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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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gestaltete sich der Rest des Tages ausgesprochen fröhlich, zumal sich am Abend der große Innenhof der Villa Rustica in einen original bayerischen Biergarten verwandelte: vollgestellt mit Biertischgarnituren, einem großen Grill und musikalisch beschallt von einer – Morgenstern mochte seinen Ohren nicht trauen – Countryband. Irgendwann spielte die Band den alten Herzensbrecher-Song »Stand by your Man«, und er und Fiona schwoften dazu so eng, dass sich ihre Kinder peinlich berührt abwandten. Der getreue Spargel dagegen, der zusammen mit den anderen an einem Biertisch saß und die traute Zweisamkeit beobachtete, tupfte sich mehrmals mit seinem grobleinenen Legionärshalstuch die Augen.

SONNTAG
    Im Laufe des Sonntagvormittags trafen noch etliche weitere historische Gruppen ein, dazu jede Menge Zuschauer, die sich auf den Umzug am frühen Nachmittag und die verschiedenen Erntevorführungen freuten. Der Geruch von Bratwürsten, Steaks und Spareribs lag in der Luft: Die hatte sich Morgenstern am vergangenen Abend schon schmecken lassen, ganz frisch von einem großen Grill, der im Hof der Villa aufgestellt worden war. Am Morgen war auch noch ein Bäcker hinzugekommen, mit einem holzbefeuerten fahrbaren Backofen in Rustikal-Optik, mit kleinem Schindeldach und weiß gekalktem Mauerwerk. Rahmfleck – also Hefeteigfladen mit Rahm, Schinkenwürfeln und viel Schnittlauch – waren hier im Angebot, und Morgenstern hatte vollstes Verständnis, wenn da kein Legionär mehr mühselig sein eigenes Getreide schroten wollte.
    Wie Morgenstern erfahren hatte, war inzwischen auch die einschlägige Politprominenz erschienen: der Landrat, der örtliche Landtagsabgeordnete und eine leibhaftige bayerische Ministerin. Es hatte sich wohl herumgesprochen, dass sich das Römerfest in Möckenlohe für symbolträchtige Fotos eignete: Eine Ministerin als Römerin, umgeben von Legionären, dieses Archivbild ließ sich immer wieder mal in der Presse verwenden.
    Kurz vor zwei Uhr wimmelte es von einheimischen Familien und Touristen, die das Römerfest für einen Ausflug nutzten und unablässig Fotos von den Laiendarstellern machten. Auch die Kommissare und Gundekar Russer wurden immer wieder aufgefordert, für ein Bild strammzustehen. Hecht und Morgenstern hatten sich inzwischen die Helme mit dem breit heruntergeklappten Wangenschutz aufgesetzt, Russer hatte seinen fellgeschmückten Signifer-Helm auf und trug die Standarte seiner Kohorte. Alle hatten sich eine Ledertasche umgehängt; die Kommissare hatten darin mangels anderer Möglichkeiten ihre ganz und gar unrömischen Dienstpistolen untergebracht.
    Aus einem Lautsprecher meldete sich knarzend eine Stimme: »Ich bitte die Teilnehmer unseres Festzuges ganz herzlich, sich auf der Straße vor der Villa Rustica aufzustellen.«
    Gehorsam setzten sich sämtliche Legionäre, Germanen, römische Landfrauen, Bogenschützen und Töpferscheibendreher in Bewegung. An der Spitze des Zuges postierte sich der Vorsitzende des Museumshofs-Vereins: auf einer Quadriga, einem rot lackierten römischen Streitwagen, vor den nebeneinander vier blonde Pferde gespannt waren. Morgenstern hatte schon Fotos von diesem Gefährt gesehen, aber nun, als die vier Rösser ungeduldig schnaubten, die Köpfe nach oben warfen und nervös tänzelten, nun, da ihre schiere Kraft und ihre Vorfreude auf den Auftritt zu spüren war, überkam ihn eine fast feierliche Stimmung.
    Der Wagenlenker war ein älterer Herr mit Tunika, Kettenhemd und Legionärshelm. Der Mann hielt im Stehen die langen ledernen Zügel fest in der Hand, neben ihm hatte sich die Ministerin postiert.
    Â»Brrrrrr«, machte der Fahrer immer wieder, um seine Tiere zu beruhigen. Hinter ihm hatten sich weitere Fahrzeuge aufgereiht: eine große Holzkiste auf vier Rädern, die als römischer Reisewagen präsentiert und von einem Pferd gezogen wurde, ein Paar Ochsen, die vor einen Karren gespannt waren, ein Muli, das eine sonderbare hölzerne Kistenkonstruktion auf zwei Rädern vor sich herschob, offenbar eine altertümliche Maschine für die Getreideernte.
    Der Umzug schien eine Art Prozession zu werden, sogar ein römischer Priester in langer weißer Toga, die auch seinen Kopf fast ganz verhüllte, hatte sich eingefunden. Er sollte, wie Morgenstern dem Programm entnommen hatte, später unter freiem Himmel eine

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