Teufelsmauer
ich in Bayern bin. Ich habe bei ihm übernachtet. In seinem Pfarrhaus. Ich bin eben erst zurückgekommen.«
»Gögelein«, sagte Morgenstern. »Haben Sie seine Telefonnummer?«
»Selbstverständlich.«
Hecht wählte, noch während Breitenhiller die Zahlen durchgab, schon die Nummer in Bamberg. Franz Gögelein ging an den Apparat und servierte ein weihwasserdichtes Alibi.
»Schon wieder eine Nacht auÃer Haus«, sagte Hecht düster.
Bevor die beiden Ermittler über das weitere Vorgehen nachdenken konnten, kam Russer ins Wohnzimmer. Er war kreidebleich.
»Mimi!« Der Legionär sah Hecht und Morgenstern entsetzt an. »Mimilein!«
Das Tier war verschwunden.
»Fassen Sie nichts an«, schärfte Morgenstern Russer ein, als der sich nach ein paar Büchern bückte. »Wir müssen Spuren sichern. Gut, dass Sie heute Nacht nicht hier waren. Das hätte übel enden können.«
Er zog ein Taschentuch heraus, wickelte es sich um die rechte Hand und öffnete die Tür des kleinen Badezimmers. Auch hier war der Boden übersät mit Russers Habseligkeiten. Morgenstern zog vorsichtig den Duschvorhang auf.
»Bleiben Sie zurück«, befahl er Gundekar Russer, der hinter ihm in das enge Badezimmer drängte. »Bleiben Sie zurück und ersparen Sie sich das. Bitte!«
»Was ist denn?«, fragte Russer besorgt und schob Morgenstern zur Seite.
»Oh mein Gott!«, rief er, und seine Stimme klang in dem kleinen, weià gefliesten Raum so schrill, dass sie Morgenstern durch Mark und Bein ging. »Mimi! Was haben sie mit dir gemacht!?«
In der Duschkabine war der Brauseschlauch abgenommen worden und lag achtlos in der Wanne. Der Haken für den Duschkopf war so weit wie möglich nach oben geschoben worden, damit die grausige Inszenierung ihre Wirkung auf den Betrachter nicht verfehlte. Direkt auf Augenhöhe hing an diesem Haken die braune Katze. Erdrosselt mit einem dünnen Draht, der als Schlinge um ihren Hals gelegt worden war.
Schluchzend nahm Gundekar Russer das tote Tier von dem Haken ab und löste die Schlinge. Morgenstern versuchte diesmal erst gar nicht, ihn im Sinne der Spurensicherung davon abzuhalten.
»Das wird er mir büÃen«, zischte Russer.
Morgenstern holte sein Handy heraus, um die Spurensicherung zu alarmieren. Er war sich zwar ziemlich sicher, dass sie hier keine Fingerabdrücke finden würden. Darauf hatte bereits die Professionalität beim Ãffnen des Türschlosses hingedeutet. Das einzig wirklich Verwertbare schien ihm der Draht, der die arme Mimi erwürgt hatte. War es derselbe Draht, der Heinrich Pietzka auf dem steilen Waldweg bei Hirnstetten zum Verhängnis geworden war?
Die Stimmung beim Frühstück im Hause Morgenstern war infolge der dramatischen Entwicklung getrübt. Die Brutalität des Einbrechers machte alle fassungslos, auch Morgenstern selbst, dem das grausame Bild aus der Dusche nicht mehr aus dem Kopf ging.
War das nicht sonderbar für einen Profi wie ihn, der als Mordermittler schon viel zu viele tote Menschen gesehen und es meistens irgendwie geschafft hatte, diese Eindrücke zu verdrängen? Es musste an der Ãberraschung liegen, an der Wucht des völlig unerwarteten ersten Eindrucks, als er den Duschvorhang zur Seite gezogen hatte. Und es musste damit zusammenhängen, dass das Tier eine Botschaft übermitteln sollte. Die eindeutige Nachricht an den Legionär Gundekar Russer, dass er zu weit gegangen war. Dass er eine Grenze überschritten hatte, die man nicht überquerte, ohne Schaden zu nehmen.
Russer saà stumm am Frühstückstisch, und Morgenstern hatte das ungute Gefühl, dass er finstere Gedanken hegte. Nach einer Weile stand er auf.
»Ich muss meiner Mutter Bescheid sagen, wo sie mich findet«, sagte er zur Erklärung.
»Das können Sie doch auch telefonisch machen.« Morgenstern sah ihn erstaunt an.
»Nein, ich will persönlich nach ihr sehen«, beharrte Russer, dankte fürs Frühstück und ging.
Trotz des Einbruchs blieb der Plan fürs Wochenende unverändert, und als Russer wie angekündigt nach einer Stunde zurückgekehrt war, fuhr Morgenstern mit ihm, begleitet von den Kindern und Fiona, nach Kipfenberg, um die Römerausrüstung zu mieten.
Das Römer- und Bajuwaren-Museum befand sich in der mittelalterlichen Burganlage hoch über dem Ort, allerdings nicht in der Burg selbst,
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