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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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Absatzzahlen besser. Die Chinesen reißen uns unsere Autos praktisch aus der Hand. Inder, Amerikaner – alle wollen Audi fahren. Und wir tun alles dafür, dass das so bleibt.«
    Â»Was arbeiten Sie denn genau, Herr Pietzka?«
    Â»Ich bin in der Entwicklungsabteilung«, kam es mit kaum verhohlenem Stolz zurück. »Alles streng geheim.«
    Â»Aha. Dann gehe ich mal davon aus, dass mein Kollege Hecht und ich nicht einfach so bei Ihnen reinspazieren können.«
    Â»Da liegen Sie richtig. Ich würde vorschlagen, wir treffen uns am Audi-Forum. Im öffentlichen Bereich, direkt vor dem Werk. Am Eingang zum Museum Mobile.«
    Â»Museum Mobile«, notierte Morgenstern. »In zwanzig Minuten?«
    Â»Ich werde da sein. Wie erkenne ich Sie denn?«
    Â»Jeansjacke, Cowboystiefel«, sagte Morgenstern und legte auf.
    Zum Audi-Werk war es von der Innenstadt nur ein Katzensprung. »Radlentfernung«, wie Morgenstern gerne sagte, ohne dass er selbst allerdings allzu häufig mit dem Fahrrad unterwegs wäre. Nicht in Eichstätt und schon gar nicht im Dienst in Ingolstadt. Es gab Kollegen, die von Gott weiß woher jeden Tag mit dem Mountainbike ins Präsidium strampelten und dort ebenso verschwitzt wie endorphingesättigt ankamen. Kollege Hecht hatte es sogar von Schrobenhausen immer wieder einmal versucht und war mit einem sportlichen Rennrad quer durchs tellerflache Donaumoos zur Arbeit geradelt. Aber für Morgenstern war das entschieden zu ambitioniert. Und zu einem dienstlichen Termin, und wäre er noch so günstig gelegen, hätte er nie im Leben ein Rad benutzt. Als Kriminaloberkommissar musste man schließlich Seriosität ausstrahlen, so die Meinung des Mannes mit den abgewetzten Cowboystiefeln.
    So fuhr er, Radldistanz hin oder her, mit Hecht im dunkelblauen Dienst-Audi über die Ettinger Straße zum Werk am nördlichen Stadtrand. Das Museum Mobile war ein runder zweistöckiger Glasbau: ein Tempel zum Lobpreis der vier Ringe, ein Tabernakel voller rollender Reliquien, ein Mausoleum für Motoren und Karossen. Hinter den Glasfronten standen auf Hochglanz polierte Fahrzeuge, die als Ikonen der Audi-Geschichte galten. Morgenstern wusste nur zu gut, dass er für das laut ausgesprochene Wort »Oldtimer-Ausstellung« an diesem Ort augenblicklich geteert und gefedert würde.
    Dr. Heinrich Pietzka wartete wie versprochen vor der Eingangstür, direkt an einem großen Vorplatz, der von Zeit zu Zeit für Konzerte und Open-Air-Kino-Abende Verwendung fand. Nach kurzem Überlegen – Pietzka hatte tatsächlich in einer halben Stunde schon wieder ein Arbeitstreffen, das bei ihm selbstverständlich »Meeting« hieß –, ließ man sich einfach auf ein paar Steinquadern nieder, die von der Sonne angenehm temperiert waren.
    Morgenstern musterte den Mann: Er war klein, höchstens eins siebzig, stämmig, aber muskulös, und hatte blonde, zur Mecki-Frisur gestoppelte Haare. Morgenstern schätzte, dass Pietzka etwa in seinem Alter war, Mitte vierzig also. Das war es aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten, allein wegen des grauen Anzugs und der dunkelblauen Krawatte, die der Ingenieur trug.
    Â»Schießen Sie los«, sagte Pietzka. »Was müssen Sie wissen?«
    Â»Kannten Sie Barbara Breitenhiller? Die Limeskönigin?«, fragte Hecht.
    Â»Selbstverständlich kannte ich sie. Hirnstetten ist winzig. Und auch wenn meine Frau und ich erst vor drei Jahren hergezogen sind und am Dorfleben zunächst keinen regen Anteil genommen haben, so kennt man sich doch.«
    Â»Keinen regen Anteil?«, fragt Morgenstern erstaunt. »Immerhin machen Sie gegen den Römerpark mobil. Haben Sie nicht sogar eine Bürgerinitiative gegründet?«
    Â»Was meinen Sie mit ›mobil machen‹? Denken Sie, ich bin ein Aufwiegler? Nein, ich will nur die Leute darüber informieren, was da oben bei uns geplant ist. Das ist mein gutes Recht. Bloß am Vereinsleben sind wir nicht beteiligt. Und auch nicht am sonntäglichen Kirchgang. Das ginge auch gar nicht. Wir sind evangelisch.«
    Â»Und warum sind Sie ausgerechnet nach Hirnstetten gezogen?«
    Â»Meine Frau und ich haben lange in der Nähe von Wolfsburg gewohnt. Ich war bei  VW , ebenfalls in der Entwicklung. Als ich das Angebot erhielt, zu Audi zu wechseln, habe ich angenommen. Wir haben kurz zur Miete gewohnt und uns dann sehr schnell ein Haus in Hirnstetten

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