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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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haben?»
    Wieder blickte ihr der Michelsmüller tief in die Augen. Und Karla erwiderte diesen Blick, blickte in die tiefe Traurigkeit hinein, aber sah keinen Funken Bosheit. Er hat ein gutes Gesicht, dachte sie. Es ist nicht freundlich, es ist nicht schön, aber es ist gut.
    Noch ehe der Michelsmüller antworten konnte, polterte der Pater die Treppe hinab.
    «Gelobt sei Jesus Christus, Jo.»
    «In Ewigkeit. Amen, Pater. Ich komme wegen meines Bruders. Auch er braucht nun die Krankensalbung. Und der Tante täten die Sakramente auch gut, meine ich. Beide liegen krank.»
    Der Pater seufzte und schlug dem Müller leicht auf die Schulter. «Euch beutelt das Leben derzeit ganz schön, nicht wahr?»
    Die Augen des schwarzen Jos wurden noch dunkler. Ein bitterer Zug umspielte seine Lippen. «Mein Bruder ist noch so jung, Pater, gerade einmal vierzehn Jahre. Er hat keiner Menschenseele etwas getan. Er sollte noch nicht sterben müssen. Und jetzt hat er dasselbe Leiden wie mein Vater. Es bringt mich um, ihn so elend zu sehen. Die Mutter ist grau geworden über Nacht, die Tante hat vom Weinen verschwollene Augen, und die Schwester weiß nicht, wo sie zuerst anfangen soll mit all der Arbeit. Wir sind noch nicht einmal dazu gekommen, den Vater zu beerdigen. Er liegt im Schuppen wie ein Stück Holz, und es zerreißt mir das Herz, wenn ich nur daran denke.»
    «Ist Euer Bruder noch bei klarem Verstand? Spricht und hört er noch?»
    «Ja, aber womöglich nicht mehr lange.»
    Der Pater griff nach seinen Stiefeln, die er direkt neben die Feuerstelle zum Trocknen aufgestellt hatte, und schlüpfte hinein. «Ich werde ihm die Beichte abnehmen», sagte er. «Und falls das Schlimmste eintreten sollte – der Herr mag es verhüten –, so könnt Ihr gewiss sein, dass Euer Bruder wohlversorgt mit den Sakramenten vor seinen Schöpfer tritt.»
    Der schwarze Jo winkte ab. «Wenn es nach den Dorfleuten ginge, so würde ein jeder von uns direkt in der Hölle landen.»
    «Wieso das?», fragte der Pater Fürchtegott und biss in die dick belegte Scheibe Sauerteigbrot, die Karla ihm gereicht hatte, und trank heiße Milch aus einem Tonbecher.
    Der schwarze Jo zog die Augenbrauen ein wenig nach oben und blickte den Pater so prüfend an wie vorher Karla. «Die Dörfer hier im Knüllwald sind abgeschieden. Nichts, was in den Städten geschieht, dringt bis zu uns. Denkt nur, im Sommer kam ein Reisender aus Köln. Der berichtete, dass es in der Domstadt Leitungen aus Holz gibt, die das Wasser vom Brunnen zu den Häusern leiten. Um ein Haar hätte es eine Prügelei in der Schenke gegeben, weil die Dörfler den Mann für einen Lügenbold hielten. Aber dann kam ein anderer, der bestätigte, dass es selbst in Frankfurt diese Dinge gibt.»
    «In den Städten wiederum weiß man kaum, was in den Dörfern vor sich geht», erklärte Pater Fürchtegott. «Man hört nur immer wieder, dass es hier einige geben soll, die noch den alten Göttern anhängen.»
    Karla spitzte die Ohren. Der schwarze Jo erwiderte: «Von den alten Göttern weiß ich nicht viel. Wir Michelsmüller sind Christen wie Ihr. Solange ich denken kann. Aber es stimmt, so mancher treibt hier Dinge, die dem Herrgott im Himmel nicht unbedingt gefallen mögen.»
    «Was meint Ihr damit?»
    «Nichts weiter. Aber im letzten Winter, da hat sich die Elisabeth, Beckmanns Weib, in ihrem Hause aufgeknüpft. Und der Ihre hat sie ein paar Tage hängen lassen. Aus Scham, wie er sagt, denn es ist eine große Sünde, sich selbst zu richten. Seither, so heißt es, spukt’s in diesem Haus. Meine Schwester hat es selbst gehört. Und der Beckmann hat sich anderswo einen Unterschlupf gesucht.» Er blieb kurz stehen und klopfte sich einen Schlammbrocken vom Stiefel. «Im Winter sind die Dörfer oft monatelang von allem abgeschnitten. Nicht alle haben einen eigenen Pfarrer, sodass mancher Weiler ganz ohne Zuspruch dasteht. Die Leute bleiben in ihren Stuben hocken, das viele Weiß des Schnees macht sie blind oder treibt Schabernack mit ihren Augen. Sie haben nichts weiter zu schaffen. Also schlagen sie ihre Weiber, greifen den Mägden unter die Röcke, lassen die Knechte unnütze Arbeiten verrichten. Und sie selbst grübeln. Über alles, was geschieht. Sie sind so einsam, schmoren wie ein Weihnachtsbraten im eigenen Saft. Ihre Gedanken sprießen in alle Richtungen. So manch einer hat sich in den langen Nächten schon ein Gedankenhaus gezimmert, das auf einem wackligen Boden steht.»
    «Und Ihr? Eure Familie? Warum meidet

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