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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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An unserem Ankunftstag lag der Dippel bewusstlos im Hof. Am nächsten Morgen kam der Michelsmüller, um uns zu seinem kranken Vater zu holen.»
    «Genau», unterbrach Karla. «Und dort trafen wir Sofie, die keinen Vater für ihr Kind hat.»
    «Danach die Hausräucherung, bei der sich die Leute vor der Tür drängten, aber früher am Abend standen wir in einer leeren Kirche, obwohl man meinen sollte, die Dörfler hätten nach so einem Sturm ein wenig Trost nötig.»
    «Und ich», fuhr Karla fort, «habe kurz vor der heiligen Messe von der alten Alrun eine Alraunwurzel geschenkt bekommen. Vormittags hatte ein anderes altes Weib behauptet, das Backhaus wäre durch den Fluch der Michelsmüller beschädigt.»
    «Richtig. Alle Leute haben Angst vor den Müllern, aber niemand sagt uns, warum das so ist. Und deshalb müssen wir bleiben und herausfinden, was in Alwerode vor sich geht. Hilfst du mir dabei?» Wie für sich selbst fügte er leise hinzu: «Am Ende haben vielleicht sogar die Lazarener ihre Hände hier im Spiel.»
    Karla trat von einem Bein auf das andere und betrachtete den Boden unter ihren Füßen. «Ich weiß nicht, ob ich tun kann, was Ihr verlangt.»
    Pater Fürchtegott legte eine Hand auf Karlas Schulter. «Du bist frei, ich halte dich nicht. Du kannst gehen, wohin du willst. Aber ich kann dich nicht begleiten, verstehst du das?»
    Karla nickte und seufzte. «Ich bleibe. Was soll ich tun, um Euch zu helfen?»
    «Freunde dich mit Else an. Sie weiß viel mehr, als sie uns sagt.»
    «Mit der faulen Else?» Karla fuhr zurück. «Eher befreunde ich mich mit einem Zaunpfahl. Der ist ebenso faul, aber wenigstens jammert er nicht die ganze Zeit.»
    «Ich kann dich nur darum bitten. Entscheiden musst du selbst.»
    Karla sah auf die Straße hinaus, die still und verlassen lag. Hinter ihnen wölbte sich der Ziegenberg dem Himmel entgegen, und am Horizont stand der Rimberg fest wie ein Fels. «Ich muss darüber nachdenken», erklärte Karla. «Ich werde einen kleinen Spaziergang machen. Durchs Dorf. Jetzt schlafen die meisten. Niemand wird mich beobachten.»
    «Pass gut auf dich auf, Karla», sagte er. «Es gibt sicher welche, die nicht schlafen.» Dann begab er sich zu einem Schuppen und kam mit einem kleinen Beil zurück. «Nimm das! Sicher ist sicher. Und wenn du zurückkommst, dann klopfe an meiner Kammertür.»
     
    Karla schritt langsam die Dorfstraße hinab. Sie hielt sich eng im Schatten der Häuser und Katen. Der Himmel war bedeckt, nur hin und wieder zeigte sich die scharfe Sichel des Mondes. Das Dorf lag in völliger Dunkelheit. Hinter keinem einzigen Laden erblickte Karla einen Lichtschein oder hörte Geräusche. Ein Hund bellte, und eine Katze hetzte über die stille Gasse.
    Nur von der Schenke her erhellte ein Lichtschein die Gasse. Karla blieb stehen, äugte durch einen Spalt im Holzladen ins Innere. Krüger, der Wirt, stand an einem der grobgezimmerten Holztische, beide Hände auf die Platte gestützt, sodass die Adern, dick wie Hanfseile, auf dem Unterarm sichtbar wurden. Das dünne strähnige Haar war ihm in die Stirn gerutscht, und sein dicker Wanst stieß an die Tischkante. Aufgeregt sprach er auf den Dorfschulzen ein, der wieder und wieder den Kopf schüttelte. Obwohl es Karla vorhin noch so erschienen war, als läge das ganze Dorf im Schlaf, war die Schenke rappelvoll. Sie erkannte den Glenbauern, der sich das Schankmädchen auf den Schoß geholt hatte und mit seinen groben Pranken unter ihrem Brusttuch fummelte. Der Hettrich saß mit großen Augen und offenem Mund dabei. In der Ecke, nahe der Feuerstelle, erblickte Karla die zahnlose Alrun, und neben ihr – Karla blieb der Mund offen stehen – saßen Else und die dürre Bernadette und sprachen voller Eifer auf den Schuhmacher Henn Wegener ein. Der saß mit gebeugten Schultern, als trage er an einer großen Last. Seine Augen bewegten sich rasch hin und her, als suche er nach einer Fluchtmöglichkeit. Die faltige Haut an seinem Hals war rot verfärbt. Neben ihm saß sein Weib Gertie, das viel jünger war als er. Ein dralles Weib mit großen Brüsten und einem lauten, schallenden Lachen. Jetzt sah Karla, wie die Gertie heimlich dem Dorfschulzen zuzwinkerte und dabei mit ihren vollen Brüsten wackelte. Die Else sah’s auch und verkniff die Lippen zu einem schmalen Strich. Ihr gegenüber hockte Hoffmann, der ein kleines Gehöft hatte und als Küster der Kirche diente. Sein Weib, hatte Karla die dürre Bernadette sagen hören, war erst vor wenigen

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