opfers ergötzen, sondern ihm ginge es ausschließlich um das Töten. Damit wäre sein Zorn fürs Erste besänftigt. Unser Killer hingegen geht planvoll vor, wobei seine Gewaltphantasien immer größere Dimensionen annehmen. Du erinnerst dich an die Obduktionsberichte von Zeidler und Schubert? In beiden Fällen wurde ein weit erhöhter Spiegel an Stresshormonen festgestellt, was Andrea damit begründet hat, dass die Opfer einem lange andauernden, extremen Stress ausgesetzt gewesen waren. Das heißt, dem Täter genügt der einfache Mord nicht, das Quälen steht im Vordergrund, bevor er sein Opfer von den Leiden erlöst und sich damit möglicherweise auch ein Stück weit selbst erlöst.« Brandt schien zu überlegen, ob das, was er eben gesagt hatte, auch stimmig war. »Oder, anders ausgedrückt, es ist wie ein langes Vorspiel, bevor es zum eigentlichen Geschlechtsakt und schließlich zum finalen Höhepunkt kommt.« Er hielt erneut inne und fuhr nachdenklich fort: »Ist aber komisch, die Zeidler hat unter enormem Stress gestanden, wie die Obduktion ergeben hat, aber als wir sie fanden, war sie äußerlich praktisch unversehrt, dafür hatte sie schwere innere Verletzungen. Warum hat er sie nicht auch so verprügelt wie die Schubert und die Maurer? Warum hat er sie so in Anführungsstrichen human behandelt?«
»Diese Frage solltest du mal zurückstellen. Denn du hast ja quasi schon ein erstes Profil erstellt«, sagte Elvira. »Deine Ausführungen klingen durchaus logisch, aber ich denke, bei diesem Killer ist noch viel mehr im Vulkan als nur Wut und Zorn. Hass auf Frauen zum Beispiel. Oder Hass auf Huren jeglicher Couleur …«
»Guter Gedanke. Was hältst du davon – die Zeidler und die Maurer waren Edelhuren. Die spielten in einer anderen Liga als die Schubert. In seinen Augen war die Schubert nur eine billige Hure, und mit einer billigen Hure verbinden die meisten Schmutz, die schnelle Nummer zwischendurch, kostengünstig, einfach nur ein Objekt. Bei ihr konnte er sich so richtig austoben, sie war ja
nur billig
.« Er dachte einen Moment nach. »Warst du eigentlich schon mal in einem Bordell?«
»Nein, bis jetzt noch nicht, und ich habe auch nicht vor, dies in naher Zukunft zu tun. Warum auch, sind doch eh nur Frauen dort und notgeile Typen.«
»Hätte ja sein können, dass du im Rahmen deiner Funktion als Staatsanwältin schon mal bei einer Razzia dabei warst.«
»Auch das nicht. Und du?«, fragte sie mit diesem Elvira-Klein-Augenaufschlag und einem spöttischen Zug um den Mund, als erwartete sie eine besondere Antwort, die Brandt jedoch nicht gab.
»Ich kann’s gar nicht mehr zählen. Aber nur beruflich, und Edelnutten kann ich mir leider nicht leisten.«
»Und wie darf ich das ›leider‹ verstehen? Und wehe, du antwortest falsch.«
»Tja, wär doch mal eine Erfahrung wert«, entgegnete er grinsend.
»Ach ja, tatsächlich?«, sagte sie und boxte ihm auf den Oberarm. »Du würdest es also mal ausprobieren wollen …«
»Mein lieber Schatz, wie leicht du dich provozieren lässt. Immer und immer wieder. Das ist einfach herrlich. Dabei hab ich doch dich, wozu brauch ich da eine Edelnutte … Oh bitte, versteh das nicht falsch, ich wollte damit nicht sagen, dass du …«
»Schon gut, du brauchst nicht gleich auf die Knie zu fallen. Die Antwort ist zwar nicht ganz so, wie ich sie mir erhofft habe, aber ich nehme deine Entschuldigung an.«
»Ich habe mich nicht entschuldigt. Wofür denn auch?«
»Nun, es ist ja bekannt, dass einige deiner Kollegen hin und wieder für eine schnelle oder auch nicht so schnelle Nummer mal umsonst in den Puff gehen. Mit der Dienstmarke in der Hand kriegt man so manches umsonst, ein Essen beim Italiener, Griechen oder Türken und auch freien Eintritt in den Puff. Wie macht ihr das eigentlich?«
»Hey, wenn du ›ihr‹ sagst, beziehst du mich da mit ein. Ich mache so etwas nicht, ich habe es nie getan und werde es nie tun. Klar?«
»Okay, dann eben anders: Wie machen deine Kollegen das?«
»Ist das wichtig?«
»Nein, es interessiert mich nur. Mir ist das tatsächlich vollkommen gleichgültig, ob die sich Gratissex holen oder eine warme Mahlzeit …«
»Versprichst du mir hoch und heilig, das für dich zu behalten? Ich bin nämlich keiner, der Kollegen in die Pfanne haut.«
Elvira hob die rechte Hand zum Schwur und betonte gespielt
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