Teufelspfad
Empfehlung, Chief.“
„Ich bin froh, dass es Ihnen schmeckt.“ Er legte seinen Burger auf dem Einwickelpapier ab. „Wo war ich? Ach ja. Also Bettys Kinder waren immer ein wenig kränklich. Rogers Karriere verlief auch nicht so, wie er es wollte. Man sagte ihm wieder und wieder, dass seine Zeit kommen würde, aber Sie wissen, wie es ist. Versprechen sind schnell gemacht und genauso schnell wieder gebrochen. Er fing heimlich an zu trinken und ließ sich auf eine Affäre mit einer Barfrau ein. Stephanie Sugarman. Sie wurde natürlich schwanger. Betty fand es heraus. Sie ist total durchgedreht, hat das Mädchen bedroht, hat Roger bedroht. Hat die ganze schmutzige Wäsche in die Öffentlichkeit gezerrt. Als die Saison wieder anfing, hat Roger sich vom Acker gemacht und das Mädchen und Betty und seine Jungs hier zurückgelassen. Einen Monat später wurde er zum dritten Baseman für die Braves berufen. Das war seine große Chance. Die ganze Stadt war stolz auf ihn.“
Er biss von seinem Burger ab und tupfte sich sorgfältig die Mundwinkel ab, bevor er weitersprach.
„Tja, Betty hatte allerdings nicht vor, sich von etwas so Unwichtigem wie Rogers Karriere die Tour vermasseln zu lassen. Sie hat dem armen Kerl das Leben zur Hölle gemacht. Briefe, Telefonanrufe. Sie ist zu seinen Spielen nach Atlanta raufgefahren und hat ihm eine Szene hingelegt, sobald sie in seiner Nähe war. Schließlich musste er eine einstweilige Verfügung gegen sie erwirken und ließ seinen Anwalt die Scheidungspapiere aufsetzen. Gerüchte besagten, er wollte die kleine Sugarman heiraten. Aber dazu kam es ja nicht mehr.
Betty gab nicht so leicht auf. Die einstweilige Verfügung, die Zeit, die sie im Gefängnis verbracht hatte, nachdem sie dagegen verstoßen hatte – all das hielt sie nicht auf. Sie verfiel auf ihre alten Tricks. Hat das Haus der Sugarmans niedergebrannt. Steph war zu dem Zeitpunkt bei der Arbeit, drüben im Point and Shoot. Es war reiner Zufall, dass sie nicht getötet wurde, denn eigentlich hätte sie zu Hause sein sollen. Doch die andere Barfrau war krank geworden, und Steph hatte in letzter Sekunde ihre Vertretung übernommen.“
„Was war während dieser Zeit mit den Jungen?“, fragte Baldwin.
„Sie waren kränker als je zuvor. Ich erinnere mich, dass meine Mama einmal zu ihnen gegangen ist und sich um Edward und Ewan gekümmert hat. Das war, kurz bevor Edward starb. Sie hatten sich eine Lungenentzündung eingefangen, und Betty war in Haft. Die Schule hat meinen Pops angerufen. Damals gab es noch keine Jugendfürsorge oder so. Man verließ sich ganz auf Kirchen und nachbarschaftliche Hilfe. Sie hatten kein Geld mehr fürs Krankenhaus, also hat Betty das Barbecue-Restaurant verkauft und das ganze Geld für Arztbesuche und Medikamente ausgegeben. Meine Mama hat sich um die beiden gekümmert, und es gelang ihr, Ewan wieder gesund zu bekommen. Edward starb ungefähr eine Woche später. Der Arzt sagte, sein Körper wäre einfach zu geschädigt gewesen, um gegen den Virus ankämpfen zu können. Er war zu lange unbehandelt geblieben. Das hat meiner Mama das Herz zerrissen. Ich erinnere mich, dass sie sich in der Nacht, als er starb, die Augen ausgeweint hat.“
„Gibt es irgendwelche Anzeichen dafür, dass Ewan für den Tod seines Bruders verantwortlich gewesen war?“
„Edward? Nein, außer er hätte ihn mit dem Virus angesteckt. In der Autopsie hat man festgestellt, dass er Flüssigkeit in der Lunge hatte, als wäre er ertrunken.“
Baldwin sah ihn fragend an, doch der Chief schüttelte den Kopf.
„Ich glaube nicht, dass das der Fall war. Meine Mama war die ganze Zeit über da, ihr wäre aufgefallen, wenn etwas nicht gestimmt hätte. Die beiden Jungen waren viel zu schwach, um sich zu rühren.“
„Okay. Erzählen Sie bitte weiter.“
„Mama sagte mir, dass alle drei Jungen verheilende Narben von den vielen Operationen aufwiesen. Sie zogen sich über ihre Bäuche wie ein Fischernetz. Als Edward starb, war Errol, der Jüngste, sehr dünn, also magersüchtig dünn. Laut dem Arzt wog er gerade einmal sechsunddreißig Kilogramm. Sie haben ihn eine Weile zur Erholung in eine psychiatrische Klinik gesteckt. Das hat ihn vermutlich zumindest fürs Erste gerettet.
Wie auch immer, Betty drehte völlig durch, als sie das von Edward hörte. Sie ließen sie zur Beerdigung gehen, doch sie musste immer noch ein paar Monate ihrer Strafe absitzen. Sie kam in Handschellen, und der arme Roger schämte sich in Grund und Boden.
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