Teufelsmond
den Raum gemütlich herzurichten. Gleich neben der Tür stand ein rostiges Kamingitter mit gebrochenen Stäben. Ein dreibeiniger Schemel lehnte dagegen. Und daneben befand sich eine alte Kleidertruhe, der der Deckel fehlte. Mäuse hatten sich darin aus Stofffetzen ein Nest gebaut. Wenn Karla in der Nacht erwachte, konnte sie sie trippeln und piepsen hören.
Sie selbst lag auf einem mit Stroh gefüllten Sack auf dem Boden. Das Kissen, das Else ihr gegeben hatte, war klumpig und roch so, als hätte es lange in einem feuchten Raum gelegen. Auch die Decke roch modrig und war überdies so rau, dass Karla sich die halbe Nacht kratzen musste.
Da hörte sie die Haustür gehen. In der Hoffnung, Pater Fürchtegott sei von wo auch immer zurückgekehrt, löschte sie ihre Kerze, stieg die Treppe hinab und blieb wie angewurzelt hinter der Küchentür stehen, die bis auf einen handbreiten Spalt geschlossen war. Durch den Spalt sah sie die Else gemütlich auf der Küchenbank hocken, die Hände im Schoß liegen, und ihr gegenüber saß die dürre Bernadette. «Und ich sage dir, es ist besser, wenn sie so schnell wie möglich von hier verschwinden», hörte Karla sie sagen.
«Nein, nein, nein!» Die Else fuchtelte mit einem Finger in der Luft herum. «Es ist gut, dass wir einen Exorzisten hier haben. Wir brauchen ihn. Denke nur daran, was alles geschehen kann! Die Michelsmüller spaßen nicht. Das weißt du. Wie lange warten wir jetzt schon darauf, dass etwas passiert? Jetzt ist der alte Müller gestorben. Und du weißt so gut wie ich, dass niemand aus dem Dorf zu seiner Beerdigung gehen wird. Niemand von uns wird es wagen, ihm die letzte Ehre zu erweisen. Ahnst du, was das heißt? Ihr Zorn auf uns wird noch größer. Ich jedenfalls bin sehr froh, dass wir den Pater im Haus haben. Er ist der Einzige, der uns vor Unheil bewahren kann. Der Dippel …», sie senkte die Stimme, «… der Dippel bleibt so lange im Bett liegen, bis der ganze Spuk vorüber ist, darauf wette ich.»
Karla hätte gern noch länger vor der Tür gestanden und gelauscht, doch just in diesem Augenblick kam tatsächlich der Pater zur Türe herein.
«Du lieber Himmel, Pater Fürchtegott, wie seht Ihr denn aus?», fragte Karla und betrachtete die Kutte, die bis zu den Hüften mit Schlamm bespritzt war. Sein Haar war zerzaust und der Bart struppig. Alles in allem wirkte Pater Fürchtegott so erschöpft, als hätte er einen langen Marsch hinter sich.
Er stieß die Küchentür auf und ließ sich mit einem Seufzer neben die Else auf die Bank fallen. «Einen kräftigen Schluck Wein könnt ich jetzt brauchen», sagte er.
Karla folgte ihm und warf einen Blick auf die Else, die sich jedoch nicht rührte. Dafür stand die dürre Bernadette auf. «Ich muss rüber, der Meine wartet bestimmt schon. Gesegnete Nacht allen unter diesem Dach.» Sie kicherte dümmlich, warf dem Pater einen prüfenden Blick zu und verließ die Küche.
«Was ist mit dem Wein? Ich hätte auch gern einen Becher davon», erklärte die Else.
Karla schluckte. Ihre Arme schmerzten vom Wäschewaschen, ihre Hände waren rau und aufgesprungen. Vom vielen Bücken tat ihr der Rücken weh. Doch sollte sie jetzt einen Zwist mit Else vom Zaun brechen?
«Wo finde ich den Wein?»
«Wo schon! In der Vorratskammer natürlich!»
Karla öffnete die schmale Tür, die sich gleich neben der Kochstelle befand. Sie sah ein halbleeres Butterfass, eine Tonschüssel mit einem Dutzend Eiern, etliche Säcke mit Linsen und Bohnen, ein kleines Fass mit Sauerkraut, eine dicke Speckseite, zwei Räucherwürste und einen Schinken, doch Wein fand sie nicht.
«Im Regal, da müsste noch ein Krug stehen», rief die Else ungeduldig.
Karla prüfte jedes einzelne Gefäß, aber Wein war nicht darunter. «Hier ist nichts. Ich muss wohl in den Keller steigen. Else, wo ist der Schlüssel?»
Karla schloss die Tür zur Vorratskammer und bestaunte mit offenem Mund, wie flink sich die faule Else plötzlich von der Bank erhob. Sie fischte nach dem Schlüssel, den sie an einem Band um den Hals trug. «In den Keller gehe ich allein. Du kennst dich dort nicht aus.» Und schon war sie aus der Küche geschlüpft und polterte die Kellertreppe hinunter.
Karla sah ihr verwundert hinterher, dann zuckte sie mit den Achseln und fragte den Pater: «Wo wart Ihr die ganze Zeit? Seit es dunkel geworden ist, habe ich mir Sorgen um Euch gemacht. In der Michelsmühle gibt es einen neuen Krankheitsfall. Ist alles in Ordnung?»
«Wie man es nimmt, Karla.
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