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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Mühle an den Vater übergeben, da legte der Landgraf sein Veto ein. Er, der Landgraf, war ein Lutherischer. Mein Vater ein Anhänger des Kaisers und des Papstes. Der Dorfschulze von Asterode war ein Anhänger des Landgrafen.»
    Der schwarze Jo hielt inne und schüttelte den Kopf, als könne er die Ereignisse von damals noch immer nicht begreifen. Sein Gesicht verriet schmerzliche Erinnerung und Empörung.
    «Und dann?», fragte Karla leise.
    Der schwarze Jo seufzte aus tiefster Seele. «Dann brannten eines Tages sowohl die Mühle als auch die Gerberei nieder. Am selben Tag! Obwohl sie gut und gern hundert Fuß voneinander entfernt lagen!»
    «Brandstiftung?», fragte Karla.
    Der schwarze Jo zuckte mit den Achseln. «Wer weiß? Jedenfalls verbrannte das gesamte Hab und Gut. Der Dorfschulze ließ bestellen, wir sollten die Mühle und die Gerberei innerhalb eines Jahres wieder aufbauen. Aber wovon? Wir hatten doch nichts mehr! Meine Mutter ging schon schwanger mit mir! Mein Vater machte sich auf den Weg zum Landgrafen. Er hatte Marburg noch nicht erreicht, als ein neuer Müller, ein Vetter des Dorfschulzen, sich auf unserem Land zu schaffen machte. Jetzt standen wir auf der Straße, hatten kein Bett, keinen Tisch, keinen Topf.»
    «Und dann?» Karla wippte aufgeregt mit den Füßen. Sie wollte unbedingt wissen, wie die Geschichte weiterging.
    «Meine Mutter war eine schöne Frau. Der Glenbauer brachte die ganze Familie nach Alwerode, und die alte Alrun nahm uns auf. In Alwerode stand die Michelsmühle leer, und es hieß, der Glenbauer wollte sie kaufen. Die Herren von Dörnberg, die im Aulatal ein Schloss haben und unter deren Gerichtsbarkeit Alwerode stand, hatten dem Glenbauern bereits eine Kaufsumme genannt. Und der Glen wäre mit der Mühle der reichste Mann im Aulatal geworden. Nicht nur der größte Bauer, sondern der größte Besitzer in der ganzen Gegend.
    Der Landgraf hatte unterdessen ein Mitleid mit meinem Vater. Er versprach ihm die Michelsmühle und verfügte, dass der Kaufpreis innerhalb von zehn Jahren an den Herrn von Dörnberg zu entrichten ist. Somit konnte der Glenbauer nicht mehr Mühlenbesitzer werden. Die Leute im Dorf freuten sich zunächst, denn der Glen war kein Müller und wusste im Grunde nicht, wie eine Mühle zu betreiben war. Auch die Preise hätte er den Bauern erhöht …»
    Plötzlich ertönte aus dem Haus ein durchdringender Schrei. Der schwarze Jo sprang auf, und auch Karla rutschte eilig vom Holzstoß und konnte den langen Schritten des schwarzen Jos kaum folgen.
    Sie eilten in die Kammer des Jungen, und Karla konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken! Die Mutter stand mit zerrissener Kleidung vor dem Bett des nunmehr Toten und schlug mit den Fäusten wieder und wieder dagegen. Dabei schrie sie den Namen des Jungen, brüllte ihn, gellte ihren Schmerz zum Himmel hinauf, während die Sofie wie eine Holzpuppe dastand, die Arme an den Seiten herabhängend, als gehörten sie nicht zu ihr.
    Pater Fürchtegott bekreuzigte sich und murmelte leise Gebete. Dazwischen rief die Mutter nach ihrem Sohn, rief seinen Namen, rief Gott an und wieder nach dem Jungen. Der schwarze Jo nahm sie in seine Arme, presste sie an sich und strich ihr über den Rücken. Dabei rannen Tränen über sein Gesicht.
    Karla trat zum Pater: «Lasst uns gehen, sie wollen mit dem Jungen allein sein.»
    Fürchtegott nickte, und gemeinsam verließen sie das Sterbezimmer. In der Küche sah Karla noch einmal nach dem Feuer, dann schlossen sie die Tür der Michelsmühle hinter sich. Auf dem Weg zurück ins Dorf fragte Karla: «Woran ist er gestorben, der Junge?»
    «Ich bin kein Heilkundiger, kein Medicus und kein Henker. Ich weiß es nicht. Er hatte Durchfälle, blutige Durchfälle, und er wurde von Krämpfen geschüttelt. Genau wie sein Vater vor wenigen Tagen. Der Tante geht es ähnlich schlecht. Ich denke, auch sie wird nicht mehr lange unter den Lebenden weilen.»
    Am Backhaus stand Alrun, auf dem Rücken den Weidekorb. «Kommt Ihr von dort drüben?», fragte sie und zeigte mit dem Finger in Richtung Michelsmühle.
    Pater Fürchtegott nickte.
    «Ist wieder wer gestorben?»
    «Der Jost gerade eben», erwiderte Karla.
    Die Alrun nickte, als hätte sie es geahnt, und bekreuzigte sich stumm.
    «Geht niemand rüber, um zu helfen?» Karla konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme bissig klang.
    «Ich gehe nachher, aber viel tun kann ich wohl auch nicht. Es wird ohnedies Gerede geben.»
    Zwei Mägde kamen herbei. Trudls Augen

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