Teufelsmond
Arbeit so ein Pfarrhaushalt macht? Keinen Knecht habe ich, keine Magd, nicht einmal eine Wäscherin. Alles muss ich selbst erledigen, tagaus, tagein. Ich spüre meine Glieder kaum noch, so muss ich mich anstrengen, damit hier alles wie am Schnürchen läuft. Und dann kommt Ihr noch einfach so daher, sagt weder, wer Ihr seid, noch, was oder gar wohin Ihr wollt.»
«Ihr habt recht», erwiderte Karla freundlich und reichte der Rotnasigen die Hand. «Ich bin die Karla, und das da ist Pater Fürchtegott.»
«Ich heiße Else», brummte die Frau. «Haushälterin des Pfarrers Dippel bin ich, aber das habt Ihr Euch sicher gedacht.»
«Wo ist der Pfarrer?», fragte Pater Fürchtegott. «Ich möchte ihn gern begrüßen.»
«Was weiß denn ich?», nörgelte die Else. «Meint Ihr, er sagt mir, wohin er geht? Oh, nein.» Sie klang recht verbittert, stellte Karla fest. «Ich schufte mir hier den Rücken krumm und halte das Haus in Ordnung, obwohl ich es im Kreuz habe. Gerade heute sind die Schmerzen unerträglich. Dazu das Wetter. Ich sage Euch, ich kann jeden Knochen in meinem Leib spüren.»
Else griff nach dem dampfenden Krug, aus dem der unwiderstehliche Duft von heißem Würzwein aufstieg. Sie goss sich einen Becher voll, scheinbar ohne die sehnsüchtigen Blicke von Karla und Pater Fürchtegott zu bemerken. Dann hob sie den Becher, trank ihn in einem Zug aus und wischte mit dem Ärmel über die feuchten Lippen.
«So ein heißer Wein tut gut, nicht wahr?» Pater Fürchtegotts Augen funkelten. «Gerade wenn man so richtig durchgefroren ist und aus einem Unwetter wie diesem hier kommt.»
Else goss sich ihren Becher zum zweiten Mal voll.
«Wir hätten auch gern einen Schluck», sagte Karla bestimmt.
Else warf ihr einen Blick zu, der Wasser zu Eis gefrieren lassen konnte. Dann nahm sie zwei Becher vom Bord, goss in jeden einen Daumenbreit Wein und reichte ihn den Gästen mit mürrischer Miene.
Pater Fürchtegott trank einen Schluck und betrachtete enttäuscht den Becherboden. «Wann kommt er zurück, Euer Herr?»
«Weiß ich’s? Mir sagt er nichts.»
Karla wies mit der Hand auf die Feuerstelle, über der kein Topf, kein Kessel hing, nichts. «Erwartet Ihr ihn heute noch?»
«Wir haben zu Mittag gegessen. Ich koche nicht mehrmals am Tage. Wenn der Pfarrer Hunger hat, kann er Brot und Speck essen.»
Else trat zum Fenster, stieß den hölzernen Laden ein wenig auf. «Der Sturm hat etwas nachgelassen», erklärte sie. Doch der Holzladen knallte noch immer so heftig gegen die Wand, dass man es splittern hörte.
Pater Fürchtegott reichte es. Er hatte sich an den schlechtgescheuerten Küchentisch gesetzt und goss sich nun selbst aus der Weinkanne nach. «Ich bin ein Mann Gottes wie Euer Herr. Ich reise in Begleitung. Gastfreundschaft ist ein Gebot unserer Kirche. Ihr aber lasst es daran fehlen. Wie sieht es aus, wenn ich dem Erzbischof von Mainz nach meiner Rückkehr von Euch berichte? Kann sein, dass der Pfarrer mit Eurer Arbeit dann nicht mehr restlos glücklich ist. Es mag junge Dinger hier im Dorf geben, die dieses Amt mit Freude besser versehen würden.»
Else fuhr herum. Sie musterte die beiden Gäste empört. «Was glaubt Ihr, wer Ihr seid, dass Ihr so mit mir reden könnt?», fauchte sie. «Ich habe Euch aufgenommen in mein Haus, habe Euch mit gutem Wein verwöhnt, und jetzt droht Ihr mir?»
Pater Fürchtegott zuckte mit keiner Wimper, hatte seinen Blick fest in den Elses gebohrt. «Ich bin Pater Fürchtegott, Exorzist des Erzbischofs von Mainz im nördlichen Hessen.»
Else erbleichte. «Kein Bettelmönch?», fragte sie mit blasser Stimme.
«Nein. Kein Bettelmönch. Ich habe ein Schreiben des Erzbischofs dabei. Wollt Ihr es sehen?»
Else winkte ab. «Nein, nein. Ich glaube Euch. Nehmt Euch noch Wein. Wollt Ihr Brot? Mögt Ihr ein Stück Speck? Und verzeiht meine schlechte Stimmung. Es ist nicht leicht, hier zu leben.»
Pater Fürchtegott winkte ab. «Ja, bringt uns Brot und Speck. Doch zuvor muss ich noch einmal raus. Wo kann ich mich erleichtern?»
«Gleich da zur Tür hinaus. Über den Hof. Hinter dem großen Baum findet Ihr ein Häuschen.»
Pater Fürchtegott stand auf und verließ die Küche.
«An Branntwein fehlt es Euch nicht, habe ich recht?», fragte Karla die Haushälterin.
«Was fällt dir ein, du Gör? Wie kommst du nur darauf. Warte ab, noch ein freches Wort und ich sage es deinem Herrn.» Else stemmte die Fäuste in die Hüften. Sie holte tief Luft, um weiterzuzetern, da ertönte von
Weitere Kostenlose Bücher