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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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Zeugen.
    Morgenstern war erstaunt darüber, wie abgeklärt und distanziert Werner Bauernfeind die Auftritte seiner Freundin schilderte, als hätte er mit alledem nichts zu schaffen gehabt. Tatsächlich glaubte Bauernfeind allen Ernstes, sein Erscheinen habe im sprunghaften Liebesleben der Limeskönigin die entscheidende Zäsur zu neuer Ernsthaftigkeit dargestellt. »Zwischen uns war es die ganz große Liebe«, versicherte er mehrmals.
    Zum bösen Erwachen, dachte Morgenstern, hatte die Zeit nicht mehr gereicht. Er dachte an die gewalttätige Auseinandersetzung im WC -Wagen, bei der sich der Kontrahent eine blutige Nase geholt hatte. Bauernfeind war ein Mann, mit dem man sich besser nicht anlegte.
    Noch wusste er nicht, wie er den jungen Mann einschätzen sollte. Einerseits neigte er zur Gewalttätigkeit, andererseits schien Barbara Breitenhiller wirklich die Liebe seines Lebens gewesen zu sein.
    Â»Kannten Sie die Frau Breitenhiller schon, bevor Sie ein Paar wurden?«, fragte Hecht.
    Bauernfeind nickte. »Klar. Hier kennt jeder jeden. Wir sind der gleiche Jahrgang, ich kenne sie noch aus der Grundschule in Kipfenberg.«
    Morgenstern nickte. Die Mittelschule »Am Limes«, da war er gestern erst mit seiner Familie vorbeigefahren. Er schaute auf seine Armbanduhr. Schon drei Uhr nachmittags. Seine Söhne waren inzwischen längst in ihrem Zeltlager. Wie es ihnen wohl gerade ging?
    Â»Nach der Grundschule ging die Barbie dann nach Eichstätt, in die Mädchenrealschule«, erzählte Bauernfeind weiter. »Ich bin in Kipfenberg geblieben. Aber natürlich läuft man sich ständig über den Weg. Zum Beispiel an Fasching. Kennen Sie den Kipfenberger Fasching?«
    Hecht und Morgenstern verneinten. Morgenstern dachte: Was soll’s, lassen wir ihn reden. Hecht hatte anscheinend den gleichen Gedanken, denn er ließ seinen kleinen Notizblock wieder in der Brusttasche seines Polohemds verschwinden.
    Â»Der Kipfenberger Fasching ist in ganz Bayern berühmt. Sie kennen sie wirklich nicht, die Fasenickl? Die Maschkerer mit ihren holzgeschnitzten Larven und den Gewändern aus lauter Flicken und den Goaßln?«
    Morgenstern verzog das Gesicht, sagte aber nichts.
    Â»Da bin ich dabei, ich hab heuer mit zwei anderen aus Böhming sogar den Wettbewerb im Goaßlschnalzen gewonnen. Da brauchst a Schmalz.« Bauernfeind ließ zur Erklärung kurz den Bizeps des rechten Armes spielen.
    Â»Ã„hm, und dann?« Morgenstern schlug nach einer der zahlreichen Stechmücken, die ihn inzwischen umschwirrten. Höchste Zeit, dass sie hier fertig wurden.
    Â»Die Barbie ist bei der Faschingsgesellschaft aktiv. In der Garde. Und da haben wir uns immer wieder getroffen. Irgendwann im Mai hat es dann gefunkt. Wir waren gleichzeitig im ›Dasda‹ und haben nebeneinander ein Cola-Weizen getrunken. Mehr so zufällig. Dann hab ich mir ›Dancing Queen‹ von Abba gewünscht, auch wenn der  DJ zuerst nicht wollte, dieser Penner. Hat behauptet, das gibt’s bei ihm nicht. Ich habe ihm einen Zehner rübergeschoben und ihm sicherheitshalber auch noch einen Satz heiße Ohren versprochen. Da ist ihm auf einmal eingefallen, dass er ›Dancing Queen‹ doch auf Lager hat. Und da hat es dann gefunkt.« Bauernfeind lächelte in gedankenverlorener Erinnerung vor sich hin.
    Â»Wie romantisch«, sagte Morgenstern im vollen Bewusstsein, dass Bauernfeind nicht der Mann fürs Erschnuppern ironischer Untertöne war.
    Hecht seinerseits pflichtete völlig arglos bei. »Jaja, bei ›Dancing Queen‹, da werden die Frauen schwach.«
    Morgenstern sah seinen unglücklich geschiedenen Kollegen von der Seite an und beschloss, bei nächster Gelegenheit ein bisschen nachzuhaken.
    Â»Und seitdem waren Sie ein Herz und eine Seele?«, fragte er.
    Bauernfeind nickte. »Korrekt. Die große Liebe, wie man so sagt.«
    Morgenstern kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. »Und was wäre gewesen, wenn sich Barbara Breitenhiller von Ihnen getrennt hätte?«
    Bauernfeind holte tief Luft, als wäre ihm gerade ein besonders schwerer Fall von Majestätsbeleidigung untergekommen. Schließlich wischte er die Frage mit einer Handbewegung weg, als wäre sie eine der lästigen blutsaugenden Schnaken.
    Â»Die Barbie ist die Meine, das ist ganz klar.« Er richtete sich zu ganzer Größe auf wie ein Berggorilla, der seine

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