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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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herrschte bereits reger Betrieb, als die Morgenstern-Kohorte am Samstagnachmittag an dem umzäunten Gelände vorfuhr und die Autos auf einem abgeernteten Getreidefeld abstellte. Morgenstern machte sich erst einmal an einer Informationstafel schlau. Ihr war zu entnehmen, dass der Eigentümer des Hofs vor Jahrzehnten über Luftbilder darauf aufmerksam gemacht worden war, dass sich direkt neben seinem Anwesen die Grundmauern eines römischen Bauernhofs im Getreide abzeichneten. Diese Höfe gab es im Hinterland des Limes massenhaft, sie waren vor knapp zweitausend Jahren angelegt worden und zumeist an altgediente Veteranen vergeben worden. Sie belieferten die umliegenden Truppen mit Lebensmitteln aller Art, bis sie eines Tages zusammen mit dem Limes und den Kastellen den ständigen Germanenangriffen weichen mussten.
    Der Römerhof von Möckenlohe allerdings war in den achtziger Jahren wiederauferstanden wie Phönix aus der Asche. Neu aufgemauert mit steinernen Säulen am Eingang, einem großen Hofgeviert, einem Keller, Atrium und Nebenräumen, alles originalgetreu mit roten italienischen Ziegeln eingedeckt. Sogar die dazugehörigen Haustiere waren angeschafft worden, und zwar möglichst nach historischem Vorbild: ungarische Steppenrinder, ein Damhirsch, Ziegen und Wollschweine. Gleich daneben waren die modernen landwirtschaftlichen Gebäude: Ställe, Scheune, ein Hochsilo, ein modernes Wohnhaus.
    Â»Verrückt, was sich die Leute alles antun«, sagte Morgenstern, »Der Bauer hier hätte doch einfach die Ruinen im Boden lassen können. Ein paar alte Steine, was soll’s. Stattdessen sorgt er dafür, dass die ganze Villa wieder aufgebaut wird. Und was hat er nun davon außer einem Haufen Arbeit?«
    Â»Ruhm und Ehre?«, mutmaßte Hecht.
    Â»Träum weiter, Kollege.«
    Die beiden Zelte bauten sie direkt neben der Außenmauer des römischen Gutshofs auf, wo sich schon mehrere andere Antike-Fans niedergelassen hatten. Römer und Barbaren lagerten einträchtig nebeneinander. Mehrere Lagerfeuer waren entzündet, in Kesseln darüber brodelte Eintopf. Fiona, bekleidet mit einer knöchellangen hellbraunen Tunika, hatte über Mittag noch allerhand Lebensmittel eingekauft und in ihrem großen Topf über dem Feuer zusammengerührt. Nebenan brachte ein Alemanne den Kindern das Bogenschießen auf eine Scheibe bei. Hecht, Morgenstern und Russer saßen etwas abseits an die unverputzte Steinmauer der Villa gelehnt.
    Keine Stunde später marschierte Zenturio Karl-Heinz Rehling mit seiner Truppe auf das Villen-Gelände. Marschieren war allerdings nicht ganz der richtige Begriff, humpeln traf es besser. Nicht einmal der immer korrekte Rehling trug jetzt noch seine Legionärssandalen, sondern hatte auf bequeme Birkenstock-Latschen umgesattelt.
    Â»In Weiß, ›Modell Schwarzwaldklinik‹«, amüsierte sich Morgenstern.
    Und Hecht pflichtete bei: »So weit ist es also schon gekommen mit der legendären Disziplin der römischen Armee. Da muss man sich nicht wundern, dass das Römische Reich unterging.«
    Dazu passte, dass zwei der Legionäre mit großem Hallo mehrere Kisten Bier aus den Autos herbeischafften.
    Rehlings Truppe baute ihre Zelte direkt neben den Morgensterns auf, und zur Freude von Gundekar Russer hatten seine Kameraden sogar das Scorpio-Geschütz mitgebracht.
    Â»Wo habt ihr denn die Getreidemühle?«, fragte Russer, als das Nachbarlager endgültig eingerichtet war und alle fröhlich mit »Cervisia« auf das Wiedersehen anstießen.
    Â»Die haben wir bei mir daheim gelassen. Zusammen mit dem Esel. Schau mal, wie wir das diesmal machen!«
    Rehling klappte den Deckel einer großen hölzernen Truhe auf und präsentierte mit derselben Miene, mit der ein Zauberer das Kaninchen an den Ohren aus dem Zylinder zieht, mehrere große Packen Toastbrot der Marke »American Sandwich«.
    Â»Das Weizenmahlen heben wir uns künftig für echte Notzeiten auf. Wenn mal eine Schulklasse zu Besuch kommt oder so.«
    Â»Dekadenz, wohin das Auge reicht«, flüsterte Hecht Morgenstern zu.
    Â»Das ist Roms Ende«, flüsterte Morgenstern zurück.
    Rehling griff noch einmal in seine Zaubertruhe. »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein«, sagte er und holte ein großes braunes Glas mit weißem Plastikschraubdeckel heraus. »Wir haben sogar Nutella!«
    Unter diesen Vorzeichen

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