Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
Vom Netzwerk:
Breitenhiller aus Hirnstetten in der Marktgemeinde Kipfenberg. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden. Wie Sie ganz richtig bemerkt haben, haben wir noch ein gutes Stück Arbeit vor uns.«
    Morgenstern brummte der Kopf, als er wieder in seinem Büro im Polizeipräsidium Oberbayern-Nord saß, die Beine auf den Schreibtisch gelegt, eine Tasse bitteren Kaffees in der Hand. Hecht hatte sich so weit wieder erholt, dass er die Ergebnisse der letzten Gespräche niederschreiben konnte. Morgenstern hatte sich den Leitzordner aus dem Hause Breitenhiller vorgenommen, in dem der Briefwechsel mit Heinrich Pietzka abgeheftet war.
    Pietzka hatte offenbar eine Interessengemeinschaft gegen den Römerpark ins Leben gerufen, die allerdings im Wesentlichen aus ihm alleine bestand. Eine Art Bürgerinitiative: Morgenstern ließ sich das Wort auf der Zunge zergehen. Irgendwie, so dachte er, hatte dieser Begriff viel von seiner alten Schlagkraft verloren, hatte dem Bild vom »Wutbürger« Platz gemacht. Und der war, so wie Morgenstern es verstanden hatte, ein im Herzen zutiefst biederer Mensch, dessen zentrales Ziel die Zementierung der bestehenden Verhältnisse war. Der in Veränderungen zuallererst eine Bedrohung sah und keine Skrupel hatte, diese Veränderungen notfalls mit Gewalt zu bekämpfen. Ob die Sache den Kampf wert war, schien zweitrangig. Am Ende war immer derselbe Satz zu hören: »Hier geht es ums Prinzip.«
    Morgenstern erinnerte sich an Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen, Schweinemastbetriebe und Asylbewerberheime. Und jetzt also auch gegen den Augustus-Park. Wie weit, so fragte er sich, würde jemand im Übereifer gehen, wenn es ums »Prinzip« ging? Würde jemand aus Furcht vor einem Autostau vor seiner Haustür einen Mord begehen? Nicht einen Totschlag im giftig aufbrausenden Jähzorn, sondern einen echten, sorgfältig geplanten Mord? Er konnte es sich nicht vorstellen. Aber was konnte er sich überhaupt vorstellen von der Sorge, die biedere Haus- und Grundbesitzer umtrieb? Die ihr Lebenswerk, ihr Idyll bedroht sahen?
    Morgensterns Phantasie reichte nicht aus. Er, der immer schon mit leichtem Gepäck gereist war, wie er es für sich selbst etwas heroisch formulierte, ohne Haus und ohne Wurzeln an seinem derzeitigen Wohnsitz Eichstätt, würde vor Auseinandersetzungen solchen Kalibers wohl eher heute als morgen die Flucht ergreifen. Nicht aus Feigheit, sondern, wie er bilanzierte, aus Prinzip. Das Morgenstern-Prinzip.
    Höchste Zeit also, sich Ingenieur Pietzka vorzunehmen.
    In Hirnstetten ging nach kurzem Läuten eine Frau ans Telefon.
    Â»Pietzka.«
    Â»Mike Morgenstern von der Kriminalpolizei in Ingolstadt. Könnte ich wohl Ihren Mann sprechen, Frau Pietzka?«
    Â»Mein Mann … Heinrich, er ist nicht da. Er ist an der Arbeit, in Ingolstadt. Bei Audi.« Einen Moment war es still in der Leitung, dann fragte sie: »Ich nehme an, es geht um Frau Breitenhiller? Schrecklich. Wir können es gar nicht fassen.«
    Â»Ja, eine schlimme Sache«, sagte Morgenstern. »Haben Sie sie denn gut gekannt, Ihr Mann und Sie?«
    Â»Was heißt kennen. Das Dorf ist klein, das werden Sie wohl wissen. Hier kennt jeder jeden. Wir haben leider keinen sehr guten Draht zur Familie Breitenhiller. Aber das kann Ihnen mein Mann alles sehr viel genauer sagen.«
    Es war klar, dass sie Morgenstern so schnell wie möglich abwimmeln wollte, und der ließ es geschehen. Sie diktierte ihm die Handy- und die Festnetznummer ihres Mannes, und keine Minute später hatte er den Ingenieur am Apparat. Pietzka meldete sich mit genervter Stimme, zeigte sich aber nicht überrascht, dass die Kriminalpolizei ihn sprechen wollte. Er habe bereits auf den Anruf gewartet, schließlich sei er Initiator der Interessengemeinschaft »Naturpark statt Römerpark«.
    Â»Können Sie sich für eine Stunde frei nehmen und zu uns ins Präsidium kommen?«, fragte Morgenstern.
    Pietzka zögerte. »Ich habe gerade unglaublich viel um die Ohren. Ich kann kaum weg. Sie können sich nicht vorstellen, was bei uns los ist. Hier gilt das olympische Prinzip.«
    Â»Dabei sein ist alles?«, fragte Morgenstern.
    Pietzka, wiewohl nach dem bisher hinterlassenen Eindruck ein humorferner Mensch, lachte. »Nein, ›höher, schneller, weiter‹ natürlich. Wir jagen hier von Rekord zu Rekord. Von Quartal zu Quartal werden unsere

Weitere Kostenlose Bücher