Teufelspfad
ob sie zu ein und derselben Person gehörten, war das hier ein offizieller Fall, der verlangte, dass ein gewisses Prozedere eingehalten wurde.
Auf dem Papier schien der Prozess zur Identifizierung über das Zahnschema leicht zu sein. Man musste einfach die postmortal erstellten Röntgenaufnahmen mit den in der riesigen FBI-Datenbank erfassten Zahnschemata vergleichen. In Wahrheit hatte man dabei allerdings kaum einmal das Glück, einen Treffer zu erzielen. Das zentrale Zahnregister sollte eigentlich im ganzen Land Standard sein. Doch viele der dörflicher gelegenen Polizeireviere hatten Schwierigkeiten, ihre Datenbanken zu füttern, weil ihre Opfer nur selten zum Zahnarzt gingen. Und die Reviere in den großen Städten hatten so viele Fälle auf ihren Schreibtischen, dass sie auch nicht dazu kamen. Der Punkt, an dem der Abgleich zügig und glatt verlief, war noch nicht erreicht.
Die dahinterstehende Idee war ganz einfach. Wenn jemand vermisst gemeldet wurde, fragte der jeweilige Ermittler die Familie, ob die vermisste Person in den letzten Jahren bei einem Zahnarzt gewesen war. Wenn vorhanden, wurden die Röntgenaufnahmen und der Zahnstatus erfasst und in die Datenbank eingegeben.
Wenn ein mögliches Opfer auftauchte, untersuchte ein forensischer Odontologe die Leiche und erstellte anhand von neuen Röntgenaufnahmen und dem, was er sah, einen Zahnstatus. Die Datenbank wirkte dann ihr Wunder und spuckte einen Treffer aus, woraufhin die Familie darüber informiert werden konnte, dass der Vermisste gefunden worden war. So weit die Theorie.
Peter Schechters Fall war ein bisschen leichter. Er wurde erst seit fünf Tagen vermisst, und seine Eltern hatten am Wochenende die Zahnunterlagen bei der Polizei vorbeigebracht; sie befanden sich also bereits im Zentralregister. Tabor hatte die Vergleichsaufnahmen schon vorbereitet.
Taylor beobachtete, wie Stuart und Tabor Hand in Hand arbeiteten. Tabor nickte und schnalzte mit der Zunge. Er hatte ein Pokergesicht aufgesetzt, sodass Taylor nicht wusste, ob sie einen Treffer hatten oder nicht. Sam füllte irgendwelche vorbereitenden Papiere aus. Taylor ging zu ihr.
„Ich wusste gar nicht, dass Kris und Barclay Iles ein Pärchen sind“, sagte sie.
Sam runzelte angesichts der Störung die Stirn und antwortete, ohne den Stift abzusetzen: „Ja, sie haben es uns vor ein paar Monaten erzählt. Sie war der Grund, warum er überhaupt angestellt wurde – sie hat mir seinen Lebenslauf gegeben. Er war beinahe überqualifiziert – er hat ein paar Jahre Medizin studiert, bevor er die Universität verlassen hat. Als ich herausgefunden habe, dass er ihr Freund ist, war ich erst ein wenig verärgert, aber es scheint weder seine noch ihre Arbeit zu beeinträchtigen. Ich sehe ja, wie gut du und Baldwin zusammenarbeitet, also habe ich mich entschieden, nicht allzu streng zu sein und die beiden machen zu lassen.“
„Du nimmst mich und Baldwin als Beispiel?“
„Natürlich. Gott weiß, dass Simon und ich nicht miteinander arbeiten könnten. Ich würde ihn erwürgen, und er würde sich von mir scheiden lassen. Wir sind beide viel zu große Kontrollfreaks. Aber ihr beide, ihr habt diese perfekte Mischung aus Geben und Nehmen. Ihr ergänzt einander, anstatt euch gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Das finde ich cool.“
Sam hatte recht. Taylor arbeitete gerne mit Baldwin zusammen. Genau wie mit ihrem ganzen Team. Sicher, sie hatte jeden Einzelnen davon handverlesen, hatte darauf geachtet, dass ihre Persönlichkeiten zueinanderpassten, aber Sam hatte einen guten Punkt angesprochen. Es war nicht immer leicht, mit seiner besseren Hälfte zu arbeiten.
„Er ist es“, sagte Tabor.
„Kein Zweifel?“, fragte Sam.
„Nein, kein Zweifel. Die Röntgenaufnahmen passen perfekt zueinander. Tut mir leid, Ladies. Den Rest der Papiere werde ich morgen früh ausfüllen. Aber soweit es mich betrifft, könnt ihr die Eltern schon benachrichtigen.“ Tabor packte seine Sachen zusammen, nickte Taylor und Sam zu und verließ den Autopsiesaal.
Sam stellte ihre Teetasse weg. „Okay. Stuart, ziehen wir ihn aus.“
Taylor schaute zu, wie die beiden mit der nassen Kleidung kämpften. Als das Hemd ausgezogen war, wurde sie von Erleichterung gepackt.
Sie rief Marcus an. Er hob nach dem ersten Klingeln ab.
„Ist es Schechter?“, fragte er anstelle einer Begrüßung.
„Ja. Tabor ist gerade eben mit dem Zahnvergleich fertig geworden.“
„Verdammt. Na gut. Ich fahre raus zu seinen Eltern. Gibt es schon
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