Teufelsmauer
Ladekabel.
»Jetzt guck nicht so belämmert«, sagte Fiona leichthin. »Hast du mich etwa vermisst?«
»Ach nö«, nuschelte Morgenstern und fing sich dafür von Hecht einen vielsagenden Blick ein.
»Und dieser Charly?« Morgenstern konnte nicht länger warten. »Der hat dir fleiÃig geholfen?«
Fiona nickte. »Zuerst schon. Aber heute früh war er richtig blöd. Er ist nur schnell vorbeigekommen, um sein Werkzeug abzuholen, einen Akkuschrauber. Vielleicht war er sauer, weil ich gestern Abend ohne ihn allein zum Pizzaessen gegangen bin. Er hat bloà gesagt, dass er keine Lust mehr hat. Punkt, aus. Ich frage mich echt, was in den auf einmal gefahren ist.« Noch einmal drückte sie sich eng an Morgenstern.
Hecht grinste in sich hinein, und Morgenstern atmete tief durch.
Die Morgenstern-Kinder waren vom ersten Moment an fasziniert vom Ãberraschungsgast Gundekar Russer, dessen Seesack voll mit Römer-Ausrüstung für sie einer Wundertüte gleichkam. Im Nu saÃen die drei auf dem Sofa und fachsimpelten über das Leben der Legionäre.
»Wenn ich groà bin, werde ich auch mal Legionär«, sagte Bastian begeistert.
»Ich auch«, schloss sich Marius an, den schweren glänzenden Helm auf dem Kopf.
»Ihr könnt ja erst mal ausprobieren, ob euch das auch richtig Spaà macht«, sagte Russer. »Ihr könnt Römer auf Probe sein.«
»Echt?«, fragte Marius.
»Aber sicher. In Kipfenberg im Römermuseum gibt es einen Ausrüstungsverleih. Da können sich ganze Gruppen als Römer ausrüsten, man kann alles mieten, von der Tunika bis zum Zelt.«
»Das machen wir mal, Papa«, rief Bastian.
»Fürchtest du dich denn nicht vor Gespenstern?«, fragte Morgenstern.
»Nicht, wenn du dabei bist.«
Morgenstern spürte, wie ihn eine Woge von Glück durchflutete. Und in diesem Moment hatte er eine Idee.
»Herr Russer, hätten Sie was dagegen, wenn wir alle gemeinsam an diesem Wochenende zum Römerfest nach Möckenlohe gehen? Als Gruppe? Wir als Familie Morgenstern und natürlich auch der Kollege Hecht. Wäre das nicht was?«
Die beiden Morgenstern-Kinder brachen in triumphierendes Kriegsgeheul aus. Und Fiona hatte zumindest keine Einwände.
»Was ziehen die Frauen da an?«, fragte sie nur.
»Eine Tunika und einen Wollmantel«, erklärte Russer. »Und eine Glasperlenkette.«
»Ich bin dabei«, sagte Fiona. »Das wird ein SpaÃ.«
»Und wir haben Russer immer schön im Auge«, flüsterte Morgenstern Hecht zu.
SAMSTAG
Gundekar Russer hatte die Nacht auf der Couch im Wohnzimmer der Familie Morgenstern verbracht, obwohl er am späteren Abend durchaus Zweifel angemeldet hatte, ob das wirklich nötig sei. Fiona war nur in Auszügen in den Fall eingeweiht worden und hatte beschlossen, nicht weiter nachzubohren, zumal ihr Russer auf den ersten Blick sympathisch gewesen war. Am nächsten Morgen gingen Morgenstern und Russer pro forma zum Bäcker, um Semmeln zu kaufen, in erster Linie wollten sie allerdings kurz in Russers Wohnung nach dem Rechten sehen.
Schon als Russer lange mit seinem Schlüssel am Schloss der Wohnungstür herumfummeln musste, schöpften sie Verdacht. Nachdem sie die Wohnung betreten hatten, wurde er zur Gewissheit.
Der ungebetene Besucher hatte bei der Untersuchung der Wohnung sehr viel weniger Umsicht walten lassen als Anna Russer. Bücher waren aus den Regalen gerissen worden, die Schubladen sämtlicher Schränke standen weit offen. Im Schlafzimmer lag die Wäsche auf dem Boden verstreut. Russer stöhnte auf, als er sah, dass der Einbrecher sogar die Matratze aufgeschlitzt hatte.
»Da kann doch nur der Monsignore dahinterstecken«, sagte Morgenstern grimmig, zückte sein Handy und rief in Hirnstetten an. Johann Breitenhiller war zu Hause.
»Sie schon wieder«, sagte er überrascht. »Haben Sie etwas herausgefunden?«
»Die Fragen stelle ich. Und ich würde gerne wissen, wo Sie heute Nacht waren«, knurrte Morgenstern.
Der Monsignore reagierte ungehalten: »Muss ich in Zukunft Protokoll über jede Stunde führen? Was soll das bitte schön werden?«
»Wo waren Sie heute Nacht?«, wiederholte Morgenstern grimmig.
»Nun gut. Ich war bei einem befreundeten Prälaten in Bamberg, ein alter Studienkollege von mir. Prälat Franz Gögelein. Ich besuche ihn fast jedes Mal, wenn
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