Teufelspfad
anzustarren, während er sie nicht sehen konnte. Und nachdem sie jetzt so viele Warnungen bezüglich Fitz’ Zustand bekommen hatte, fing sie langsam an, sich noch mehr Sorgen um ihn zu machen.
Die Tür wurde geöffnet, und zwei Männer kamen heraus. Beide trugen einen blauen Anzug und rot-weiß gestreifte Krawatten. Sie nickten professionell, und der Zweite hielt ihr die Tür auf.
Taylor atmete tief durch und trat ein.
Fitz war, seitdem sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, geschrumpft. Er hatte Gewicht verloren und seine Schultern waren zusammengesackt. Er wirkte, als hätte er sich in sich selbst zusammengefaltet, um den Kern aus Schmerz zu beschützen, der ihn antrieb. Taylor wusste, wie erschöpft er sein musste, und das tat ihr genauso weh wie seine offensichtliche Trauer.
Als sie eintrat, drehte er sich um. Die linke Seite seines Gesichts war mit einer dicken weißen Mullbinde verbunden, die Haut ganz gelb gefärbt vom Jod. Aber sein verbliebenes Auge war immer noch rund und dunkelblau und leuchtete bei ihrem Anblick auf.
„Schön, dich zu sehen, kleines Mädchen“, sagte er rau, und sie hörte die Tränen in seiner Stimme.
Und dann hatte sie auch schon die Arme um ihn geschlungen und hielt ihn fest, als hinge ihr Leben davon ab.
3. KAPITEL
Nashville, Tennessee
Colleen Keck tippte mit flinken Fingern den Blogtitel ein.
Noch keine Spur im Fall des vermissten Teenagers aus Nashville
Sie schaute nach, ob sie sich vertippt hatte. Hatte sie nicht. Gut. Die Zeile war griffig. Sie trank einen Schluck von ihrer Cola light und machte sich dann an den Blogeintrag selber. Ihre Finger flogen nur so über die Tastatur.
Nashville hat sich immer noch nicht von dem grauenhaften Halloween-Massaker der letzten Woche erholt, bei dem acht Teenager in Green Hills am Nachmittag von Halloween ermordet wurden. Während die ersten Beisetzungen stattfinden, sickern weitere beängstigende Neuigkeiten durch: Ein siebzehn Jahre alter Schüler der Montgomery Bell Academy wird vermisst. Peter Schechter, Mitglied des MBA Footballteams und Co-Captain der Lacrosse-Mannschaft, ist am Tag nach Halloween nicht zum Training gekommen, und seitdem hat auch niemand mehr etwas von ihm gehört.
Sein Auto, ein silberner BMW 5er, Baujahr 2006, wurde Samstagmorgen auf dem Parkplatz des McDonald’s im West End gefunden. Seine Eltern Winifred und Peter Schechter Sr. berichten, dass ihr Sohn ein verantwortungsvoller, hart arbeitender Junge ist, dem sein Sport über alles geht. „Es ist vollkommen untypisch für Pete, dass er sich nicht meldet. Das tut er sonst immer. Wir stehen uns sehr nahe“, sagt Mrs Schechter unter Tränen.
Schechters Freunde bestätigen, dass sie an Halloween am Lower Broadway eine Party im Subversion besucht haben, doch niemand kann sich daran erinnern, ihn zu seinem Wagen zurückgebracht zu haben. „Wir sind davon ausgegangen, dass er mit jemand anderem zusammen gegangen ist“, sagt Brad Sandford, ein Freund und Teamkollege. „Wir sind ohne ihn nach Hause gefahren.“
Die Polizei glaubt nicht, dass Schechter aus eigenem Antrieb die Party verlassen hat. Einzelheiten dazu werden zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch zurückgehalten. Der Vermisste geht nicht an sein Handy, und es sind bisher auch keine SMS über seine Nummer verschickt worden. Eine den Ermittlungsbehörden nahestehende Quelle, die nicht genannt werden möchte, bestätigt, dass die Polizei von einem Verbrechen ausgeht. Es wurde bereits ein AMBER-Alarm ausgegeben und eine großräumige Suche organisiert. Wer Hinweise auf Peter Schechters momentanen Aufenthaltsort hat, möge sich bitte unter der Nummer 866-555-2010 melden. Auch anonyme Hinweise werden angenommen.
Demütigst übermittelt von
Felon E
Colleen las den Artikel noch einmal durch, korrigierte ein Komma und veröffentlichte die Geschichte. Sie wurde automatisch in ihren Twitter-Account gefüttert; sie schaute über TweetDeck zu, wie die Nachricht sich wie ein Virus verbreitete und ihre Hunderttausende Follower brav weitererzählten, dass ein neuer Blogpost veröffentlich worden war. Sie knackte mit den Fingerknöcheln und erlaubte sich ein kleines Lächeln.
Felon E war ihr Baby, ihr Universum. Obwohl die Welt der True-Crime-Blogger, wie sich diejenigen nannten, die über echte Verbrechen berichteten, exponentiell wuchs und beinahe täglich neue Blogs auftauchten, war sie immer noch die Nummer eins. Ihr Blog hallte durch die Onlinewelten, weil sie akkurat war und ihre Beiträge mit viel Takt
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